Links, liberal, linksliberal
Posted by flatter under narrativ , staat[68] Comments
07. Apr 2015 14:02
Ich werde heute einmal eine Querfront ziehen. Der Begriff ist so schön abgenudelt und in der Dummwortliste zirka an zweiter Stelle, gleich hinter “Verschwörungstheorie”. Alles, was nicht am gängigen Narrativ mitstrickt, muss irgendwie niedergemacht werden, und da gewisse Medien und das, was sie sich unter ihren idealen Konsumenten vorstellen, mit einem zweiten Schlagwort schon überfordert sind, bringen sie die Dinge halt auf dasselbe. Dazu macht man allerhand passend, nach der Schere und dem Messer kommt da auch gern die Säge zum Einsatz, und wenn das nicht reicht, werden Reste von Logik und Verstand halt mit dem Mixer zu Brei verrührt, damit es passt.
Da ich allerdings der Ansicht bin, dass es ‘Rechts’ und ‘Links’ nicht nur gibt, sondern dass sie unvereinbar sind, verläuft meine Grenzziehung woanders. Es gibt da nach wie vor interessante Übereinstimmungen im inneren Aufbegehren linker und liberaler Einstellungen. Ich verbinde das einmal mit der hier schon zitierten berüchtigten Rede Adenauers von 1946, dem nämlichen Absatz:
“Die tieferen, die wirkenden Ursachen dieser Katastrophe liegen klar zutage. [...]
Das deutsche Volk krankt seit vielen Jahrzehnten in allen seinen Schichten an einer falschen Auffassung vom Staat,
[...]
das verheerende Umsichgreifen der materialistischen Weltanschauung im deutschen Volk. Die materialistische Weltanschauung hat zwangsläufig zu einer weiteren Überhöhung des Staats- und Machtbegriffs, zur Minderbewertung der ethischen Werte und der Würde des einzelnen Menschen geführt.
Die materialistische Weltauffassung des Marxismus hat zu dieser Entwicklung in sehr großem Umfange beigetragen.”
Die Lehre
Ich will nicht wieder auf die atemberaubende Behauptung eingehen, Marxisten hätten den Faschismus verschuldet durch den Akt der Magie, mit dem sie den Deutschen jene Staatshörigkeit eingeträufelt hätten. Die Geschichtsklitterung, die hier die Ursprünge im Preußentum und anderer Wurzeln des autoritären Charakters bis hin zum Kadavergehorsam verleugnet, richtet sich selbst. Interessant ist hingegen, dass Adenauer hier unter der Hand den Anschluss für liberale Ideen schafft.
Zwar schwadroniert er in Richtung eines Spiritismus, der Gott über den Staat stellt (als hätte das den Faschismus aufgehalten), aber er macht deutlich, dass es Kräfte geben muss, die dem autoritären Staat Grenzen aufzeigen. Hier droht zwar der nächste Treppenwitz, dass nämlich das Kapital als Gegengewicht den Staat erst demokratisieren würde – eine Legende, die ich hier nicht erfinde, aber grundsätzlich nehme ich einmal zur Kenntnis, dass selbst das verschrobenste katholische Weltbild noch eine Gefahr in einem unangefochtenen Staat sieht, der die Einzelnen zur Manövriermasse degradiert.
Dies dürfte wiederum die CDU attraktiv gemacht haben für ihren künftigen Partner FDP. Die sogenannten “Liberalen”, die in den 70er Jahren sogar erfolgreich als Bürgerrechtspartei auftreten konnten sowie ihre Hardcore-Wirtschaftliberalen eint etwas mit anarchistischen Strömungen, nämlich das, was in höchst unterschiedlicher Auslegung “libertär” genannt wird. Die Ablehnung des Staates als einer Einrichtung, die noch annähernd Autorität hat, der man das Recht zubilligt, verbindliche Vorschriften zu machen, eint Sozialdarwinismus und Anarchismus, ob den jeweiligen Vertreter/innen das nun passt oder nicht.
Welcher Liberalismus?
Wenn ich mich lange als “linksliberal” bezeichnet habe, dann liegt das eben daran, dass mir jede Form autoritärer Gesellschaft zuwider ist, auch und gerade, wenn sie eine nichtkapitalistische sein soll. Auch in einer ‘Übergangsphase’, denn das ist genau das, was wir schon hatten und was ich nicht brauche. Übrigens trennt mich das auch durchaus von den Wirtschaftslibertären, denn deren Idee endet genau wieder in einer Gesellschaft von Herren und Sklaven. Die müssen schon ziemlich blöd sein, das nicht selbst zu erkennen.
In Bezug auf den Staat aber haben sie bis dahin recht, und das war selbst unter den Kapitalisten lange Konsens, das ist eine Säule des Narrativs, die inzwischen einknickt. Ein autoritärer Staat – und ich fasse darunter ausdrücklich auch supranationale Instanzen wie EU und NATO – zeichnet sich immer auch dadurch aus, wer vor wem Geheimnisse haben darf. In einem Rechtsstaat sind es die Einzelnen, deren Privatsphäre den Staat nichts angehen und der Staat, der sich gegenüber dem Volk zu verantworten hat. Der autoritäre Staat hält es umgekehrt.
Seit Ed Snowden wissen wir, dass die Behauptung von Demokratie und Rechtsstaat nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Es gibt seither zwei Ansichten dieses Umstands: Entweder sind die Staaten von den Diensten unterwandert worden oder sie haben sich aktiv zu Obrigkeitsstaaten entwickelt. Das gängige Narrativ müsste hier zu einem Aufschrei führen, stattdessen aber wird bestenfalls abgewiegelt und großenteils befürwortet. Bemerkenswert ist für mich das Schweigen jener Liberalen, deren Ideologie sich einfach nicht mehr vereinbaren lässt mit dem Entstehen dieser monströsen Krake. Vielleicht war das einer der großen Irrtümer – dass es je einen relevanten Liberalismus gab.
p.s.: Neues von Ed Snowden, eine Inspiration für diesen Artikel (via fefe).
April 7th, 2015 at 14:48
Ich würde ja wieder auf die unselige Verquickung des liberalen Freiheitsbegriffs mit dem Eigentum verweisen. Wer Eigentum hat, hat auch Freiheit, er wird vom Staat nicht schikaniert, sondern im Gegenteil als ‘Investor’ noch umworben. Wer hinegen keines hat ausser seinem verwertungstechnisch immer armseligeren Selbst, hat und braucht auch keine Freiheit. Er würde sie im Zweifelsfalle ja auch eh nur dazu verwenden, diese andere, ‘eigentliche’ Freiheit zu bedrohen. Dazu sind ‘die Verhältnisse’ längst zu weit gediehen, die Pole zu weit auseinander. Der Staat sitzt ja nicht, wie im gängigen Bilde, als Schiedsrichter über den beiden Parteien, sondern höchstens als Vermittler zwischen ihnen. Und wenn es da immer weniger zu vermitteln gibt, taugt er immer noch als Barriere, zum Schutz der ‘größtmöglichen Freiheit der größtmöglichen Zahl’. Er schützt die eine Freiheit vor der anderen, und ein ‘relevanter Liberalismus’ hätte sich langsam mal zu entscheiden zwischen Freiheit und Eigentum…
April 7th, 2015 at 19:04
“ein ‘relevanter Liberalismus’ hätte sich langsam mal zu entscheiden zwischen Freiheit und Eigentum…”
Ja, das Drücken davor drängt auch den Liberalismus stramm nach rechts.
April 7th, 2015 at 20:44
“Da ich allerdings der Ansicht bin, dass es ‘Rechts’ und ‘Links’ nicht nur gibt, sondern dass sie unvereinbar sind, verläuft meine Grenzziehung woanders. Es gibt da nach wie vor interessante Übereinstimmungen im inneren Aufbegehren linker und liberaler Einstellungen. Ich verbinde das einmal mit der hier schon zitierten berüchtigten Rede Adenauers von 1946…” (Opener)
Ich erinnere mich sogar gern an den Vortrag von Prof. Dr. Stapelfeldt “Neoliberalismus und Antisemitismus” (Videolink zu finden “Narritiv(1) #119), daß der Marx’sche Sozialismus nach liberaler Ansicht ja noch “irgendwie zivilisiert” ist, erst danach die unzivilisierten Kinder kommen (mit der 2. IAA wollten/ sollten dann alle Marxisten sein/werden, was Marx sogar für sich selbst ablehnte – Anm: ich).
Und richtig, die Marx’schen Vorstellungen von Sozialismus/Kommunismus haben mit anarchistischen, liberalen und libertären Ansichten mehr gemein, als sie (mE) mit jedem Marxismus je haben könnten.
Hier wäre ein Binde- /Bündnisglied zwischen Anarchisten, Kommunisten (muß ich da besser Marxianer sagen?), Liberalen und allen, die sich nicht ständig ohne Nachfrage ‘behandelt’ wissen wollen…
April 7th, 2015 at 21:18
Freudsche Fehlleistung – Narritiv statt Narrativ – also klar, mein Kopf geht eigene Wege… :P
April 8th, 2015 at 08:50
“dass mir jede Form autoritärer Gesellschaft zuwider ist, auch und gerade, wenn sie eine nichtkapitalistische sein soll.”
Das ist ein Nebensatz, der dick angestrichen oder auf T-Shirts gedruckt gehört. Ich halte es für eine grobe Fehlentwicklung, dass “links” inzwischen mit autoritär oder mindestens paternalistisch gleichgesetzt wird. Damit meine ich nicht nur solche dämlichen Diskussionen über Heizpilzverbote, Dosenpfand und Veggie-Day, die mit den immer noch unter dem Label “Links” segelnden Grünen verbunden werden, sondern explizit diese tief ins Zwischenmenschliche hereingreifenden Ersatzhandlungen wie der Kampf gegen Lookismus, Ableismus und, ja sicher, den radikalen Feminismus, der im Netz inzwischen ein Menschenbild an den Tag legt, das mich fast schon beten lässt, dass solche Gestalten niemals Macht über andere in ihre Hände gelegt bekommen, was übrigens für Dogmatiker aus allen Bereichen gilt, wir können da die Dogmatiker der Veganer, der Religiösen, Homöopathen, Impfgegner oder meinetwegen die aus der MLPD rausgreifen. Ich möchte von denen nicht regiert werden. Es schüttelt mich, wenn ich sie sehe.
Das Blöde ist, dass mir mein bester Freund, der FDP wählt und mit der AfD sympathisiert (ja, ich halte das aus) immer gerne süffisant diese ganzen skurrilen Netzkrieger, die jeden Diskurs in immer kürzerer Zeit in eine rauchende Trümmerlandschaft verwandeln, als “diese Reglementierer und Shitstormer sind doch deine Genossen” um die Ohren haut und mir dazu nicht viel als Entgegnung einfällt.
Das Ergebnis dieser gefühlten “linken Diktatur” führt dann als Aufstand gegen Political Correctness verbrämt zu AfD und Pegida, was nur bedeutet: Die Linke kommuniziert falsch, die Linke kommuniziert schlecht, setzt die falschen Schwerpunkte und tut nichts dagegen, dass – gerade im Marktplatz des Irrsinns – dem Internet, zu viele Menschen unter ihrer Flagge segeln, die niemand von Verstand an der Macht sehen will.
Ach ja, weil das gesagt gehört: Sehr schöner Text. Und zu wenige Kommentare dafür.
April 8th, 2015 at 09:58
“Und zu wenige Kommentare dafür”; was soll da noch kommentiert werden, mike, wenn zustimmung? und das von dir, der ja auch sonst so wahnsinnig viel bei anderen kommentiert SCNR (actually no “sorry” for that).
und das du deinem fdp-freund auf seinen lachhaften “genossen”-spruch nichts erwidern kannst, erstaunt & schockiert mich -gelinde gesagt- nicht gerade wenig.
April 8th, 2015 at 10:03
OT: die nummer hier habt ihr mitbekommen? kaum zu glauben, daß da tatsächlich mal ne mordanklage draus geworden ist.
geradezu wahnwitz, wie *sicher* sich diese cops mittlerweile in ihrem tun zu sein scheinen, der *wusste* daß er gefilmt wird und trotzdem isses ihm offenbar scheissegal. ich bekomm das nicht auf die reihe.
April 8th, 2015 at 10:16
@DKT: Was will man noch dazu sagen. Die usa sind ein failed state, in dem der Bürgerkrieg Dauerzustand ist. So ist das halt in Ländern, die die Todesstrafe haben. Wie der Herr, so das Gescherr.
Ich schreibe einem Freund, der dort immer mal wieder längere Zeit arbeitet, noch nicht einmal Mails, damit er nicht in Gefahr gerät, bei der nächsten Einreise am Flughafen abgewiesen zu werden.
April 8th, 2015 at 10:26
ey, r@iner, I know…but still; ich bekomm das mental nicht auf die reihe, ich mein, das ist lupenreiner mord. für ein *angeblich* kaputtes rücklicht. isses schon so, daß jeder bulle da mindestens einen kill im monat vorzuweisen hat, um sich im kreise der kollegen zu brüsten oder was soll das?
fucking.horrible.
April 8th, 2015 at 10:29
@DKT: Wenn ich aufschriebe, was ich alles mental nicht auf die Reihe bekomme, dann würde das ein langer Tag.
April 8th, 2015 at 11:27
klarklar, aber auch da gibts abstufungen; wenn ich visuell etwas präsentiert bekomme, das so eindeutig ist, kann ichs nicht so einfach unter die ferner-liefen, stichwort “ComprehensiveMadness” abheften wie sonst. achfuckit, all the sickness wieder mal…
April 8th, 2015 at 12:39
@Kiezneurotiker: Ersma Danke, und zu “wenige Kommentare”: Es ist Sauregurkenzeit, und – naja – viele hier scheinen schon alles gesagt zu haben. Ich sollte sie vergraulen und mit ganz neuem Publikum anfangen ;-)
April 8th, 2015 at 13:33
@flatter: Nimm meins. Ich hätte da ein paar Trolle günstig abzugeben. Die kamen, glaube ich, sowieso von dir. :)
@DasKleineTeilchen: Ich halte Internetdiskussionen für chronisch fruchtlos und kommentiere nur, wenn ich etwas mir wirklich Wichtiges zu sagen habe oder schnell Anerkennung droppen will. Manchmal auch beides, wie hier.
Für Kaffeekränzchen, so nett sie manchmal zum Drüberlesen sind, reicht es schon zeitlich nicht. Sowieso: Diskurse führe ich lieber in der Kneipe. Die sind zwar auch nicht immer fruchtbarer, doch ist dort im Allgemeinen der Tonfall angenehmer, der Respekt vor anderen Standpunkten größer und die Möglichkeit der Mobbildung tendiert gegen Null – okay, außer wenn kein Bier mehr da ist, aber wann kommt das schon mal vor… :)
April 8th, 2015 at 14:13
“Ich sollte sie vergraulen und mit ganz neuem Publikum anfangen”
könnte dir so passen. mimimi.
(oha. mike antwortet mir mal. darf ich mich jetzt gevögelt fühlen?)
April 8th, 2015 at 14:17
Vom Leben, wie immer.
April 8th, 2015 at 16:48
@DKT (7)
Was willste dazu sagen? (Auftrags-)Selbstmord oder Notwehr. Ich seh’ das eindeutig! So isses im ‘Land of the brave and the free’!
April 8th, 2015 at 16:53
@kiezneurotiker
“… dass mir mein bester Freund …” probierst doch einfachmal mit “Stimmt!” und fahr dann locker fort mit Deinen Argumenten. Ich mach’ immer wieder die Erfahrung: Freundlich und locker bleiben, einfach zustimmen und wieder auf dden Pfad zurücklenken. Allerdings: Häufig scheitert Weltbild an Weltbild, so isses halt.
April 8th, 2015 at 17:26
In einer Gesellschaft, in der das “jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinem Bedürfnis” verwirklicht ist, würde es da Sinn ergeben Freiheit und Unfreiheit als Merkmale der Gesellschaft anzuwenden?
Was ich bei den ganzen Wirtschaftsliberalen noch nicht begreife ist, dass sie auch nur das bessere Leben anzubieten haben, aber keine Kritik an den Umständen, in denen das stattfinden soll, zulassen.
Ohne auf Details einzugehen, schwingt doch in den ihren Erklärungen der Welt immer nur mit, dass alles funktionieren könnte, wenn man hier und da ein bisschen eingreift. Wie eine zu korrigierende Situation zu stande kommt, können die doch auch immer nur post festum erklären. Gewiss ist aber, am Prinzip der Wirtschaft kann es nicht liegen.
Wenn man dem Milton Friedman zuhört, hat der doch auch nur ein schönes Leben anzubieten. Freilich werden die milliarden Menschen nie gefragt, was sie sich darunter vorstellen, entscheiden dürfen sie das schon mal gleich nicht, denn fest steht: Geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut.
Tritt letztres nicht ein, stimmt natürlich irgendwas nicht. Das Prinzip nachdem eine Schweinerei dann abläuft durchschaut jeder. Die Schlußfolgerungen sind freilich verschiedene, aber alle wissen, dass das so eben entdeckte Prinzip, das selbe wie in allen 4.563.7845 Fällen zuvor, niemals ein allgemeines ist.
April 8th, 2015 at 18:00
@Guest: Wenn es dir nicht gut geht, dann hast Du nach deren Logik versagt, denn der Markt irrt sich nie.
Während Diogenes damit zufrieden ist, einen Kasten mit Petunien an seiner Tonne zu befestigen, wollen andere eben “mehr” erreichen.
Das Thema ist zu groß gewählt, lieber @flatter. Wer soll etwas sinnvolles dazu sagen, ohne dass es zur Verkündung unbewiesener Glaubensbekenntnisse kommt?
April 8th, 2015 at 18:15
@ Kiezneurotiker
Es ist durchaus sinnvoll seine eigene Position auszuleuchten, aus der man argumentiert, bevor anderen die Keule des Dogmatismus auf den Kopf geschlagen wird.
Möglicherweise ist man selbst genau das, was man anderen vorwirft, ein Antidogmatiker, der unfreiwillig zum Dogmatismus neigt.
April 8th, 2015 at 18:52
@R@iner: Wenn ich das je wüsste, wann ein Thema zu groß oder zu klein wäre. Das Ding mit den fast 500 Kommentaren z.B. – ich halte ihn für einen mäßigen Artikel und hätte darauf nicht mit einer solchen Resonanz gerechnet. Okay, einige fleißige kommentierer habe ich inzwischen vergrault. Ich finde, das ist halt ein Thema, und Glaubensbekenntnisse lese ich auch unter sehr konkreten Themen, wo sie eigentlich gar nicht passen.
April 8th, 2015 at 18:59
@flatter: Ich sehe das als Schwierigkeit, die Philosophen wohl unfreiwillig anhaftet. Dir muss klar sein, dass Du mal eben Konzepte wie “Gerechtigkeit”, “Gleichheit” und “Freiheit” zur Diskussion stellst, obwohl sich bereits dort die Geister scheiden würden.
Wo fängt man an? Bei den Stadtstaaten der Antike oder den Fürstentümern im föderal organisierten (späteren) D-land?
Nö, mir ist das zu groß.
April 8th, 2015 at 19:23
Ich sehe es vielleicht auch kleiner. Für mich steht da z.B die Frage: Gibt es Anzeichen für relevanten Liberalismus? War die Tendenz gegen staatliche Autorität immer nur vorgetäuscht? Gibt es Belege dafür? Oder für das Gegenteil? Ziemlich konkret, wenn man dazu etwas weiß.
Ich habe hier wie gesagt schon größere Themen diskutiert, und mei, wer nicht will, muss doch auch nicht, bloß weil ich alle sofort sperre, die nicht pünktlich Gefälligkeitskommentare abliefern.
April 8th, 2015 at 19:30
Naja, wir leben halt auch inmitten eines Zeitenwandels. Was haben Leute wie Gerhart Baum und Silvana Koch-Merin gemein? Recht wenig, wie mir scheint.
April 8th, 2015 at 19:39
Wie mir scheint (jetzt wird es fürwahr sehr allgemein), leben wir in einer Phase extremer Dekadenz, wo Bots wie Silvana Koch-Merin nur noch mit ihrem eigenen Dünkel etwas gemein haben. Womöglich habe ich das tatsächlich nicht groß genug gedacht, und es gibt keinen Widerstand von nirgends, weil es keine Beziehungen mehr gibt, keine Haltung, keine Inhalte, keine Prinzipen, Ziele oder Positionen. Nicht nur beim Liberalismus.
April 8th, 2015 at 19:42
…dass Du mal eben Konzepte wie “Gerechtigkeit”, “Gleichheit” und “Freiheit” zur Diskussion stellst…
Ha! Nichts leichter wie das: “So sind die Beziehungen dieser Sphäre [der Zirkulationssphäre] bestimmt durch Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit. Freiheit heißt hier Freiheit der Vertragsschließung, der Wahl und Auswahl; Gleichheit bedeutet, daß formal jeder die gleiche Freiheit hat, wiewohl beschränkt durch die Menge des zur Verfügung stehenden Geldes; Gleichheit heißt ferner, daß es hier ohne Ansehung der Person zugeht, nämlich nur mit Ansehen des Geldes; Gerechtigkeit aber bedeutet die Gleichwertigkeit von Gegebenem und Genommenem.” (W. F. Haug, Kritik der Warenästhetik, Suhrkamp (1971), S. 134)
Und ich fürchte, das isser tatsächlich, der ‘Kern’ dieser Begriffe in bürgerlicher Auffassung. Ihr Ort ist der Markt, sie verwirklichen sich in den Akten des An- und Verkaufes. Alles weitere sind Ableitungen, wenn nicht gar gleich Überfrachtungen.
April 8th, 2015 at 19:51
@Peinhart: Die Umdeutung von Begriffen ist wahrlich ein Dilemma aus dem wir nicht mehr herauskommen. Als ich Orwell erstmalig las, hatte ich diesen Punkt am meisten unterschätzt und für fantastisch gehalten. Jedwede Kommunikation scheitert an der Sprache an sich. Darauf muss man erst einmal kommen.
April 8th, 2015 at 19:56
@Peinhart: Meine Idee wäre in dem Zusammenhang die gewesen, dass die Freiheit der Vertragsschließung demgemäß eingeschränkt wird durch Interventionen des Staats (im Staate). Das Kapital zerfällt also in solches, das ggf. geschützt wird und solches, das bedroht wird – ohne dass Vertragsbedingungen benennbar wären, die Kapital der einen oder anderen Seite sicher zuweist. Selbst auf dieser Ebene ist die Freiheit also durch ‘Staat’ bedroht, und auch die Restrationalität, an der sich Kapitalisten orientieren konnen, ist dahin. Der Klassenkampf zerreißt hier sogar das Kapital.
April 8th, 2015 at 20:22
@Rainer – Was ich mit ‘Überfrachtungen’ andeuten wollte: ich fürchte, die Umdeutungen liegen ganz auf ‘unserer’ Seite. Wir stellen uns einfach anderes bzw mehr unter diesen Begriffen vor, als jemals eigentlich gemeint war. Was natürlich nicht heisst, dass wir dem nicht länger nachgehen sollten, im Gegenteil. Aber vielleicht bedürfen die Begriffe einer sorgfältigeren Klärung. Man kann nicht voraussetzen, dass sie ja ‘eigentlich jedem klar sind’.
@flatter – Meinst du damit ua das Feld, das ja jetzt durch TTIP udgl offenbar wieder ‘geklärt’ werden soll?
April 8th, 2015 at 20:28
Ich meine das Feld, aber eben nicht, dass dort etwas geklärt wird. Die Zerstörung rechtsstaatlicher Prinzipien durch solche Verabredungen schafft nur Unsicherheit und repräsentiert faktische Macht – im Gegensatz zum behütenden Staat. Das ist für die meisten Kapitalisten eine Katastrophe, auch wenn sie es nicht erkennen, weil sie sich wohl alle nur als Sieger sehen in diesem irrsinnigen Spiel.
April 8th, 2015 at 20:49
@flatter(23)
Kann ich auch nicht mit Belegen kommen…. würde/ wird auch nur Glaube.
Vielleicht kriegen wir die Frage nach dem “relevanten Liberalismus” von einer anderen Seite angefaßt:
Als die Eigener ihre großen Buden noch selbst führten bzw. die Menge der ‘relevanten’ Buden noch einen Prinzipal hatten.
Wieviele sind das noch.
Ich meine jetzt nicht die kleinen Krauter, den bleibt nichts anderes übrig und ersticken sich gegenseitig in ihrer Konkurrenz.
Die meisten sind doch heute Management geführt – wat interessiert da Liberalismus.
Dat sind mehr oder weniger Nutten, die morgen auch beim Gegner/ ehemaligen Konkurrenten arbeiten, wenn sie nicht wenigstens mit Wettbewerbsverbot im Vertrag für eine gewisse Zeit herausgehalten werden.
Die Unternehmer/n-Struktur ist doch mE auch eine gänzlich andere heute.
Mag in aufstrebenden Ländern noch anders sein – aber in der alten Kernzone…
Ok, die Amis sind von Hause aus gegen alles was nach Staat auch nur riecht – Liberal sind sie darum aber mE auch nicht unbedingt.
Was meinst Du?
Oder sollte ich mich vergrault fühlen, hatte ich nicht vor :P
April 8th, 2015 at 21:03
S.o. – es gibt nicht einmal mehr Nischen fürs Kapital.
Der Aufwand, dich zu vergraulen, ist mir zu hoch ;-)
April 9th, 2015 at 09:33
@Zuspät (20)
Yep, da iss ‘was dran, jedenfalls kann ich an mir selbst ablesen, wie gut (oder dogmatisch, auch ungeduldig) ich inner Diskussion war. Weltbild scheitert immer an Weltbild wenn man da nicht ‘flexibel’ argumentiert.
April 9th, 2015 at 09:41
@flatter (25)
“… und es gibt keinen Widerstand von nirgends, weil es keine Beziehungen mehr gibt, keine Haltung, keine Inhalte, keine Prinzipen, Ziele oder Positionen.” Jezz versteh’ ich, myne Fru sacht bei solchen Sachen: “Die kennen keine Grenzen, die schieben die immer weiter raus!”
April 9th, 2015 at 09:55
@(21-32) Danke für das interessant Ping-Pong.
@Peinhart (29)
Yep, ich bin mir in Diskussionen auch nie sicher, ob ich die ‘falsch’ aufgeladene Begrifflichkeit nutze oder ob es mein Gegenüber ist.
April 9th, 2015 at 10:47
OT: Die insm rollt gerade eine neue Kampagne aus: Das Deutschland-Prinzip
Willy Brandt haben sie dazu auch ins Boot geholt: fb-Link
Wenigstens ist mir jetzt wieder klar, was Freiheit ist. Ich Dussel war wieder einmal völlig desorientiert.
April 9th, 2015 at 10:48
Wenn ich sehe, dass anderswo “linksliberal” über den befürchteten Austausch des Trainer Jakob Kreuzfeld von Herta BSE schwandroniert wird, kommt mir feynsinn immer noch wie eine linksintellektuelle Wellnessoase vor.
Gruss vom mitlesenden Exilanten.
April 9th, 2015 at 11:22
OT: Tomasz Konicz auf Telepolis: Die Steigbügelhalter
April 9th, 2015 at 11:45
Zum Konicz-Artikel und zum Thema autoritärer Staat passt dann noch dieser Seeßlen: “In einer Demokratie beruht das Recht der Mehrheit auf einem anderen, fundamentaleren Recht: das Recht jeden einzelnen Bürgers und jeder einzelnen Bürgerin auf Selbstbestimmung und Entfaltung seiner/ihrer Möglichkeiten, auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit. Auch die dissidenten Minderheiten, am Ende die dissidenten Einzelnen, haben demokratische Rechte gegenüber der Mehrheit und gegenüber den ausführenden Organen.
Die Postdemokratie stellt diese Ableitung auf den Kopf. Sie stärkt nicht nur die Mehrheit, sie stärkt vor allem die Fähigkeit einzelner mächtiger Gruppen Mehrheiten zu erzeugen. Postdemokratie geht von einem absoluten Recht der Mehrheit aus (und öffnet sich schon deswegen, unzimperlich genug, sowohl jenen Kräften, die Mehrheiten ökonomisch erzeugen können, als auch jenen, die Mehrheiten gewaltsam erzeugen können).”
April 9th, 2015 at 11:49
Eine Einkaufszone bietet Selbstbestimmung genug!
Geil, das ist genau das, was sie Bill Clinton
geblaseneingetrichtert hatten.April 9th, 2015 at 21:01
‘I’ve got a mind to give up living – and go shopping instead’
(Butterfield Blues Band)
April 10th, 2015 at 00:48
@Guest
“In einer Gesellschaft, in der das “jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinem Bedürfnis” verwirklicht ist, würde es da Sinn ergeben Freiheit und Unfreiheit als Merkmale der Gesellschaft anzuwenden?”
das ist startrek II (=geldfrei=kommunismus – ausser die mit den grossen ohren, denen nackte frauen das essen vorkauen) und ist deshalb aktuell in vielen us kabelsendern nicht “verfügbar”.
April 10th, 2015 at 07:29
@R@iner (36)
Ich weiß nich, was Du hast, das Mädel auf der INSM-Seite sieht doch ganz nett aus, oder? Und promofiert isse auch!
April 10th, 2015 at 08:49
@Peinhart (39)
Danke für’s Link. “Der Glaube an die unendliche Anpassungsfähigkeit der Demokratie …” Demokratie? Wo??
April 10th, 2015 at 10:35
@Rainer #40 – Diese ‘Freiheit’ aber, fürchte und vermute ich, ist die, deren Verlust bei allen Gedanken an alternative Wirtschaftsweisen ganz oben steht: der – zumindest theoretische, wenn auch stets durch die lästige Praxis des Geldbeutels begrenzte – jederzeitige Zugriff auf ein im wahrsten Sinne unüberschaubares, geradezu unendliches Warensortiment.
Und gleich hinter dem befürchteten Verlust der Freiheit des Kaufens kommt die des Verkaufens – die Illusion, sich auch sein nun mal notwendiges Betätigungsfeld – wieder genauso theoretisch – ‘ganz frei’ selbst aussuchen zu können. Die ‘Sachzwänge’, die das alles eingrenzen, werden eben nicht als ‘willkürliche’ Einschränkungen der Freiheit empfunden – im Gegensatz zu einer Gesellschaft, die hier ‘bewusste’ Grenzen setzen würde.
Das, denke ich, sind die wirklichen ‘Knackpunkte’ einer jeden ‘neuen Erzählung’…
April 10th, 2015 at 12:37
@flatter(23-31-32) – ging’s nicht eigentlich um die ‘Geisteshaltung’ liberal? Konnte sich ein ganz Kleiner noch nie ‘leisten’ und die ‘satten’ ganz Großen sind international und vor allem ‘nur’ Management aufgestellt.
Aber egal… Eins kommt halt zum anderen, die geschlossenen Nischen tuen ihr übriges.
@Peinhart(44)
Es gibt halt auch ein paar Millionen, die zwar die Wirtschaftskrise der Zwanziger mit Hyperinflation nicht persönlich kennen, dafür aber immer so was wie locker genug Geld zu haben, was auch regelmäßig ausreichend (soweit Geld je ausreichend sein könnte) ‘jungte’ und kein Angebot dafür…
Das macht echt keinen Spaß.
Und im Moment ist es doch wohl bei der Mehrheit noch so, daß sie mit umschichten, Kredit aufnehmen, Lotto spielen, das allermeiste vom für sie notwendigen und wünschenswerten erlangen können.
Ja, das sind Knackpunkte einer neuen Erzählung – der erste ist dabei: Auch mit Biegen wird die Wirklichkeit nicht ‘rettbar’.
Und ich denke bis dahin, kannste nur pieksen, aber nicht erzählen.
Wenn’s von alleine ‘piekst’, schreibt sich die Erzählung ggf. von selber.
Oder wo bin ich da wieder auf dem Holzweg?
Edit: Der Pieksen-Aufhänger kann vielleicht wirklich nur sein, daß Geld nicht ermöglicht sondern verhindert…
April 10th, 2015 at 22:23
OT: Das Ende der Flüchtlingshilfe in Deutschland (so mann denn überhaupt von einer sprechen kann…):
Angela Merkel und Sigmar Gabriel machen Flüchtlingshilfe zur Chefsache – STÜRMER ONLINE
April 11th, 2015 at 09:55
Seien wir doch ehrlich: Dieses Blog ist am Ende. Habe gehört, der Betreiber plane heute wieder keinen Artikel und treibe sich herum. Ich habe da ein paar tolle Shoppingblogs entdeckt …
April 11th, 2015 at 10:01
Omg: Die Chinesen haben die Wunderwaffe, und das Internet [strg+f + Schattenregierung] kauft uns die Demokratie weg!!11!!
Ich will Flipse. Schipps und Flipse!
April 11th, 2015 at 10:47
der schily ist so realsatire; futureshock alter männer at its best. das kanzlertelefon ist also n “honeypot” (internet-experten im innenministerium hams also schon immer gewusst) XD *wegschmeiss*
April 12th, 2015 at 10:28
Liberalismus kann keine sinnvolle politische Kategorie sein. Der Begriff ist sinnleer. Wessen Freiheiten vor was/wen oder für was/wen soll denn gemeint sein? Meine Freiheit andere auszubeuten, ist die Unfreiheit der anderen ausgebeutet zu werden. Mein Schutzrecht ist die Unfreiheit eines anderen.
Freiheit kann man nur in Beziehungen denken und landet immer wieder in einer Umkehrung, wenn man die andere Seite anguckt.
Für Freiheit zu sein ohne zu sagen für wen und für/vor was, ist eine reine Sprechblase
April 12th, 2015 at 11:01
Wenn Liberalismus keine politische Kategorie ist, was ist dann Sozialismus?
April 12th, 2015 at 17:51
@R@iner: bitte zitiere doch vollständig und gleichzeitig habe ich keinen Beurteilung zu anderen politischen Kategorien getroffen.
(Staats-)Sozialismus wäre im Gegensatz dazu aber inhaltlich beschreibbar: die Verteilung des Kuchens an alle in ähnlich großen Stücken via Staat.
Auf den Kuchen umgemünzt vertritt der Liberalismus, dass jeder das größte Stück haben soll. Das ist das Denken eines Kleinkindes auf eine Gesellschaft übertragen, wo es tatsächlich aber nur ein “wir” gibt, ein “ich” nur als Teil des Ganzen.
Die Verneinung von Gesellschaft kann kein sinnvolles Gedankenmodell im Rahmen von Politik, die gerade das Miteinander zum Gegenstand hat, sein. Wenn der Liberalismus Gesellschaft anerkennen würde, müsste er im Selbstwiderspruch der gegeneinander gerichteten Freiheiten der Individuen als Modell implodieren.
In sofern ist Liberalismus logischer Schwachsinn, wenn man nicht darlegt, wessen Freiheit von oder für was, über wessen Freiheit von oder für was gewinnen soll. Denn dass dieser Gewinn de facto stattfindet und stattfinden muss, darüber sind wir hoffentlich einer Meinung.
Es gibt eine Priorität von Leuten und Priorität von Dingen, die man tun kann und die einem nicht angetan werden. Und gerade diese Prioritätenliste ist der springende Punkt, die der Liberalismus offiziell verneint.
De facto (aber gerade nicht argumentiert) ist es eine Diktatur einer Elite über die Masse. In der Propaganda der Elite wird das aber zu einer egalitären Gesellschaft umetikettiert.
April 12th, 2015 at 18:12
@osch@d: Ich habe doch gleich gesagt, dass das Thema zu groß gewählt ist. Du beziehst dich ausschließlich auf eine bestimmte Strömung des Liberalismus, bei der zwar die Freiheit des Individuums gepriesen wird, aber der Gleichheitsgedanke nicht vorkommt.
p.s.: Das hier ist wenigstens greifbar: Was könnte die GroKo heute mal verbieten?
April 12th, 2015 at 19:25
@R@iner: Falsch. Es gibt im Liberalismus verschiedene Prioritätenlisten – de facto, nicht aus der Theorie. Allen gemeinsam ist, dass diese nicht begründbar aus dem Liberalismus sind. Man kann jede Menge an Gründen für diese jeweiligen Listen finden, aber “liberal” trägt da als Kategorie nichts bei.
Wenn jeder unter “liberal” eine beliebige Liste an Regeln ableiten kann, ist das keine Kategorie mehr.
Statt liberal könnte man auch sagen, man wäre für Politik.
De facto hat stimmt das nicht, de facto geht es um die Diktatur einer Elite. Aber wenn man theoretisch keinen offensichtlichen Angriffspunkt bietet, wie der Liberalismus, kann man seine Herrschaftsstrukuren leichter unters Volk bringen.
D.h. streng zu unterscheiden ist die sinnleere Theorie, wo jeder Affe erstmal hirnleer nicken kann und die de facto Diktatur, die dies als Verschleierung nutzt.
April 12th, 2015 at 19:31
@osch@d: Du hast schon bedacht, dass Anarchos sich auch als Libertäre bezeichnen? Und selbst dort gibt es mehrere Richtungen (Kleiner Leitfaden zur Geschichte und den Inhalten des Anarchismus).
Ich weiß überhaupt nicht, in welche Richtung Du nun argumentierst.
Sollte deine These ein von dir entwickeltes Elaboarat darstellen, dann solltest Du schon erklären, was Du meinst oder auf was Du dich beziehst.
Mein Vorschlag: Wir lassen es, denn unter 1000 Seiten wird das nix, wie ich befürchte.
p.s.: Ludwig von Mises ist übrigens der Meinung, dass man durchaus auch Druck ausüben sollte, wenn die Leute nicht spuren. Ich bin da anderer Meinung und auch anders gestrickt. Aber selbst diese Diskussion führt zu einer über Menschenbilder, welche als Grundlage von Gesellschaftsordnungen dienen. So etwas finde ich dann komplett scheiße.
April 12th, 2015 at 20:08
@R@iner: Freiheiten definieren sich in einer Beziehung aus mind. 2 Parteien. Zu sagen, dass man liberal sei, gesteht jetzt welcher der 2 Parteien welches Recht in welcher Situation zu?
Aus dem Sozialismus könnte ich ableiten, dass die Werte einer Gesellschaft geteilt werden (Produktion, Kultur, Bildung).
Was sollte die liberale Konsequenz sein? Darf ich dem anderen was wegnehmen? Ihn erpressen? Ausbeuten? Seine Kinder systematisch verblöden und ihn gesundheitlich ruinieren oder ihn verhungern lassen? Wer von beiden darf das oder genau nicht, weil es liberal zugehen soll?
April 12th, 2015 at 21:28
@osch@d: Du redest immer noch ausschließlich vom herbeifantasierten Endzustand eines Anarcho-Kapitalismus, der sich an kein Rechtssystem hält und ausschließlich die Kräfte des Stärkeren belohnt. In dem Fall halte ich mich lieber an den aufgeklärten Absolutismus. Zudem unterstellst Du, dass es einen kapitalistischen Überbau gibt, unter dessen Regeln alles funktioniert. Ich würde das getrennt betrachten bzw. herausarbeiten, was in der Kombination keinen Sinn ergibt, also keine Daseinsberechtigung im Sinne gestellter Anforderungen an vereinbarte Ziele hat.
Liberal bedeutet nicht einfach liberal … Es ist nur ein Aspekt im Ringen der Kräfte.
April 12th, 2015 at 22:58
Ich habe deshalb auf (Freiheit von) Staat fokussiert. ‘Liberale’ gleich welcher Art eint eben, dass sie den autoritären Staat ablehnen. Wenn sich der elitär-libertäre Flügel also der Staatskrake nicht entgegenstellt, steht das im Widerspruch zu seinen durchaus theoretisch gemeinten Grundsätzen.
Ob das wirklich eine Theorie ist oder nicht, muss ich an der Stelle gar nicht diskutieren.
April 13th, 2015 at 06:30
Die Haltung zum Staat ist in jeder Richtung total widersprüchlich, denn die meisten Liberalen wollen, dass der Staat den Pöbel physisch unterdrückt. Zudem wollen sie, dass der Staat die Umverteilung von arm zu reich organisieren hilft. Das alles de facto. D.h. die Prioritätsliste ist de facto klar vorhanden und sie prägt ein Herrschaftssystem der Wenigen über die Vielen aus, gerade mit Hilfe des Staates – nur steht das nirgendwo. Im Gegenteil, es wird der Eindruck einer egalitären Konzeption immer wieder versucht zu erwecken.
Wenn Liberale über den Staat lästern, meinen sie ja nur den Teil des Staates, der ihnen persönlich wenig nützt.Sie wollen dieses Herrschaftsinstrument total auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Wenn heute Deutschland mit Erpressung und Nötigung die EU regiert, dann klatscht das liberale Volk Beifall zusammen mit dem nationalistischem Mob.
Liberale sind die besseren Anwälte, täuschen und tarnen ihre eigentlichen Ziele sehr geschickt in einem Neusprech.
April 13th, 2015 at 10:48
Im Prinzip richtig, aber was der Staat mit seinen Diensten da gerade veranstaltet, ist die Sicherung von Monopolen und nicht mehr die von Handel und Kapital. Der Pöbel, das können schon bald einfache Millionäre sein.
April 13th, 2015 at 12:26
Das fiel mir auch zu deiner #28 (Der Klassenkampf zerreißt hier sogar das Kapital) noch ein: es ist weniger der Klassenkampf als die Tatsache, dass ‘das Kapital’ sich zunehmend aufsplittert, dass immer mehr Kapitalfraktionen entstehen. Vielleicht ist doch auch in diesem Sinne das Kapital tatsächlich der ‘Totengräber des Kapitals’ – und eben nicht das Proletariat.
April 13th, 2015 at 12:35
Einzelkapitale in dauernder Konkurrenz zueinander können genau wie viele Fraktionen mehr bilden als sie eh sind?
April 13th, 2015 at 12:57
Die Frage ist, wie viele sie weniger bilden können. Wenn jede Basis für Koalitionen zerstört wird und das Survival of the Fittest nur noch wenige übrig lässt, die ob ihrer Größe überleben, gibt es keine Fraktionen mehr. Dann ist der Staat eben Diener der Monopole und nicht mehr des komplexen Systems.
April 13th, 2015 at 13:32
Vielleicht gucke ich ja zu ‘komplex’, aber was ist an diesen ‘übriggebliebenen Monopolen’ dann nicht System?
Daß die so was wie staatenlos sind, also keinen Nationalstaat mehr bräuchten?
Mal ehrlich, macht es für Dich tatsächlich einen Unterschied, ob Staat ein Kapital oder viele Kapitale schützt – ich mein, Du und ich sind das doch so oder so nicht @flatter.
April 13th, 2015 at 13:49
Und weil wir nicht geschützt werden, ist es wurscht, was dieser Staat macht oder wer sich gegen diesen Staat wendet? Ich spreche hier vom Marsch in den Faschismus, der u.a. darauf angewiesen ist, dass Kleinkapitalistem diesen Staat nicht entgegentreten in der irrigen Ansicht, er nützte ihnen noch und frage mich, wieso sie nicht merken, dass das Gegenteil der Fall ist.
p.s.: Der Witz an der Sache ist ja, dass sie offiziell eh immer gegen Staat waren, aber selbst dann nicht den Arsch hochkriegen, wenn dieser Staat sie sprichwörtlich in Ketten legt.
April 13th, 2015 at 14:30
@Wat. – Klar, dass Einzelkpaitale letztlich alle gegeneinander konkurrieren. Auf der Ebene, auf der der Staat agiert, gibt – oder eben gab – es aber auch immer ein ‘gesamtkapitalistisches’ Interesse, ein ‘Klasseninteresse des Kapitals’, was zB den Umgang mit dem Faktor ‘Arbeit’ betrifft. Natürlich konnten sich in Einzelfragen auch dort schon immer Fraktionen finden lassen, zB binnenmarktorientierte vs exportorientierte Kapitale. Aber es überwog immer noch das Gemeinsame, und von einem ‘Krieg aller gegen alle Kapitale’ konnte auf dieser Ebene keine Rede sein.
April 13th, 2015 at 16:08
Gar nicht mal off topic und `für wens´ interessiert: “… nur die Straßenbahn rasselt vorbei. Das Leben geht seinen tristen und monotonen Gang.”