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Die Ermächtigung sogenannter ‘Sicherheitsbehörden’, Geheimdienste, Militäreinheiten mit Sonderrechten, schlimmstenfalls Geheimpolizeien, mag ‘nur’ ein Symptom einer bestimmten Entwicklung sein, aber sie sind eines der schlimmsten und entfalten längst eine fatale Wirkung auf das, was nur noch zum Schein “Demokratie” genannt wird – wie Huxley das schon vor Jahrzehnten kommen sah. Einige Beispiele:

Es fand unter der Hand im ‘freien Westen’ eine Verschiebung der Rechtskultur statt, die das geltende Rechtssystem schlicht pervertiert hat. Während – pro forma – in der Strafjustiz offiziell noch die bürgerlichen Rechte gelten – Unschuldsvermutung, Öffentlichkeit und das Recht auf Verteidigung etwa, werden immer häufiger Verdächtige zu Feinden erklärt, die schlicht rechtlos sind. Es gibt keinen Prozess, keine Verteidigung, keine Öffentlichkeit, keine Kontrolle von außen. Dafür Folter, staatlich gesteuerten Mord und Verschleppung. Dies bedeutet nicht bloß eine Aushöhlung des Rechtsstaats, sondern die Vernichtung der Idee der Menschenrechte.

Die nämlich ist die Unteilbarkeit, die Erkenntniss, dass es nicht artfremde Wesen gibt – hier die Römer, dort die Barbaren, sondern nur Menschen. Dies wird durch die Einteilung in Freund und Feind exakt rückgängig gemacht. Damit sind wir kulturell wieder in der Antike gelandet. Es machen sich diese Verschiebungen hauptsächlich dort bemerkbar, wo der Widerstand gegen die Entrechtung Unschuldiger kleine Erfolge erzielen kann. Zum Beispiel, indem Menschen, die unter Terrorverdacht stehen und jederzeit willkürliche Repressalien erwarten müssen, von ihrem Status wenigstens erfahren dürfen – “möglicherweise“.

Staat im Staat

Es ist ein Aberwitz, dass solche Verbrecherregimes, die sich anmaßen, im Geheimen jenseits aller rechtsstaatlichen Prinzipien Menschen wie Vieh zu behandeln, überhaupt noch formal rechtliche Strukturen schaffen. Was soll ein Geheimgericht anderes sein als ein Tribunal von Verbrechern, die sich darauf einigen, wer als nächstes gequält oder ermordet wird? Das ist kein Gericht im modernen Sinne mehr. Es hat nichts zu tun mit Recht, sondern nur mehr mit der Organisation des Unrechts. Landet ein Vorgang, der den Diensten und ihrer mafiösen Struktur überantwortet war, einmal vor einem echten Gericht, zeigt sich sogleich die Verwerfung zwischen einer Rechtskultur und dem Willkürregime:

In einem Prozess, in dem es um die Zwangsernährung von Gefangenen geht, beruft sich der Geheimdienstmob auf die Gefahr, die von der Rechtsstaatlichkeit ausgeht, wenn man faire Prozesse führt. Das Argument: Jemand könnte erfahren, wie die Gefangenen von den Zellen zur Prozedur geführt werden. Jedwede Details ihrer Machenschaften öffentlich zu erwähnen, ist nach ihrem Verständnis ein Sicherheitsrisiko, das unbedingt zu verhindern ist – auf Kosten jeglicher bürgerlicher Rechte. Die abstrakte Sicherheit des Staates wiegt demnach noch im kleinsten Detail schwerer als die Grundlagen des Rechtsstaats. Es ist Krieg, und zwar zwischen Rechtsstaat und Sicherheitsdiensten.

Solche Dienste können es sich selbstredend nicht leisten, von irgendwem kontrolliert zu werden. Die Kontrollgremien erfahren nichts, und wenn sich jemand an etwas erinnern kann, hat er gerade keine Aussagegenehmigung. Der Staat im Staat schottet sich hermetisch ab gegen alles, was demokratischer Kontrolle nahekommt oder noch ethischen Prinzipien folgt. Es ist wie es schon immer war, da nehmen sich NSA, BND, Verfassungsschutz und Stasi nichts: Diese Banden können nur von außen bekämpft werden. Von den Bürgern, nicht vom Staat, in dem sie sich gebildet haben. Anders ausgedrückt: Wir müssen lernen, dass die Dienste recht haben. Die meisten von uns sind Terroristen.