Der folgende Artikel wird euer Leben völlig verändern. Es gibt kein Zurück zum ‘Vorher’, also überlegt euch gut, ob ihr das wissen wollt! Was da auf euch zukommt, hat man noch vor wenigen Tagen für völlig unmöglich gehalten – nicht bloß aus ideologischen Gründen, sondern weil es schon physikalisch unmöglich zu sein schien. Eine solche Sensation ereignet sich nur einmal in vielen tausend Jahren, aber wir müssen dem ins Auge sehen. Es mag sein, dass sich Legenden als wahr erweisen. Menschen, die übers Wasser gehen, Feuer speiende Drachen oder Zauberkräfte sind ein müder Abklatsch gegen diese Nachricht. Lesen Sie jetzt bei Clickbaiter’s, wie Sie auch bald über sagenhafte magische Fähigkeiten verfügen!

Es gab in den letzten Wochen einige Diskussionen um Medienkompetenz, in deren Rahmen ich u.a. des Begriffs “Clickbaiting” gewahr wurde, den ich noch nicht kannte. Früher benannte man dergleichen mit dem ebenfalls schönen Deutschen Wort “Awareness” in diversen Kombinationen wie -hure oder -schleuder. Die Variante des Clickbaiting ist allerdings nicht nur weit verbreitet, sondern auch besonders nervig. Es reicht mir schon völlig aus, wenn ein Teaser, die kurze Einleitung zu einem Artikel, mir nicht mitteilt, worum es geht. Dann bin ich weg und komme nicht wieder.

+++EILT+++SENSATIONELL+++ACHTUNG+++LOSLOS AUFMACHEN!!!+++

Auch jene Teaser haben es mir schwer angetan, die mir absichtlich eine einfache Information vorenthalten. Man soll dann einen ganzen Artikel aufrufen, um etwas zu erfahren, das auch in drei Wörtern oder zwei Zahlen geht. “So sensationell gewann der FC Bla gegen den VfL Blub” etwa. Anstatt das Ergebnis mitzuteilen, wird der Quatsch aufgeblasen, man soll dann noch eine weitere Seite aufrufen und wird mit noch mehr Werbung beglückt. Das kann jeder, es funktioniert immer gleich und ist nichts als publizistischer Spam.

Natürlich gibt es ganze Domains, die nichts anderes machen, aber ich kenne auch kaum einen Medienverlag, der auf diese Beleidigung der Intelligenz seiner Kunden verzichtet. Es ist die nächste Attacke des Boulevards auf den Restjournalismus. Mich ätzen dabei schon Ankündigungen an, die mit Fragepronomen daherkommen: “Wie Sie …“, “Was er …“, “Warum wir…“. Anderes Beispiel; “So” oder “Darum”, Beispiele von heute: “Knigge 2.0 So leicht blamieren Sie sich am Handy“; “So kommt die Milch ohne Kleckern aus der Tüte“; “Darum haben Amerikaner mehr Kinder als Deutsche” (alle von stern.de).

Darum ist der Russe so brutal

Derart wird behauptet, es würden relevante Fragen beantwortet, tatsächlich aber hat sie niemand gestellt, die Antwort bleibt aus und der Sermon ist obendrein banal. Vor allem aber ist dieser Ankündigungsstil der Ersatz für eine Information, für die zu interessieren ich mich entscheiden könnte. Wenn ich eine Vorstellung davon habe, was mich erwartet, kann ich mir das anschauen oder nicht.

Das genau aber ist nicht gewollt, ebenso wenig wie Zustimmung oder Ablehnung im Rahmen einer kritischen Lektüre. Es wird vielmehr eine Belehrung angekündigt über eine scheinbar relevante Frage, und dann kommt heiße Luft. Wenn die Entmündigung schon im Auftakt stattfindet, hat das aber Folgen: Auf die Dauer wird der vorletzte Depp lernen, dass es sich nicht lohnt, so einen Stuss zu lesen. Zahlen wird dafür auch niemand mehr. Vermutlich ist dann wieder Google schuld.