Was nicht passt, wird verboten
Posted by flatter under best of , staat[25] Comments
10. Jan 2014 16:41
Es ist ein merkwürdiges Verständnis von Demokratie, wenn Bürger die Obrigkeit bitten, wo sie selbst doch angeblich der Souverän sind. Eine Bitte nämlich ist eine “Petition”, wortwörtlich. Im Grunde war der Gedanke des Petitionsausschusses darüber hinaus der, dass dem Gesetzgeber Lücken in den Regelwerken aufgezeigt werden sollten. Es gibt immer wieder nicht beabsichtigte Nebenwirkungen von Gesetzen, deren Einfluss aus ihrer Logik heraus oft über den Bereich hinausgeht, für den sie verfasst wurden.
Es war niemals daran gedacht worden, Petitionen zu einer Art Plebiszit zu machen. Schon gar nicht ist dieser Weg dazu geeignet, Verbote zu installieren. Spätestens wenn eine solch absurde Auslegung der ohnehin fragwürdigen Bittstellerei ein Publikumserfolg wird, ist das Verfahren als solches zu hinterfragen.
Null Toleranz
Zunächst will ich aber einen Bogen schlagen, um das Phänomen des Rigorismus zu streifen, das dem Konservativismus extrem nahe ist und schwarz-grünen Dystopien den Boden zu bereiten droht. In Baden-Württemberg, wo eine Grünen-Regierung den Begriff ‘konservativ’ neu beleben darf, finden sich offenbar viele begeisterte Anhänger des Null-Toleranz-Dogmas. Man kann alles verbieten und verfolgen, da sind sich die Eindimensionalen von Grün bis Braun völlig einig. Was nicht passt, wird abgeschafft.
Der Terror moralisierender Arroganz, schon immer bekannt als klerikaler Herrschaftsanspruch mitsamt seiner gepflegten Phobien fühlt sich ermutigt durch moderne Nulltoleranz zum Beispiel gegen das Ungesunde. Rauchen in der Öffentlichkeit ist ebenso bedingungslos verboten wie Alkoholkonsum, wo es den kommunalen Potentaten so gefällt. Platzverweise sind an der Tagesordnung. Es kann gar nicht genug Vorschriften und Einschränkungen geben, wenn erst der Hut überm Stock hängt und die Auserwählten festgelegt haben, was richtig ist und was falsch.
Freiheit wird am Hindukusch verteidigt, da ist daheim nicht mehr so viel übrig. Andere Lebensentwürfe, einmal als falsch erkannt, werden ausgemerzt. Dem Verbot folgt die Strafe unmittelbar, denn sonst wirkt es nicht. Da sind sie sich völlig einig: Wer zuwiderhandelt, muss bestraft werden, geächtet, diskriminiert. Es herrscht der Befehl der örtlichen Mehrheit, und sei sie nur empfunden. Toleranz, die Kunst, andere anders leben zu lassen, kennt der militante Aktivist nicht. Er allein weiß, was gesund ist, was deutsch oder links, und das Andere sucht er zu vernichten.
Empört euch!
Dabei hilft es ihm erheblich, wenn er die Empörung hinter sich weiß. Manche kapieren das nicht und manövrieren sich dadurch stets ins Aus, andere wissen das für sich zu nutzen. Wen soll es also wundern, wenn homophobe Primaten problemlos das Quorum einer verfassungswidrigen Petition erfüllen, während Millionen Unterdrückte Hartzer sich nicht drum scheren? Die voll faschismuskompatiblen Kleingeister werden sich nie mit Toleranz abfinden. Wenn also einer daherkommt und das richtige Plakat malt, marschieren sie los.
Etwas anderes haben sie nicht gelernt, die Radfahrer aller Ideologien, nicht in diesem Land und nicht in der marktkonformen Demokratie®. Hätten sie sich untereinander einigen müssen, miteinander reden, die Grenzen ihrer Geduld austarieren, sie wüssten, wieviel Toleranz es braucht, um miteinander zu leben. Sie hätten gelernt, dass und wie man sich streitet, sich einigt oder nicht, sich zusammentut oder auseinander geht.
Stattdessen gilt es als ‘Demokratie’, aus einem Pool sozial geklonter Funktionäre ein paar abzunicken, die dann eine Obrigkeit bilden. Toleranz wird schlimmstenfalls per Gesetz festgelegt. Wem die zu weit geht, der bittet die Obrigkeit um Korrektur. Nichts gegen Homosexualität, auch nicht im Spitzensport. Aber wir lassen unsere Kinder nicht zu Schwulen erziehen. Da hört die Toleranz auf und der Volkszorn beginnt.
Januar 10th, 2014 at 22:20
Und alles was erlaubt ist, ist per Definition gelebte Freiheit.
Januar 10th, 2014 at 23:54
Sei so gut und lebe die Freiheit, bei einem Nick zu bleiben. Danke.
Januar 11th, 2014 at 01:22
Einen Systemwechsel? Für/Mit Bürger Blöd?
Vergesst es!
Januar 11th, 2014 at 01:59
Heard that before …
Januar 11th, 2014 at 02:33
es passt alles wieder so schön zusammen:
homophob? aber nicht doch.
Januar 11th, 2014 at 11:44
Etwas anderes haben sie nicht gelernt…
Haben sie nicht und woher sollten sie denn auch? Sozialisation läuft doch immer vollständiger über die massenhafte Vereinzelung der Massenmedien. Rollen werden immer weniger im ‘real life’ als vielmehr in der virtuellen Welt durch probeweise Identifikation mit Protagonisten oder auch Antagonisten ausprobiert und adaptiert. Soziale Interaktion besteht doch zunehmend nur noch aus den Stereotypen, die von den Genres und Klischees der Unterhaltungsindustrie vorgegeben werden.
Januar 11th, 2014 at 13:42
@DKT: wer derart hirnrissig-verquast ‘argumentiert’, tut seinen Gegnern doch durchaus einen Gefallen. Ich muss meine Strategie ändern ;-)
Januar 11th, 2014 at 14:38
@5 Ein Artikel ohne irgendeine Argumentationslinie, woher auch? Hier hat jemand indifferente Ängste/Aggressionen verspürt und auf ominöse Weise zu kanalisieren bedurft.
Und genau die gleiche Gefühlslage liegt dem von Flatter aufgegriffenen Demokratiepetting zu Grunde, nämlich die durch eine sich rapide verändernde Welt ausgelöste Verunsicherung, die zunehmend in Frage gestellt erscheinenden Normen des menschlichen Zusammenlebens, die Überforderung durch diffuse Informationsfluten, oder allgemeine Desorientierung, wie oben von Peinhart(@6) dargestellt, die geradezu verständlichen Wurzeln eines Konservatismus, der bedauerlicherweise seine Mehrheiten immer GEGEN etwas (meist irgendetwas) findet, denn, warum nicht mal den andauernden Bildschirm aus und miteinander reden, warum nicht mal aufhören mit Stress und Konkurrenz, warum nicht mal stattdessen ein ausuferndes heterosexuelles Straßenfest?
Oder alle zusammen? Mit Haustieren?
Inhaltlich finde ich die Auseinandersetzung mit dem Thema einfach nur albern.
Die Frankfurter Allgemeine hat hier offenbar den deutlich härteren Stock im Arsch.
Bildschirm aus.
Januar 11th, 2014 at 16:18
Allein unter Arschlöchern. Eine Gesellschaft, in der der Tod als Erlösung begriffen werden muss. Wenn man sich mal vor Augen hält, dass wir im 21. Jahrhundert leben, jedoch intoleranter, inhumaner, desozialisierter und denaturierter sind, als es die frühen Steinzeitpeoples waren … Armselig, was wir als “aufgeklärte” Pseudomenschen aufzubieten haben. Schlimm, ganz schlimm. Pervertierte Idiotenklone, mehr nicht. :(
Januar 11th, 2014 at 16:21
… richtig “frisch und fruchtig”, der Blog hier, nach der kurzen Entspannungspause des Initiators – gleich mal ein neues “Bookmark” setzen. :)
Januar 11th, 2014 at 16:57
Das Fremde will der Spießer weghaben, es eingehegt sehen von Gesetzen. Aber es ist schon erstaunlich, wie hoch die Wellen überall schlagen. Ich glaube auch, die Debatte über Homosexualität versperrt bislang eher den Blick auf dieses Problem, als das es so zu Tage treten könnte.
Der Konservatismus sagt der (gesellschaftlichen) Liberalität den Kampf an. Und die, die auf Freiheit pochen, verdammen den konservativen Lebensstil in Bausch und Bogen – und eben nicht nur dort, wo er sich aggressiv äußert. Was auch falsch verstandene Toleranz ist, meiner Meinung nach.
Januar 11th, 2014 at 17:04
OT? Wie wäre es mit einer Lösung, die weder Unterrichtszeit beansprucht noch Lehrkräfte-Ressourcen bindet, sondern den bzw. dem Aufenthalt auf Pausenhöfen sinnvoll nutzt? Zeit Online: „Von der Leyen wirbt für Aufklärungsdrohnen“ ;-)
Januar 11th, 2014 at 17:52
Ähm… Fuß auf Leitung … wovon genau redest du?
Januar 11th, 2014 at 17:56
Für mich greift @flatter damit das Thema Kooperationsfähigkeit auf. Wie kriegen wir sie (wieder)?…
Denn ist doch grotesk, alles was Menschen schaffen, schaff(t)en sie nur in Kooperation – ja – gerade heute, so komisch das klingen mag. Die vielen arbeitsteiigen Prozesse sind nur in dieser zu packen – und wir packen sie – sonst würde da nichts bei herauskommen. Kein Brot, kein Haus, kein Nichts.
Sich dessen bewußt zu werden, scheint das elementar wichtige mE, daß wir endlich mal erwachsen werden.
… nicht mehr als Mädchen nach dem großen Bruder rufen, als Kinder nicht immer nach Mama und Papa.
… und auch selbst nicht unbedingt Lehrer der Nation werden zu wolllen, so stelle ich mir erwachsensein und -werden vor.
(Umständlicher nenne ich das “Emanzipation”)
Wie kriegen wir also diesen kleinbürgerlichen Kindergarten in eine Versammlung von Erwachsenen – nein, ich sage bewußt nicht Hort der Erwachsenen.
… manche ‘Urteile’ hier im Thread klingen selbst nicht nach vollzogener ‘Volljährigkeit”
Januar 11th, 2014 at 19:10
“Debatte über Homosexualität, Debatte über Homosexualität …” – man muss mal wieder davon wegkommen, die Leute anhand ihrer Sexualitätzu definieren. Überhaupt, wen interessiert es, was die Leute in ihrem Bett machen? Doch nur die Leute, die selbst über kein Sexualleben verfügen. Akzeptanz bedeutet für mich, dass ich dem Anderen seine Privatsphäre zugestehe und mich nicht in die Angelegenheiten Fremder einmische, solange sie mich nicht tangieren/penetrieren – und es interessiert mich einen feuchten Kehricht, ob Willi mit Hans, Petra mit Carola, wie und wo, was machen. Soll jetzt bald jeder zur Begrüßung mitteilen, wann er das letzte mal den Puller gewaschen hat, oder wohin soll das führen, dass die Leute mit ihrem Sexualleben hausieren gehen?
Januar 11th, 2014 at 21:11
@ flatter, 13.: falls ich gemeint bin – von Scheinheiligkeit und Luftaufklärung mit Bienen und Blüten und Politi-„Kern“, d.h. nurmehr manipulierenden Abzieh-Bildern, die „sich“ einsetzen und mit Gefühlslagen operieren… A Verlade called „Bürgernähe“? „Aufklärungs“-Drohnen, ummenschliche Maschinen, die sich um ihre Schutzbefohlenen „kümmern“ und das Terrain klären, d.h. in die Irre führen, hier: „Miß Verständnis“, die uns für dumm verkauft.
Peter Hauk von der CDU könne die Ängste (welche?) dieser Menschen (welcher?) verstehen: „Wenn man diese Diskussion um Toleranz im Bildungsplan führt, muss man auch tolerant gegenüber denjenigen sein, die dort andere Auffassungen vertreten.“ „Im“ Bildungsplan geführte Diskussion? „Die“ „dort“ andere Auffassungen vertreten? Hauk, ich habe zwar gesprochen, aber wovon rede ich? Das „diese“ ist doch abwertend? „Dann“ ist auch Irrationalität zulässig?
Hans-Ulrich Rülke (FDP) legt nach: Für die FDP sei die Familie die wichtigste Lebensform. „Wir betrachten andere Lebensformen als tolerabel, aber nicht als gleichwertig.“ Die Konstellation Mann, Frau, Kind sei dabei die Lebensform, die dem Idealbild der Familie am nächsten komme. (Quelle: Stuttgarter Zeitung). Welchem oder wessen Idealbild? Nicht gleichwertig (= weniger wert?) als „tolerabel“ „betrachten“?
Januar 11th, 2014 at 21:23
Zeichen der Solidarität zwischen Türkei und Hamburg wäre ja ein Pinguin mit Klobürste ;-)
cu
renée
Januar 12th, 2014 at 01:12
“AfD-Landesparteitag in Hessen – Lucke vermisst von Hitzlsperger ein Bekenntnis zu Ehe und Familie”
Die Trolle gehen vor die Tür. Wer soll so eine Scheiße noch kommentieren?
Januar 12th, 2014 at 01:20
@fundmaul(16): Ah ja, danke.
Januar 12th, 2014 at 04:26
@fladda: wozu kommentieren? die zerlegen sich doch selbst & arbeiten auf ihre zukünftige partnerschaft mit der npd hin. den FAZ-”artikel” muss man ja auch nicht kommentieren ;)
Januar 12th, 2014 at 09:35
Gestern mal wieder Fernseh angemacht und prompt auf ein haifischartiges Ungeheuer gestossen, das aus einem Berg herausschoß, ein Menschlein verschlang und wieder in die Erde abtauchte. Ängste sind zentraler Treibstoff dieser Gesellschaft, Verbote sollen helfen, bewirken aber natürlich nur das Gegenteil und vergrößern den allgemeinen ‘Angstpool’. Gleich der nächste Sender aber bot mir schon eine Zuversicht und Geborgenheit spendende Gottesdienst-CD an… Hand in Hand wie eh.
Es gab dann aber doch tatsächlich noch die wirklich gute Dokumentation Erkennen und Verfolgen zum Verhältnis von Produktivität und Destruktivität (siehe auch Mediathek). Bilderkennung und Zielerfassung sind auch die Basis moderner Produktionsanlagen sowie neuer Produkte wie autonomer Autos. Man kann diese ‘Pionierfunktion’ des Militärischen ja bis in die Anfänge des Kapitalismus zurückverfolgen und die These aufstellen, dass der gepriesene technische Fortschritt von Anfang an, heute natürlich noch mehr denn je, sich nie wirklich aus dem privaten, sondern als ‘allgemeine Arbeit’ auch schon immer aus dem staatlichen Sektor entwickelte. Konsequent dargelegt ein ziemlicher Schlag gegen die ‘Erzählung’ vom Segen des Privateigentums. Soweit geht die Doku leider nicht, ist aber dennoch unbedingt sehenswert, nicht nur inhaltlich, sondern auch weil sie einen dem Denken Raum lassenden Stil pflegt, den ich schon für ausgestorben hielt.
Januar 12th, 2014 at 10:48
@flatter #18 – Günter Gaus meinte dazu einmal: “Das Maß an Freiheit lässt sich ablesen an der Zahl der Lippenbekenntnisse, die einer leisten muss, damit man ihn in Frieden lässt.” Immer noch lesenswert.
Januar 12th, 2014 at 12:29
Den Artikel kannte ich noch gar nicht. Großartig, danke dafür!
Januar 12th, 2014 at 18:16
Dafür nich. ;) Der ‘Freitag’ war mal richtig gut, als Gaus noch (Mit-) Herausgeber war. Ebenso die ‘Wochenzeitung’, ein ähnlich zustande gekommenes Projekt mit Greffrath als Chefredaktor. War einmal.
Aber die Doku ist auch wirklich gut…
Januar 13th, 2014 at 00:45
@14 Wat.
“Sich dessen bewußt zu werden, scheint das elementar wichtige mE, daß wir endlich mal erwachsen werden.
…
Wie kriegen wir also diesen kleinbürgerlichen Kindergarten in eine Versammlung von Erwachsenen …
… manche ‘Urteile’ hier im Thread klingen selbst nicht nach vollzogener ‘Volljährigkeit””
Sehe ich als eine wesentliche Voraussetzung, um überhaupt in Sachen “Systemänderung” voran zu kommen. Ja, es braucht einen “anderen Menschen”, aber nicht einen, der noch besser auf Kommando hustet, sondern einen, der selbstbewußt und mit Selbstvertrauen ausgestattet ist. Selbiges wird einem jedoch üblicherweise via “Sozialisation” möglichst frühzeitig ausgetrieben, sonst leidet die Verwertbarkeit darunter. Statt dessen wird frühzeitig eine reichliche Dosis Schuld- und Schamgefühle und diverse andere “Trigger” implantiert, auf dass Mensch möglichst manipulierbar wird. Daraus resultierende “Probleme” werden als Störungen und Krankheits”bilder” im Individuum verortet und haben natürlich überhaupt nichts mit der Gesellschaft zu tun. Die Psychiatrie-”Industrie” ist seit einiger Zeit dabei, immer neue “Störungsbilder” zu definieren und immer geringere Abweichungen von einer phantasierten “Norm” als krankhaft einzustufen.
Ich muss gestehen, mir fällt es schwer, das noch als rein zufällig zu betrachten. Vor allem, da sie es anscheinend ganz besonders auf “aufsässiges” Verhalten abgesehen haben. Da die wenigsten Menschen darüber Bescheid wissen können, werden sie sich brav den Empfehlungen irgendwelcher “Experten” unterordnen und ihre Kinder entsprechenden “Maßnahmen” zuführen. Gruselige Vorstellung.
Zurück zum Thema “erwachsenes Verhalten”, das verlangt aber auch, dass man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen oder sich um “Wissen” selber bemüht. Für viele erscheint das wahrscheinlich erst mal als etwas “Unbequemes”, mir erscheint allerdings auch diese Ablehnung als etwas Anerzogenes. Diese Haltung kann aber auch nur in einer konkurrenten Gesellschaft so gut gedeihen, wo solcherart “emanzipiertes” Verhalten sich oft nachteilig auswirkt.
Die Frage ist, durch was sich dieses Verhalten der großen Mehrheit verändern könnte. Viel fällt mir dazu nicht ein, außer der Versuch, durch eigenes Beispiel voranzugehen.
cu
renée