Es ist es:publica und ich bleibe daheim, wie immer. Was soll ich auch da? Hat diese Veranstaltung je etwas Relevantes hervorgebracht? wäre mir entgangen. Was mir keineswegs entgangen ist, sind jene Sternchen dort, die sich ziemlich genau in dem Maße für wichtig halten wie sie irrelevant sind.
Der Clown mit der Frisur zum Beispiel, der sich seit Jahren in Ironie versucht, indem er sich selbst als den darstellt, der er ist. Er wird gefragt, wenn es um Neuland geht, von den komplett Ahnungslosen, die dabei nichts lernen und beim nächsten Mal dieselben dämlichen Fragen am Thema vorbei stellen. Der ist dieses Jahr übrigens nicht mehr der Vorturner, vielleicht findet er sich inzwischen selbst langweilig. Oder der Herr Netzpolitik, der zwar inzwischen ganz gut den Standort Berlin beobachten lässt, was aber letztlich unter Entertainment verbucht wird und keinen weiteren Einfluss hat. Werfe ich ihm nicht vor, notiere ich nur pflichtbewusst.
Irre: relevant
Auch nicht mehr dabei ist der Verräterpirat und Leistungsschutzexperte Lauer, der sich von Springer hat kaufen lassen. Gestern noch hat er inhaltsleeres Rebellentum gemimt, heute verurteilt er dasselbe. Inhalt ist sein Ding nie gewesen, dafür kann er Preise gut. Was soll ich jetzt davon halten? Ist es ein gutes Zeichen, wenn eine solche Billignutte das Flair nicht weiter prägen will? Oder ist es eine Ratte, die das sinkende Schiff verlässt? Ihr habt völlig recht: Das ist irrelevant.
Da lobe ich mir doch den Bloggerkongress von 2011, an dem ich teilgenommen habe, und zwar nicht nur deshalb. Das linksliberale Spektrum, das (sich) dort gefeiert hat, fand auf dem Höhepunkt der Zusammenarbeit einen Termin, hatte Spaß miteinander und sich in der Folgezeit konsequent in seine Einzelteile zerlegt. Ich persönlich wollte nicht fünf weitere Jahre Neoliberalismus kritisieren und bin weitergezogen. Andere haben sich an der Stelle eingegraben, wieder andere trollen lieber freihändig oder sind im Gedärm transatlantischer Gemütlichkeit verschwunden.
Der Kongress
Das Leben geht weiter, wenn auch ohne Linksliberale. Es wird weiter gehen mit einer traurigen Veranstaltung in der Hauptstadt, weil es die Hauptstadt ist und die drittklassigen Adabeis sich schon riesig fühlen, wenn sie "ich auf der pre:publica" sagen können. Das ist wie irgendwas zwischen Hipster sein und Opernball. Oder Silvesterfeuerwerk im April. Jahresrückblick im Oktober. Günter Jauch. Jägerschnitzel. Diese Kategorie.
Es gibt für mich nur noch einen Kongress, den zwischen den Jahren. Was sich da an Fachkompetenz, Kreativität und Bewegung findet, trägt sich selbst, auch noch die nächsten zehn Jahre und vielleicht die nächsten fünfzig. Da musst du gar nicht posen und versuchen, wer zu sein, das fällt nämlich auf. Da solltest du besser etwas zu sagen haben oder halt einfach zuhören. Da kannst du so viel lernen, dass deine Hirnrinde qualmt. Womit wir bei der entscheidenden Frage sind: Was lerne ich denn auf der re:pubica? Was?
Mai 6th, 2015 at 15:30
Erdmännchen, dass ist mal wieder typisch für Leute wie dich und mich. Wir sind geizig. Wir sind nicht bereit für sehr schlechte Shows und selbstbeweihräucherung auch noch Geld auszugeben. - Die Tanja Häussler sah übrigens gut aus im Fernsehen -
Bis auf die Systemmeiden hat kaum einer diesen Scheiß noch aufgegriffen. Kinderfest mit Beckedahl ist ja nun auch wirklich kein Thema und dem selbst reicht es wenn seine Gläubigen ihm das Leben finazieren, dass sie selbst nicht führen können. Am Ende geht er dann die Politiker und macht genau das Gegenteil vom dem was er immer gefordert hat.
Ab er ein gutes hat diese Veranstaltung in der Zeit wo die Vollpfosten dort sin, ist es im Netz etwas ruhiger und man sieht die ernsthaften Arbeiter.
Mai 6th, 2015 at 16:15
ja
...und doch schreibst du über den Blödsinn. Das ist der Punkt den ich ja nicht nachvollziehen kann.
Mai 6th, 2015 at 17:02
Des letzten Absatzes wegen?
Mai 6th, 2015 at 18:19
https://netzpolitik.org/2015/lauer-die-wanze/
404.
ist dit schon ne einstweilige, oder war dat n witz?
Mai 6th, 2015 at 18:24
hmpf.
Mai 6th, 2015 at 20:31
Böps. Tja, wat denn nu? Möglicherweise haben andere auch keine Lust mehr, fünf weitere Jahre Neoliberalla-Kritik zu betreiben oder sich über deren Frisuren aufzuregen? (Mal im Ernst, - was ist Kritik an der re:publica, - last not least, - anderes als das ?)
Mai 6th, 2015 at 20:38
Etwas väöllig anderes - oder ist die re:publica identisch mit dem Neoliberalismus?
Ich "kritisiere" sie auch nicht, ich lehne das ganze Gewese ab. Da oben steht "netz"; dies Blog hier ist ein Teil davon und daher kommentiere ich gelegentlich Dinge, die damit zu tun haben. Es ist übrigens nicht so, dass eine Bloggerkonferenz nicht eine coole Veranstaltung sein könnte. Aber nicht so, als Berliner Schaulaufen. Schade drum.
Wie gesagt, fühle ich mich da unter Hackern wohler. Wo jetzt ein solches Statement irgendie dasselbe sein soll wie Kritik am Neolib, leuchtet mir nicht ein.
Mai 6th, 2015 at 21:10
Gewese, - Neoliberalismus?
Nenne mir den Unterschied.
Mai 6th, 2015 at 22:41
Blubb einhundert.
Mai 6th, 2015 at 23:00
Alles ist eins. Ommmm...
Mai 7th, 2015 at 00:44
Prima Leistung: Lobo (verlinkt durch Fefe) labert sich einen zurecht, wie alle Geheimdienste unter einer Decke stecken, dass Wirtschaftsspionage dabei eine Rolle spielt, simuliert politische Zusammenhänge und schafft es souverän, dabei Kapitalismus weder zu erwähnen noch auch nur dezent einzubinden. Müssen höhere Wesen sein, die das Ganze erfunden haben.
Mai 7th, 2015 at 08:02
Hat niemand erfunden. So ist die Welt nun mal.
Mai 7th, 2015 at 08:23
Als Springer Beauftragter in Sachen Neuland müsste der arme Lobo bei derartigen Verknüpfungen zurücktreten.
Mai 7th, 2015 at 08:47
flatter (11)
Weiß nich, wasde gegen den Indianer hast, der findet doch laufend Dinge raus, die keiner ahnte, nich 'mal die Kanzleuse. Und außerdem: Er hat die Haare schön.
Mai 7th, 2015 at 08:55
Als ich vor Jahren begonnen habe deinen Blog zu lesen mochte ich besonders den hohen Grad an Deduktion sowie gute Faktenrecherche. Ich weiss nicht ob es Frust oder Arroganz ist, aber in letzter Zeit werden deine Artikel und Kommentare in diesem Bezug schwächer. Habe mir den Spiegel Artikel aus #11 durchgelesen und so sehr ich kein Fan von Lobo bin, ich finde nichts fundamental falsches an seinen Aussagen, zumal eine stärkere Differenziertheit und Tiefe in der Kürze auch kaum möglich ist.
Klar, er kann es bestimmt mit Kapitalismus in Verbindung bringen aber wozu (zudem hat er das in meinen Augen schon getan, siehe den Absatz über die Ursachen von Terrorismus, wobei das mit IS und Irak doch bisschen zu unpräzise ist)? Es gab, gibt und wird auch höchstwahrscheinlich ohne Kapitalismus Überwachung sowie Spionage geben. Einzig kann ich ihm vorwerfen, dass er nichts davon erwähnt, dass die Sicherheitsgesetze dem Machterhalt, also quasi auch gegen das eigene Volk gerichtet sind und solche Befugnisse in der Vergangenheit oft der Beginn eines Prozesses waren, welche in Staatsterrorismus mündeten.
Mai 7th, 2015 at 09:10
" Die Kräfte, die dafür zur Verfügung stehen, sind noch zu gering. Das zu ändern, kann und darf nicht nur das Anliegen von ein paar Aufrechten ‘aus dem Netz’ sein." Gottseidank hat sich das geändert. ;-)
Mai 7th, 2015 at 10:32
@Umdenker: Lobo ist Sozialdemokrat. Bei anderen könnte ich jetzt sagen: Weil es deppert ist nicht nach Wasser zu suchen, wenn alles zu nass ist. Bei denen muss ich das nur feststellen, denn die dürfen gar nicht das böse K-Wort sagen.
Mai 7th, 2015 at 11:13
Mal so anbei: Der Artikel endet ja mit einer Frage. Scheint, als gebe es keine sinnstiftende Antwort darauf.
Mai 7th, 2015 at 11:52
Jetzt hast du mich aufmerksam gemacht - deine frage:
"Was lerne ich denn auf der re:pubica? Was?"
Vielleicht dass es sich um eine `fremdschamregion´ handeln könnte? - Sorry, ich konnte jetzt nicht widerstehen.
Mai 7th, 2015 at 11:54
Ach ja, dieses Bloggertreffen vor ein paar Jahren...ich muss sagen, dass ich das reichlich desillusionierend fand. Ich würde mich selber als links bezeichnen, mein Umfeld würde ich eher nicht so nennen. Aber jedes Mal, wenn ich mich mal kurzzeitig in ein linkes Umfeld begebe geht mir so viel auf den Sack, dass ich darauf auch wieder keinen Bock habe. Vor allem wird mir dann wieder schlagartig klar, warum linke Positionen sich nie dauerhaft durchsetzen werden. Da ich es aber auch eigentlich ganz bequem finde, einfach immer so ein bisschen dagegen zu sein, ist das eigentlich ganz angenehm, das so zu empfinden. Es bewahrt einen davor, irgendwie mal selbst den Arsch hochkriegen zu müssen. Geht ja eh nichts.
Mai 7th, 2015 at 12:26
@oblomow: Haben wir hier immerhin etwas über das Schambein gelernt. 1:0 für die Zurückgebliebenen ;-)
Mai 7th, 2015 at 12:27
@FelixK: Definiere "Arsch hochkriegen", dann lernen wir noch etwas über ein anderes Körperteil.
Mai 7th, 2015 at 12:48
Wurde auch Zeit, dass hier endlich mal über Körperteile gesprochen wird.
Mit Arsch hochkriegen meine ich in dem Fall, irgendwas zu tun, was der eigenen politischen Haltung entspricht. Mich nervt immer, dass so wenige sich über Dinge merklich aufregen, die so abgehen, und dass so wenige sich politisch engagieren. Selbst mache ich aber halt auch nichts, außer ab und an im persönlichen Gespräch mit Freunden und Bekannten meine Meinung zu äußern. Es geht mir letztlich zu gut und die massiven Probleme, die ich sehe, sind zu abstrakt, betreffen mich (noch) nicht direkt genug. Das geht damit einher, dass ich mangels Masse an Menschen, die sich einsetzen, nicht das Gefühl habe, dass sich ernsthaft was ändern könnte (aber da beißt sich die Katze natürlich in den Schwanz).
Darin, selber nichts zu tun, werde ich bei meinen seltenen Ausflügen in linkes Umfeld bestätigt, weil es da immer Strukturen (bzw. eben keine gibt) mit denen man im Normalfall nie irgendwas erreichen wird. Ich hatte das glaube ich damals im Zusammenhang mit dem Bloggertreffen schon mal hier erwähnt: wenn da bei einer Podiumsdiskussion einige Leute auf einer Bühne sitzen, von denen die meisten meiner Einschätzung nach was vernünftiges zu sagen hätten, dann aber der Moderator (so meine Interpretation) nicht moderiert, weil er der Meinung ist, dass er nicht zu viel eingreifen darf, weil das ja zu viel Steuerung ist, dann quatscht nachher jeder irgendwie daher, aber es entsteht kein irgendwie gewinnbringendes Gespräch. Wenn dann noch irgendjemandem auffällt, dass ja gar keine Frau auf der Bühne ist und dann irgendeine Frau mit auf die Bühne muss, die dann erst gar nichts sagt und dann irgendwann aber doch und aufgrund der Weitschweifigkeit bei gleichzeitiger Inhaltsleere wünscht man sich dann, sie hätte doch weiter geschwiegen, dann haben wir zwar alle unsere Prinzipien (die ja nicht verkehrt sind) befolgt und jeder durfte jederzeit alles sagen, was ihm/ihr gerade einfiel, aber leider nichts gewonnen, sondern nur die Zeit aller Beteiligten verschwendet. Ich meine dir damals angesehen zu haben, dass du von der Podiumsdiskussion ähnlich begeistert warst, wie ich.
Für mich Ähnliches habe ich bei meiner Beteiligung am Rettungsversuch eines autonomen Kulturzentrums erlebt. Da wurde dann eine Versammlung abgehalten, in der es darum ging, wie man mittels kostenlosem Arbeitseinsatz Vieler den Laden, der fast pleite war, retten könnte (man kann natürlich unterschiedlicher Ansicht sein, ob ein alternativer Laden, der aber mit bezahltem Personal wie jeder andere funktioniert, wirklich so alternativ ist, aber der Laden hob sich doch deutlich von sonstigen in der Stadt ab). Selbstverständlich hat niemand die Versammlung geleitet, es hat also jeder geredet, dem es gerade einfiel. Das führte dann dazu, dass auf einem Treffen, in dem es um das Überleben des Ladens ging, eine halbe Stunde darüber diskutiert wurde, dass doch die Gay-Disco aber im Gegensatz zu den anderen Veranstaltungen eine Garderobe bräuchte. Drei Monate später war der Laden dann pleite.
Das sind zwei Beispiele. Neben dem grundsätzlichen Problem, das man mit progressiven Haltungen sowieso immer gegenüber konservativen hat (auf "alles soll so bleiben wie es ist" hat man sich schneller geeinigt als darauf, was denn wie zu ändern wäre) führen solche Prinzipien dazu, so grundsätzlich richtig sie sind, dass man es nicht mal schafft, vernünftig über ein Thema zu diskutieren, geschweige denn, sich irgendwie schlagkräftig zu organisieren.
Und da ich so schlau bin, das zu erkennen, bleibe ich schön auf meinem Arsch (Nähe Schambein) sitzen und weiß aber immerhin alles besser.
Mai 7th, 2015 at 13:01
Ah ja, das ist ein Punkt. Muss ich erst mal drüber sitzen ;-)