Es ist nicht zuletzt deshalb schwierig, über ideologische Grenzen hinweg zu diskutieren, weil mit unterschiedlichen Klischees hantiert wird. Ein Klischee ist ursprünglich eine Druckform, die ein bestimmtes Bild erzeugt. Solche ‘Druckformen’, meist ein wenig komplexer, sind vereinfachte Vorstellungen von der Welt. In Bezug auf das Bild von anderen Menschen werden denen Eigenschaften, Rollen, Wertigkeiten zugedacht.
Antisemitismus, wie jede Form rassistischer oder sonstwie diskriminierender Zuschreibungen an Gruppen von Menschen, ist u.a. ein solches Klischee. Genauer müsste man sagen: ein Arsenal von Klischees. Er ist dabei sehr verbreitet, sowohl im Westen als auch in der arabischen Welt. Dies führt unter anderem dazu, dass undifferenziert alles mögliche als “antisemitisch” abgestempelt wird, das es höchstens auch ist. Dies wiederum reduziert das Problem der Klischees auf ein scheinbar zweiwertiges. Es geht dann nur noch darum, ob etwas eben antisemitisch ist oder nicht. Meist liegt in der Diskussion keinerlei Erkenntnisgewinn.
Antiismus
So wird zum Beispiel von “strukturellem Antisemitismus” gesprochen, wenn jemand meint, es gebe eine Elite von “Finanzkapital”, die für Armut und wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich sei. Der Irrtum besteht hier darin zu glauben, weil es die antisemitische Verschwörungstheorie von der “jüdischen Hochfinanz” gibt, sei jeder, der eine Elite von Spekulanten am Werk sieht, Antisemit. Das ist aber Unsinn. Hier sind nämlich völlig unterschiedliche Klischees am Werk, und eine Gemeinsamkeit ist eben kein Beleg, dass es dasselbe sei.
Ähnlich verhält es sich mit dem Urteil, der Anschlag auf das Konzert der “Eagles of Death Metal” sei “antisemitisch” motiviert gewesen. Zumindest der Frontmann entspricht offenbar jedem Klischee eines Feindbildes der Jihadisten: fanatischer Republikaner und erklärter Freund Israels. Macht das einen Anschlag auf seine Fans im gegebenen Rahmen “antisemitisch”?
In dem Konglomerat von Motiven, die zu einer Mordtat wie der in Paris führt, dürfte das wohl eher randständig von Belang sein. Paradoxerweise ist gerade die Auswahl der Opfer nach solchen ‘Kriterien’ sekundär. In der Spirale der Eskalation von Gewalt und Hass gibt es zuerst die Entscheidung zur Tat, dann erst das Ziel. In diesem Krieg gibt es nichts zu gewinnen, aber eine Menge zu töten. Die Opfer vor allem solcher Anschläge werden wie aus einer Speisekarte gewählt, es wird halt genommen, was aktuell im Angebot ist. Klar, da spielt die israelfreundliche Haltung des Sängers eine Rolle, aber was hat das zum Beispiel mit Verschwörungstheorien irrer Nazis zu tun?
Das Böse vernichten
So bekommt man erstens keinen haltbaren Begriff von Antisemitismus zusammen und zweitens versperrt das den Blick auf die Motive und deren Entstehen. Ja sogar wenn man nur die (Menschen-)Bilder analysieren will, die zu solchen Entscheidungen und Taten führen, ist diese Kategorie nur ein Hindernis. Der Skandal schließlich besteht ohnehin nicht in der antisemitischen Haltung, sondern in der Mordtat.
Die Klischees, die hinter der Fähigkeit stehen, Menschen gleich scharenweise umzubringen, sind teils komplexer, teils aber noch einfacher als das der Judenfeinde. Wo es sich auf den Hass verengt, sind es immer ‘wir’ und ‘die’, wobei jede Eigenschaft, jede Zuschreibung, jedes Kriterium austauschbar ist. ‘Wir’ sind immer ‘die Guten’ und ‘die’ das Böse, das ausgemerzt gehört. Das Resultat sind Bomben. Die Täter mit den auf Rechnung gekauften Hightech-Tötungsmaschinen heißen “Soldaten”, die mit dem geklauten oder selbst gebastelten Zeugs “Terroristen”. Der Hauptunterschied besteht darin, dass letztere nicht so viele Menschen töten und meist selbst dabei draufgehen.
Die Rechtfertigungen zum Mord hüben wie drüben sind darauf angewiesen, ein Feindbild zu erzeugen. Den religiösen Fanatikern fällt das am leichtesten, egal ob sie Christen, Juden oder Muslime sind, daher sind es auch die Pfaffen und ihnen hörige Befehlshaber, die das am besten besorgen. “In God We Trust”! Geht aber auch ohne. Wichtig ist nur, dass die da drüben den Tod verdient haben. So sehr, dass man ihnen den bringen muss, koste es, was es wolle. Wer diesen Kreislauf durchbrechen will, muss die Klischees zerstören. Am besten fängt man bei den eigenen an.
Update: Was passiert, wenn man zwei Klischees durch 20 andere ersetzt, kommentiert Kollege Charlie hier sehr treffend. Wer Jebsen immer noch als “seriös” verkauft, muss einen an der Waffel haben.
November 18th, 2015 at 17:11
Hy flatter,
Aber wie tun?
Ich denke, es gibt nur eine Weise, solchen Vorurteilen auszuweichen: Grundsätzlich kein Urteil über Menschen abgeben. Die Trennlinie zwischen “gut” und “böse” verläuft nie zwischen den Menschen, sondern immer durch jeden Menschen hindurch. Wer das ernst nimmt, kann allerdings (fast) niemanden mehr als “Nazi” oder als “Rassisten” titulieren. Ich selbst bin schon alles schriftlich geschimpft worden: “Rassist”, “Demokrat”, “Antikommunist” und vieles mehr.
Ich denke, nur wenn wir selbst aufhören Pauschalurteile über andere Menschen abzugeben, erreicht man dein Ziel: Die eigenen Klischees zerstören.
Gruß frosch
November 18th, 2015 at 17:21
Es war eine Errungenschaft der Moderne und ihres Rechtsstaats, Taten zu beurteilen und nicht Menschen. Das wird zusehends wieder kassiert.
November 18th, 2015 at 18:54
“Warum es kein Rufmord ist über (linken) Antisemitismus zu sprechen”
Vortrag von Lothar Galow-Bergmann gehalten am 4.November 2015 in Marburg.
U.a. über den Unterschied von Antikapitalsmus und Kritik des Kapitals. Er spannt einen Bogen über Martin Luther, dem Antikapitalismus der Nazis und liefert viele Beispiele zum Antikapitalismus in unserer Zeit.
Frage: Was in den Köpfen der Menschen stattfindet, ist das nicht der Nährboden für die Taten, die dann folgen?
November 18th, 2015 at 19:04
“Was in den Köpfen der Menschen stattfindet, ist das nicht der Nährboden für die Taten, die dann folgen?”
Selbstverständlich, aber das kann ich a) nicht wahrnehmen und b) nicht verurteilen. Wird es hingegen ausgesprochen, fasse ich das bereits als Tat auf.
November 18th, 2015 at 19:14
Der gemeine Mitmensch ist der Feind, und zwar unabhängig des “Geschlechts, der Abstammung, der Rassenzugehörigkeit, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauungen oder einer Behinderung”.
Aktueller Stand aller Feinde weltweit: 7336 Millionen Menschen, die allesamt Anspruch auf bequeme Annehmlichkeiten haben. Wer würde sich da schon selbst beherrschen?
November 19th, 2015 at 07:38
@Troptard
Ob irgend eine These Antisemitismus enthält oder nicht, darüber kann man streiten.
Ernste Probleme beginnen dort, wo jemand aus der Differenz in der Sache einen Kampf gegen Menschen macht: “XY ist ein (glühender) Antisemit!”
November 19th, 2015 at 08:37
@Troptard #3
Danke für den Hinweis.
Der von ihm gewählte Begriff der “regressive” Kap.Kritik durcht Ocupy, Gewerkschaften etc. verdeutlicht den (ewigen) Nährboden für Antisemitismus.
Auch der Hinweis auf die in Nazi-Deutschland letztlich breite und demokratisch zustande gekommene Zustimmung im Volk für die Trennung des “schaffenden” und “raffenden” Kapitals ist sehr erhellend.
Die Verherrlichlichung des Arbeitsbegriffes im nationalsoz. Sinne.
In nur 14 Jahren von gerade mal zwei Komma und Prozent Zustimmung bis zur Wannseekonferenz zeigt deutlicht auf, dass die Endlösung die vom Deutschen gewollte und getragene Konsequenz war (halt nicht Herbeiführung durch kleine Elite, wie z.T. in Kleinboggersdorf diskutiert)
Auch die narrative Ausrede, seinerzeitiges Denken und Handeln sei wg. diktatorischer Zustände alternativlos gewesen, entlarvt er, da lediglich nach ihm geschätzten lediglich 3% von Repressialien betroffen waren.
Bezogen auf aktuelle Tendenzen bemängelt er (dem Sinn nach) fehlendes “hören, wachsenden Grases”, weil sich prinzipiell nicht viel geändert hat – da nicht aufgearbeitet, verklärt etc. (Geheimdienste)
(Gras im braunen Morast geht auch schlecht…..)
November 19th, 2015 at 08:54
@Markus
Du stellst 97% der (damaligen) Deutschen unter Faschismusverdacht.
Was Troptard und du hier veranstalten, ist das ziemliche Gegenteil von dem Thema, das Flatter hier begonnen hat. Ich bin da weg.
November 19th, 2015 at 08:57
Ein Problem, sollte man nicht übersehen. Durch personelle Überfixierungen bis gar Personenkult, entstehen auch immer neue Klischees. (Ich sag immer gerne personell bedingte Umgebungsklischees dazu) Solange die Kritik sich seriöser verhält, wie das was man kritisiert und auch eben beim Zentrum des Kritikzieles bleibt, ist das vollkommen in Ordnung, aber eben auch wichtig zu beachten. Ein gewisser latenter Hennenjournalismus mit schwerem Hang zum Flechten von Beziehungsdramen, von zugegebenerweise Leuten, die nicht behaupten Journalisten zu sein, aber unbedingt wissen, wie das besser geht, wäre da stellenweise schon etwas verbesserungswürdig. Ansonsten passiert nämlich das Gleiche wie beim Jebsen. Die bunte Mixtur von so gut wie allem, bei gleichzeitigem Ersaufen des tatsächlich Brauchbarem darin. Schlimm wird dieser Zustand, wenn die brauchbare Kritik anderer, die durchaus jede Menge unbrauchbares Zeug von sich geben, durch eigene (womit nicht der obige Text oder verlinkter Inhalt gemeint ist) unbrauchbare Kritik ihre Seriösität mit verliert. So was schadet nur allen genauso, wie die ständigen Bemerkungen, dass alle vollkommen verblödet sind, die das gerade mal nicht so sehen. Selbst ernst zu nehmende Hinweise auf Geschäftsmodelle, (durchaus ähnlich wie Kopp, – oder Schall und Rauch), die gerade zu vorsichtigerem Umgang mit Personen und Inhalten führen könnten, werden dadurch einfach nur selbst negiert.
Wer diesen Kreislauf durchbrechen will, muss die Klischees zerstören. Am besten fängt man bei den eigenen an.
Den Satz, find ich geradezu Klasse, auch in Hinsicht einer andernorts vielleicht etwas nüchternen Betrachtungsweise bezüglich Personen öffentlicher Ärgernisse.
November 19th, 2015 at 09:11
@frosch
Bei der saarländischen Volksabstimmung 1935 (bei sehr hoher Wahlbeteiligung) zB wollten über 90% ins Reich – Nazideutschland, also weder zu Frankreich noch eigenständig verbleiben (Hinweis aus d. Votrag).
November 19th, 2015 at 09:33
@Markus (7):
“nach ihm geschätzten lediglich 3% von Repressialien betroffen waren”
Soso,”geschätzt”, so wie bei Sarrazins? Drei Prozent wovon überhaupt? Allein die “jüdische” Bevölkerung betrug doch schon mehr. Ziehen wir die ab, dann noch die Kommunisten und Sozialisten, die als Erste in die KZ gebracht wurden, die Homosexuellen, “Zigeuner”, Obdachlosen, Pazifisten, kurz: alle, die nicht ins Nazi-Ideal passten, dann bleiben noch drei Prozent oder wie? Aber Hauptsache, man hat mal eine Zahl genannt, das kommt so seriös daher, auch wenn man auf den ersten Blick erkennt, dass das Unsinn ist.
Tatsächlich will ich mit dem Posting auf etwas völlig anderes hinaus als mit dem gröbsten Keil und ohne jede Differenzierung Massen von Menschen abzustempeln. Ja, tatsächlich auf das Gegenteil.
November 19th, 2015 at 09:45
Hm… Ich denke, ich hatte da was…
http://matrixmann.livejournal.com/88994.html
Ich denke, zu dem Thema Klischees passt es auch sehr gut, denn der Kern wie sie zustande kommen bzw. sich selbst erhalten ist derselbe.
Zumindest würde ich nicht behaupten, es hätte geschadet, die genannte Denkweise abzulegen.
November 19th, 2015 at 10:03
OT: Fuck yeah, Bundeswehreinsatz im Innern, das hatten wir ja lange nicht! Ich bin für ständige Patrouillen des Schutzsturms und Arbeitsdienst für Gefluchtete. Dann kommen die nicht auf blöde Gedanken. Ein Programm für die maroden Straßen in den Städten wäre da mein Favorit, die Autobahnen sind ja schon ganz O.K. hier.
November 19th, 2015 at 10:44
OT – Die Sache mit der Absage in Hannover stinkt. Auch kann man schwerlich Beunruhigenderes von sich geben als die Verweigerung von Auskünften mit der Begründung, man wolle nicht beunruhigen. Sollte da Absicht dahinter stecken, dann sicher nur die beste. Wie zB, das ‘deutsche Volk’ auf nun mal ‘notwendige’ Reaktionen einzustimmen, für die es bislang alles andere als Mehrheiten und Rückhalt gibt. Oder auch eine Kanzlerin zu schwächen, die die ‘notwendige’ Stärke bislang ebenfalls vermissen lässt. Soll heißen, es sind ‘Bewusstseinslagen’ nicht nur denkbar, sondern sogar anzunehmen, die ein eventuelles ‘falsches Spiel’ als ‘geboten’ im Dienst der ‘guten Sache’ betrachten könnten.
November 19th, 2015 at 11:01
Das Wort “Gerücht” könnte die Bevölkerung in diesem Zusammenhang durchaus beunruhigen.
November 19th, 2015 at 11:33
Einer geht immer noch: Ein bescheuerter französischer Politiod meint, die TERRORTERRORTERRORISTEN könnten auch Chemiwaffen einsetzen. Vielleicht wollte der mit dem Jebsen konkurrieren? Aber sicher wollten sie niemanden beunruhigen.
Ich fürchte ja, pädpophile Massenvergewatigungsfolterer könnten mit chemiebewaffneten Virusgranaten Atomkraftwerke angreifen und Gammatrahlenvulkane in allen westlichen Großstädten explodieren lassen. Die abstrakte Bedrohungslage ist real, aber ein Vorrat an Datenspeichern mit Höchstdauer für die innere Bundeswehr kann einige von uns noch retten.
November 19th, 2015 at 12:56
OT: Der Guardian listet einzeln auf, wer bisher in den usa von der Polizei umgebracht wurde. Aktuell sind es 1012 Menschen: People killed this year
November 19th, 2015 at 13:15
Es gibt einige (wenn auch nicht viele) historische Beispiele, wo aber Gewalt wirklich die letzte und einzige Option war. Sei es in Unabhängigkeits- oder Bürgerkriegen. Ich meine das ist doch nur menschlich. Man hat ein gewisses Weltbild mit Kultur, soziale Normen, Traditionen, Lebensweise, usw. und das will man verteidigen. Wenn dann jemand kommt und das quasi auflösen will, dann bildet sich meistens eine Front dagegen. Weil was ist wenn die Gegenseite keinen Kompromiss oder Konsens eingehen will und nur sagt “ihr unterwerft euch oder werdet ausgelöscht”.
Ich bin mir nicht sicher, ob der Artikel hier das entsprechend differenziert. Es geht nämlich nicht immer nur um Macht, Geld, Ressourcen und Co. (und z.B. Religion/Gott nur als Vorwand vorgeschoben um den kleinsten gemeinsamen Nenner für das politische zu missbrauchen). Der Verlierer ist also dann im Geschichtsbuch eben Terrorist oder Verräter und der Gewinner eben der Befreier, Held und was weiss ich. So ergibt sich automatisch ein Feindbild und nicht zwingend weil “Mittel zum Zweck”.
November 19th, 2015 at 14:57
Wie wäre es, ab und an den Text zu lesen, Passagen zu zitieren und diese zu kritisieren? Dann kommt man nämlich nicht mit einem kruden Kram wie diesem um die Ecke. Ich behaupte nirgends, das Feindbild sei “Mittel zum Zweck”.
Die anderen Thesen halte ich ebenfalls für unsinnig. Oder bist auch so einer, der behauptet, die Moslems wollten uns “unterwerfen oder auslöschen”? Oder will der Kap. das? Der will schlicht mehr Geld aus dem Geld machen.
Eine weitere ‘Diskussion’ über Auslöschungstheorien ist hier unerwünscht.
November 19th, 2015 at 15:54
@Frosch, 8
Ich veranstalte hier gar nichts! Ich habe lediglich einen Vorschlag gemacht, sich diesen Vortrag anzuhören.
Ich habe auf diesen Vortrag gerade deshalb hingewiesen, weil eben dort nicht “alles mögliche” undifferenziert als antisemitisch und auch nicht pauschal jeder als Antisemit oder Nazi diskrimiert wird, der Anleihen an Formulierungen der deutschen Volksgemeinschaft nimmt.
Das entscheidende, was ich aus dem Vortrag mitgenommen habe ist die Unterscheidung von Antikapitalismus und Kapitalkritik.
@flatter
Möglicherweise gibt es mörderische Taten, die auch ohne Motive auskommen Ich denke jedoch, das die weitaus grösste Zahl nicht ohne ein Motiv auskommt.
Mit der Vernichtung der Bösen ist dann das Motiv, das Böse auszulöschen. Aber warum ist das andere das Böse, dass es vernichtet werden muss?
Auch bei den Terrorakten in Paris kann ich mir nicht vorstellen, dass dort die Speisekarte als Auswahl gedient hat. Auch auf einer Speisekarte wählt man schliesslich das aus, was die meisten Gaumenfreuden verspricht.
Also ohne Plan und Ziel,schwer bewaffnet und mit Sprengstoff ausgestattet, da bringt man sich nicht im Stadtpark unter Bäumen um.
Die Ziele haben System: Möglichst viele Zivilisten dabei draufgehen zu lassen. Und dafür sucht man sich die Örtlichkeiten aus, wo sie anzutreffen sind. Es hätte auch ein Centre de Commerce sein können.
Das Interessante wäre jetzt für mich zu klären, warum Zivilisten und nicht die Staatsmacht direkt angreifen?
Und VT, wenn den Geheimdiensten die Täter bekannt waren …
November 19th, 2015 at 16:07
Nun ja, man muss aber die “möglichst vielen” aufsuchen, an einem bestimmten Termin. Ich nehme an, dass das Fußbalspiel zentraler Angriffspunkt sein sollte. Es hätte aber auch ein anderes Spiel sein können. Hier wiederum wird relevant gewesen sein, dass die Nationalmannschaft gespielt hat. Man hätte außerdem auch einen Bahnhof angreifen können, einen Flughafen, eine Einkaufspassage, so etwas. Es muss halt irgendwie passen, aber die Opfer sind keine definierbaren Feinde. Der Feind ist eher abstrakt (Frankreich, Westen, NATO-Verbündete, gern auch Juden, halt ein eher diffuses).
Um das tun zu können, muss man aber die Opfer zum ‘Bösen’ umdefinieren, sie müssen es ja verdient haben. Für die NATO sind das z.B. Menschen, die jemanden kennen, den jemand zum Abschuss freigegeben hat. Das sind dann alles Terroristen. Für die ‘islamischen’ Bomber sind das vielleicht Ungläubige, obwohl sie dabei auch Muslime töten. Das waltende Prinzip ist an einer entscheidenden Stelle aber immer dieses passend-Machen, um die Opfer nicht mehr als (Mit)Menschen sehen zu müssen.
An Taten ohne Motive glaube ich übrigens nicht. Selbst die triviasten Handlungen folgen Motiven, auch wenn diese nicht bewusst sein müssen.
November 19th, 2015 at 17:19
..jaja die Klischees (eine in die Jahre gekommene und dadurch leider überholte Vereinfachung).. Vereinfachungen und Modelle sind ja für die theoretische Auseinandersetzung mit der Welt unabdingbar. Ob ich mir da ein Gartenhaus oder einen Sternenkreuzer mit Warpantrieb bauen will..es ginge nicht ohne. Das trifft auf das Verstehen soziokultureller Phänomene leider auch zu (wie die hier im Artikel beschriebenen). Nun scheint mir die Sache manchmal so, dass das mit dem Gartenhaus (es soll ja übersichtlich bleiben) dann doch schon alle mal mitgemacht haben. Idee, Skizze, Infos einholen, Korrekturen, kleines 2D-Modell, Umsetzung, (ignorieren der kleinen feinen Schweinereien) und dann total freuen, dass alles genauso (*) geklappt hat, wie geplant. Weltbild gerettet: Modell=Realität. Die Welt ist übersichtlich, das gibt Sicherheit, alles gut, das machen wir jetzt immer so.
(*) – und genau hier klemmt’s. Wie oben angedeutet ist man in vielen Dingen auf Vereinfachungen angewiesen, nur ist den meisten kaum bewußt, wie hoch der Anteil modellhafter Vereinfachungen an der erlebten Realität ist. Wenn das klarer würde, und man das Klischee damit auch als das wahrnähme, was es ist, nämlich eine veraltete, nicht mehr gültige Vereinfachung, dann wär’s zerstört.
Wie jemand, der diesen Prozess durchgemacht hat, mit den anfangs aufkommenden Unsicherheiten und Ängsten umgegangen ist, wäre für mögliche Nachahmungstäter sicherlich hilfreich. Denn ja, Klischees auflösen kann jeder nur für sich. Anderen kann man in Momenten der Angst nur Trost spenden. (Trösten und einlullen werden leider aber fast immer verwechselt.)
November 19th, 2015 at 20:38
Hallo Lycalopex,
den sog. Michel halte ich ja nicht für so dumm, wie er oft von Linken dargestellt wird.
Er knüpft schon daran an, was er als seine Lebenswirklichkeit erlebt, an seinen Erfahrungen. Und ich denke auch, dass er sich darum bemüht Antworten zu finden, warum seine Lebenswirklichkeit so ist, wie er sie vorfindet, wenn er daran etwas auszusetzen hat.
Leider findet er meistens andere Antworten als ich sie mir wünschen würde.
Und woran das liegt, dass seine Antworten in der Regel anders ausfallen als meine, das könnte z.B. daran liegen, dass er die Ursache seiner Befindlichkeiten in Umständen wahrnimmt, die auf ihn von aussen einwirken.
Es scheint wohl so, dass sich das Individium den Gegenstand seiner Kritik nur als Herrschaft oder Verschwörung von Personen vorstellen kann Eine abstrakte Herrschaft, wie der Markt und das Geld, wäre dann für ihn eine unzulässige und nicht nachvollziehbare Vereinfachung.
Und weil das so ist, und weil der Schleier hinter der eigenen Wahrnehmung nicht aufgerissen werden kann und auch kaum zu vermitteln ist, deshalb dreht sich alles in diesem Hamsterrad.
November 19th, 2015 at 23:32
@Troptard
der sog. Michel ist ja wohl, wenn schon kein Klischee dann doch ein Stereotyp,(was dann soweit davon auch wieder nicht ist).
Das Problem ist aber nicht, dass es äußere Ursachen für das eigene Befinden gibt. Das Problem ist es auch nicht das diese komplexer Natur sein können und sich deshalb gar keine eindeutige Lösung ergeben kann. Das Problem ist schlichtweg die Verleugnung der eigenen Begrenztheit, die Nicht-Akzeptanz der Unvollständigkeit jeglichen Wissens. Und wenn sich dann vor diesem Hintergrund ‘der Michel’ aufmacht um das ‘Böse’ zu besiegen, zu bestrafen oder in welcher Form auch immer zu richten, dann ist er selbst das Böse geworden. Das hat nix mit Schleier davor oder dahinter, das hat nix mit dumm oder schlau zu tun. Das funktioniert allein mit Angst als Treibstoff. Ich will da auch keinen Vorwurf daraus konstruiert sehen. Ein souveräner Umgang mit Angst (es geht nicht darum Ängste zu beseitigen) wäre eine der primären Gesellschaftsaufgaben (Konjunktiv..), so bleibt nur für die, die es können: Vorbild sein, Hilfe anbieten.
November 19th, 2015 at 23:45
Theoretisch ja, aber damit sind wir beim Höhlengleichnis. Das Narrativ besorgen andere, kaum jemand hat die Ressourcen, dagegen zu differenzieren; Alternativen werden zumeist in Parallel-Narrativen gesucht, die nicht besser sind. Nehmen wir an, ich wollte ein Vorbild sein; was kann ich bieten? Scheinbar verschrobene Ansichten aus einem Wust jahrelang angelesener und recherchierter Informationen, vorgetragen von einem, der selbst gern einen verzweifelten Eindruck macht. Sexy ist das nicht, und da haben wir nach wie vor ein Problem. Wie kann ein Weltbild ohne grobe Klischees, mit ständiger Neuorientierung, attraktiv werden?
November 19th, 2015 at 23:53
#25: Ich verbitte mir diese Beschreibung meiner Person. Ist ja ekelhaft.
November 19th, 2015 at 23:55
Du bist doch sexy, Baby, arbeite einfach mit dem, was du hast :-P
November 19th, 2015 at 23:58
Danke, ey, das tat gut! Aber, äh, etwas anderes bleibt mir doch gar nicht.
November 20th, 2015 at 00:08
@ flatter Nr. 25
Hätte eine Idee; kommt auf den Werbespruch an.
“Weniger verarscht werden, weniger in den Schmutz anderer Leute einbezogen werden, weniger Assi-TV in deinem realen Leben.”
Zumindest ist es das, was passiert, wenn man auf klischeehaften Verallgemeinerungen hängen bleibt. Viel Lärm um Phantomgestalten.
November 20th, 2015 at 00:43
Der “Werbespruch” enthält implizite Vorwürfe und wird zurückgewiesen werden. So etwas macht doch niemand, höchstens ein bisschen, im normalen Rahmen halt, Eigentlich sind sie doch völlig frei von Schmutz und lassen sich von dem bisschen TV nicht beeinflussen.
p.s.: Sleep well!
November 20th, 2015 at 03:20
Ich hatt ja auch nicht gemeint, dass wir ‘ne Chance hätten. Die ganze Sache scheitert spätestens ökologisch. Mit oder ohne Klischee sind wir da derzeit ja noch am Gas-geben und beschleunigen weiter. Wenn das Ding keine Bremse hat, dann wird sicherlich auch keine benötigt ;). Aber ob uns die dann auferlegten Neuorientierungen atraktiv erscheinen werden, halt ich für höchst fraglich (und auch sehr nebensächlich).
Und was das Vorbild sein angeht..ich krieg meine Verzweiflungsattitüde auch nicht so recht weg. Ich halte es aber für wichtig das wenigstens zu versuchen. Dabei hilft es mir auch die Ergebnisse meines Handelns mit einer gewissen Nachsichtigkeit zu beurteilen bzw. auch mal beurteilen zu lassen (‘s gibt manchmal sehr wertvolle Mitmenschen, die das gut können) und meine Wirkungsreichweite nicht zu hoch zu wünschen. (Gerade weil rundherum scheinbar alles nach schneller, höher, weiter, mehr, mehr, mehr kreischt.) Bissl normal will ich doch auch noch bleiben dürfen..
November 20th, 2015 at 10:40
OT: Neues aus Außenland – Zone West. Spanien: Heute finden mind. 16 Gottesdienste zu Ehren des vor 40 Jahren verstorbenen Francisco Franco statt. (Quelle)
Die Hotelkette Mélia richtet im Auftrag der Stiftung Francisco Franco ein Gala-Dinner für diesen Anlass aus. (Quelle)
Portugal: Bevor der portugiesische Präsident die linke Regierung ins Amt setzt, lädt er die führenden Bankiers des Landes zu sich ein. (Quelle)
[..] De Matos es solo uno de los siete representantes de la banca que hoy recibió Cavaco Silva en el Palacio presidencial de Belém para escuchar su opinión sobre cuál es la mejor solución política para el país después de la caída del Gobierno conservador en el Parlamento la pasada semana. [..]
De Matos ist nur einer von sieben Repräsentanten der Bank, die Cavaco Silva heute im Präsidentenpalast in Bélem empfing, um dessen Meinung über die beste politische Lösung für das Land nach dem Fall der konservativen Regierung im Parlament in der vergangenen Woche anzuhören.
Könnten wir nicht einfach wieder Könige und Führer haben? Die multipolar gewordene Welt ist für einige zu komplex.
November 20th, 2015 at 10:59
Vielleicht nochmal zum Ausgangsthema zurück – anhand eines belanglosen Falles:
Die “Nominierung” eines Sängers (Xavier Naidoo) zu einem belanglosen Event wird zu einer politischen Frage hochgepuscht.
Ich frage mich: Welche Rolle spielen sonstige Lieder und Auftritte des Sängers auf einer Veranstaltung, wo er mit einem einzelnen Song auftritt, der von einer Jury “bewertet” wird?
Übrigens: Mich interessiert der X. Naidoo nicht. Aber ich denke er passt gut als Beispiel dafür, wie aus einer Teilablehnung eine Totalablehnung wird.
Ich halte das für (linkes) totalitäres Denken.
Ich halte jede komplette Aburteilung eines Menschen (Sexist, Rassist, Faschist, Nazi, Terrorist) aus mehr oder minder willkürlich zusammengeklaubten Indizien für totalitäres Denken. Da sind “Ärzte” am Werk, die die Patienten bekämpfen statt die Krankheit.
@troptard: Ich verfolge in/für Diskussionen keine Links. Ich rede nur mit dem, den ich vor mir habe und nur über das, was er selber zu sagen weiß.
frosch
November 20th, 2015 at 11:00
@Rainer OT – Silva wird einen Blick rüber nach Griechenland geworfen haben…
November 20th, 2015 at 11:04
@Frosch: Bevor Du noch lange rumeierst, informiere dich über “Framing”. Es geht schlicht darum, wie Denken funktioniert, wie die Erkenntnisse darüber zur Manipulation benutzt werden können und was man vielleicht dagegen tun kann.
@Peinhart: Oh je. *seufz*
November 20th, 2015 at 11:41
@R@iner(35) – Damit stünde (für mich) wieder die Frage im Raum: Sind Menschen wirklich manipulierbar.
Du erinnerst Dich vielleicht: Ich mein(t)e: Nein ;-)
November 20th, 2015 at 11:55
OT: Die flächenmäßige Reduktion der Löhne heißt ja nicht erst seit kurzer Zeit “interne Abwertung”.
Vom imf gibt’s jetzt eine Studie: The Effects of Wage Moderation: Can Internal Devaluations Work?
Außerdem diese kurze Durchsage zu den gebeutelten Ländern: Hey, es kann zwar sein, dass die Lohnkürzungen in eurem Land schädlich sind, aber wir waren es nicht, die dazu aufriefen.
Es lässt sich zwar belegen, dass das nicht stimmt, aber wen interessiert das schon. (Quelle)
@Wat.: Puh, ich kann mich gerade nicht an die Diskussion erinnern und muss leider gleich los.
November 20th, 2015 at 12:10
Kollege Epikur hat mich eben an einen Artikel von mir aus dem Januar erinnert, den ich nach ‘Paris’ genau so wieder hätte einstellen können. Mir gefällt aber vor allem das Zitat vom Mark Twain:
»Es ist leichter die Menschen zu täuschen, als davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.«
Was ich oben mit “Parallelnarrativ” meinte, ist der Clusterfuck, eine Täuschung durch eine andere zu ersetzen. Mit jeder Runde wird die Wahrheit dann wahrer. Das Ganze hat nur einen Vorteil, nämlich dass ein Ewachen aus der Reihe von Täuschungen nur durch geordnete Vernunft (Kritik, Selbstkritik, wiederholte Überprüfung) zu durchbrechen ist. Der Nachteil ist das Arsenal der Waffen zur Selbsttäuschung, die fast immer die tragende Säule der Täuschung ist.
November 20th, 2015 at 13:26
Völlig OT, für’s ehemalige Gitarrenforum: Braucht jemand zwei nacksche 12″ Celestion Vintage 30 Gitarrenlautsprecher? Je 60W und 8Ohm. Sind fast neu, übrig und hier nur Staubfänger.
November 20th, 2015 at 13:40
Hm, ich hab hier noch ne olle Solton (craaft) Röhre vom ’87, die könnte die gebrauchen – und jemanden, der sich um die Potis kümmert. Vielleicht willst du lieber die Kiste haben? ;-)
Anyone else?
November 20th, 2015 at 13:55
Nee lass mal, momentan versuche ich meinen Bestand an Kisten eher abzubauen ;-)
November 20th, 2015 at 14:01
Breaking News: Die Bundeswehr will jetzt unbedingt in Mali einmarschieren, mal gucken, was man da so abschlachten kann. Yeah, unsere Freiheit in der Sahelzone!
November 20th, 2015 at 14:04
isser denn nich süüß?
November 20th, 2015 at 16:14
Nun, ich würde jetzt nicht süß sagen. Eher stabil. Geeignet auch für den robusten Einsatz bei der persönlichen Antiterrorabwehr. 6 Anschläge und ein gezielter Wurf, oder so :-)
November 20th, 2015 at 22:26
@Ringo: Das ist aber nett von dir. Eigentlich bräuchte mein Guyatone 1050D einen neuen Lautsprecher, weil ihn mein Vorgänger mit dem Bass angegrillt hat. Das Teil hat aber einen Lautsprecher mit 15″.
Trotzdem irgendwie vielen Dank!
@flatter: Ich tendiere auch zu “stabil”. Ja, und die blöden Potis müsste ich bei dem Heizlüfter ohne Lüfter auch mal erneuern.
Okay, noch was lustiges aus der Welt der Assoziationen: Lieber doof sein als Gaby heißen.
Aus der Reihe “Früher war alles besser”: Return to Forever – School Days – LIVE
November 24th, 2015 at 08:18
@39: Die Töpfe sind vergeben. Der Tauschwert in Form von bunten Zettelchen wird einem gutem Zweck zugeführt.