Wenn man alt wird, spielt der Geburtstag keine so große Rolle mehr. Ich habe in meinen jungen Jahren, als und weil ich es mir nicht leisten konnte, jedes Jahr eine Flasche ordentlichen Champagner geschlürft. Albern. Wenn man merkt, dass das gar nicht kult ist und man eben nicht über Berge und Geröllhalden klettern muss, um an das edle Artefakt zu kommen, sondern es für dreißig Tacken im Supermarkt kriegt, verliert es seinen Witz.
Wenn ich ihn aber ganz vergesse, gar nicht merke, dass Feynsinn Jahrestag hat, dann lässt das doch tiefer blicken. Auf das Blog und das Jahr 2014. Letzteres bereichert mich um die unkuschelige Erfahrung, dass ein Kampf ums Überleben alles andere sehr sehr klein macht. Für das Blog hieß dies, dass es nach der Krise zur Jahreswende, die noch im Zeichen dieser Frage stand, nicht mehr wichtig war, ob und wieviel ich schreibe. Wenn ich dazu komme und die Muße habe, tue ich’s halt.
Um das Jahr rund zu machen, werde ich bald auch arbeitslos sein, was in meinem Alter einen langen Urlaub erwarten lässt. Als Erzieherin bin ich derart überqualifiziert, dass ich mich nur ohne Zeugnisse bewerben könnte; für alles andere bin ich zu alt. Blöd, denn der Halbtagsjob war prima, da ich dort sozialversichert war. Tja, man kann nicht alles haben.
On the Road
Ich will aber gar nicht jammern. Das Problemchen haben andere auch, und es gibt wie gesagt welche, gegen die das Ganze von weitem aussieht wie Ameisen. Zurück also zum Blog: Es wird auch zehn werden, ich will mir ja nicht Inkonsequenz nachsagen lassen, Weicheitum oder Schattenparkerei. Es finden auch hier und rundherum Trennungen statt. Wie ich neulich schon sagte, müsste ich die Blogroll rasieren, hätte ich dort nur noch Auftritte verzeichnet, die ich überzeugend finde. Ich versuche mit der Zeit tiefer zu graben und weiter zu denken, wo andere lieber mit dem Aufsitzmäher über ihren Englischen Rasen fahren und die Oberfläche polieren.
Wer die letzten Jahre nicht sediert zugebracht hat und immer noch glaubt, das System könne von innen reformiert werden, durch Wahlen und gute Argumente, muss einen Trick kennen, der mir verborgen bleibt. Appelle an Vernunft oder Autoritäten, Aufrufe an Politiker etwa – meint ihr das ernst? Nennen wir es “kognitive Selbstbeherrschung”, um friedlich zu bleiben oder übersetzen wir uns den Begriff “bürgerliches Subjekt” noch einmal wörtlich. Nicht mein Ding.
Es juckt mir ein wenig in den Fingern, Zeitgenossen beim Namen zu nennen, zumal solche, die sich einmal “linksliberal” nannten und inzwischen zu Trommelschlägern der NATO-Gehirnwaschanlange geworden sind. Lassen wir das. Ich weigere mich immer noch zu akzeptieren, dass das Sein das Bewusstsein derart bestimmen muss. Dass sich das wenigstens anders denken lässt, dafür schreibe ich hier.
September 28th, 2014 at 11:37
Glückwunsch zum Geblogstag. Über alles andere breite ich den Mantel des Schweigens, schon alleine deshalb, weil ich vor lauter Steuererklärung überhaupt keine Zeit für nix habe :(
September 28th, 2014 at 12:31
Danke.
Herzlichen Glückwunsch Feynsinn.org!
Ich mag es, wenn ich hier in alten Openern lese, daß sie sich nicht lesen, als hättest Du sie gerade geschrieben. Am ‘Aufhänger’ vielleicht noch zu vermuten, am Inhalt immer weniger.
Gefällt mir.
Es gibt Entwicklung.
Gibt es bei einigen Blog-Nachbarn auch… nur in eine andere Richtung.
Und einige sind eben ihre eigene (eher bockiger werdende) Wiederholschleife…
Krankenversichert dürftest Du ja noch ein Jahr sein, daß wir immer für unsere jeweilige weitere Verwertbarkeit kämpfen müssen, ist ein Hohn. Allerdings ein sehr lebensnotwendiger, einstweilen.
Ich brauche schon mit meinen Zeugnissen nirgends wirklich antreten, von wegen überüberüberqualifiziert.
Einmal habe ich es noch geschafft, den Fuß in die Tür zu kriegen – Service-Hotline – und frage mich keiner wie, sogar bis zur Entfristung (jetzt im 50. Lebensjahr) gebracht.
Traurig, wir könnten es so viel anders und möglicherweise einfacher haben, wenn wir uns auf uns gemeinsam besännen…
September 28th, 2014 at 16:26
Glückwuuuunsch :)
Und:
…….System könne von innen reformiert werden, durch Wahlen und gute Argumente, muss einen Trick kennen, der mir verborgen bleibt. Appelle an Vernunft oder Autoritäten, Aufrufe an Politiker etwa – meint ihr das ernst?…..
Nö.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt…..
September 28th, 2014 at 17:31
Glückwunsch auch von meiner Seite.
Eigentlich hauptsächlich einen Glückwunsch an uns Leser, dass du uns so lange erhalten geblieben bist (und hoffentlich weiterhin bleibst).
Und ansonsten schließe ich mich vollumfänglich Wat.s Kommentar an (mal abgesehen vom 50.sten Lebensjahr :P).
September 28th, 2014 at 17:34
Neun Hochs auf den Schöpfer, neun Hochs für die Schöpfung.
September 28th, 2014 at 17:35
Danke.
Für Gedanken, denken lassen, Erläutern und eine beeindruckend unverschwurbelt präzise Sprache… u.v.m.
[Merci auch für einen Mangel an Vielem, den ich mir anderswo oft wünsche.]
September 28th, 2014 at 18:04
@Stony
No des mit dem underschwurbelt underschreib i so bauschal net, so dyb´n wi mi, die einfach kschtrikt´n hoid, di denne´r si oft scho a bisserl schwer mit dem zeich, wos ihr do so schreibt´s, und an Duuden, oder wie des ding hoast, ob i a net.
Well wenn i mir so meine Spezl von der CSU oschaug… die schnall´n des net… wenns a nu so richdig is.
September 28th, 2014 at 18:58
@Brissante: Nun, es könnt’ auch deutlich
prätentiöserschlimmer sein. ;)Um etwas zu schnallen braucht’s die Bereitschaft eigene Vorurteile wenigstens zu hinterfragen; haben tut die eh jeder, geht gar nicht ohne, die Frage ist wie man damit umgeht.
Ob dein Hinweis (bei mir) fruchtet: schau mer mal, zumindest haste mich nachdenklich gemacht.
September 28th, 2014 at 19:01
Ich beglückwünsche mich lieber selber: Feynsinn bleibt!
*Jott_sei_dank*
Das Gelegentliche wird in ein Dauerhaftes gewandelt!
September 28th, 2014 at 19:21
“Wenn man merkt, dass das gar nicht kult ist und man eben nicht über Berge und Geröllhalden klettern muss, um an das edle Artefakt zu kommen, sondern es für dreißig Tacken im Supermarkt kriegt, verliert es seinen Witz.”
Ja. Der Witz ist, den Berg abgetragen zu haben um des Erreichens willen, sein Geröll aber dort aufgeschüttet ist, wo es das Erleben begräbt: “Conatus sese conservandi primum et unicum virtutis est fundamentum” (Spinoza)
Mit lateinischer Flaschenpost einen neunmal altklugen Gruß an die Bloggerfront!
ps. Mein Tipp: Gönn’ dir trotzdem ‘ne Jubiläumspulle ;)
September 28th, 2014 at 21:39
Yep, dir wenn sonst nix als Grund taugt, sollte dich das bischen Albernheit nicht weiter abhalten, dann gönn’ dir die Pulle. Glückwunsch auch!
Ich kannte mal einen der frühstückte sowas in seiner Jugend, weil er es seinem studentischen Dasein entsprechend für angemessen hielt. Später wechselte er zu knallharten, sündhaft teuren und hochprozentigen Sachen, gab hierfür aber als Zweck den Vollrausch an (ob der Frust übers Ausbleiben der Revolution der Grund war, kann ich freilich nicht sagen).
September 28th, 2014 at 21:42
Vom Duke für den Duke – Ein kleines Geburtstagsständchen > http://www.youtube.com/watch?v=YY5D5zv_G-8
Abwarten und Tee rauchen….. ;)
September 28th, 2014 at 22:16
Der reinplatzer hat bei klaus, aus der „Einbahnstraße“ zitierend, an Walter Benjamins todestag erinnert, woraufhin ich mal wieder in selbiger blätterte und las; da kamst du zum neunten bloggeburtstag mit der mich schmunzeln machenden (dann noch und wenn auch doppelsinnigen) zwischenüberschrift „On the Road“, wo ich diesen blog doch als `tankstelle´ betrachte und womit dann die überleitung zu folgendem, (für mich) zu deinem blog passenden zitat von eben Benjamin, verbunden mit den besten wünschen für dich, flatterFeynsinn, wohl einigermaßen gelungen wäre – naja:
TANKSTELLE
Die Konstruktion des Lebens liegt im Augenblick weit mehr in der Gewalt von Fakten als von Überzeugungen. Und zwar von solchen Fakten, wie sie zur Grundlage von Überzeugungen fast nie noch und nirgend geworden sind. Unter diesen Umständen kann wahre literarische Aktivität nicht beanspruchen, in literarischem Rahmen sich abzuspielen – vielmehr ist das der übliche Ausdruck ihrer Unfruchtbarkeit. Die bedeutende literarische Wirksamkeit kann nur in strengem Wechsel von Tun und Schreiben zustande kommen; sie muß die unscheinbaren Formen, die ihrem Einfluß in tätigen Gemeinschaften besser entsprechen als die anspruchsvolle universale Geste des Buches in Flugblättern, Broschüren, Zeitschriftartikeln und Plakaten ausbilden. Nur diese prompte Sprache zeigt sich dem Augenblick wirkend gewachsen. Meinungen sind für den Riesenapparat des gesellschaftlichen Lebens, was Ö1 für Maschinen; man stellt sich nicht vor eine Turbine und übergießt sie mit Maschinenöl. Man spritzt ein wenig davon in verborgene Nieten und Fugen, die man kennen muß.
„Ich weigere mich immer noch zu akzeptieren, dass das Sein das Bewusstsein derart bestimmen muss.“ – Da bist du wahrlich nicht allein; grabe tiefer, denke weiter (im doppelten wortsinn), schreib weiter, auf „dass sich das wenigstens anders denken lässt“, und weitere zu weiterem, anderem denken bewegt werden, wenn sie denn mehr oder weniger zufällig auf diese straße gelangen – und:
FÜR MÄNNER
Überzeugen ist unfruchtbar. (Benjamin)
Prösterchen
September 28th, 2014 at 23:23
Es muss doch nicht immer Champagner sein. Nächste Woche für 4,49 € bei Real im Angebot.
Für Süße gibt es auch den Milden. ;-)
September 28th, 2014 at 23:34
*schmunzel* warum wußte ich schon bevor ich auf den Link von @Manfred Peters ging, daß da jetzt was mit Rotkäppchen kommt.
Nee, ihren besonderen Reiz hat die Pulle für mich verloren oder ist mir entgangen, daß die Bude genossenschaftlich geführt wird?
Lokalpatriotismus?
Wozu und Warum.
Das eine ist genauso ‘kapitalistisches’ Gesöff, wie das andere – da bestimmen bei mir Geldbeutel und tatsächlicher Geschmack – und ehrlich: Nen richtiger Schampus und käme er noch von der Krim (sind eigentlich die 99 Jahre für die Lizenz schon um) ist mir lieber. Trinken tue ich die Rotkappe auch, keine Frage…
Arbeitsplätze sichern? Recht auf (Lohn-)Arbeit? – Nö, dem bin ich ‘entwachsen’, sorry.
September 28th, 2014 at 23:42
Ich bevorzuge auch kapitalisiertes tschechiches Bier;-)
September 28th, 2014 at 23:49
Geschmack entscheidet, ok, trainierte Geschmacksnerven auch…
Bei Muttern hat’s auch immer am besten geschmeckt, wie geht das eigentlich heute bei jungen Menschen, wenn Muttern nicht kochen konnte, gab’s da wenigstens ‘ne Omi…
… ok, – oder ‘nen Opi.
Gut’s Nächtle.
September 29th, 2014 at 00:09
Wieso schmeckt es immer nur bei muttern am besten, wo bleibt vattern? Also bei unseren kindern kochte der papa wg teilzeit und weniger oft die mama wg vollzeit – geschmeckt hats fast immer, mama, papa und den kindern, welche inzwischen auch ganz gern kochen.
Tschechisches bier, me too – ansonsten trinke ich für meinen verein – da habe ich doch glatt die frage der präferenz: Budweiser oder Pilsener oder egal oder gar noch was anderes – rein interessehalber?
September 29th, 2014 at 00:34
Wie sagte doch Dave Allen auf die Frage, was in seinem Glas sei – Rum? Wodka? Whisky? Tequila? – Ja!
September 29th, 2014 at 00:54
alkoholfrei – das ist nicht dein ernst.
September 29th, 2014 at 01:06
Becks. Und einen Cognac!
September 29th, 2014 at 07:34
Danke fürs Blog!
September 29th, 2014 at 08:01
Ich schließe mich verspätet aber herzlich den Glückwünschen an und wūnsche Dir Phantasie und gute Laune für weitere neun Jahre, selbst dann wenn jemand das System verbessert. :D ;)
September 29th, 2014 at 08:22
Na, auch Gratulation!!!
September 29th, 2014 at 09:42
Dass ich das noch erleben darf, “Wat.” macht Reklame für degenerierte Zarenbrause:
”Der Schaumwein wurde erstmals 1799 in Sudak und Aluschta auf der Halbinsel Krim erzeugt und exklusiv für den russischen Zarenhof in Sankt Petersburg hergestellt. Ende des 19. Jahrhunderts begann Fürst Lew Golizyn die Großproduktion auf seinem Weingut Nowi Swet bei Sudak und gründete für den russischen Zar Nikolaus II. im Jahre 1894 das Weingut Massandra.”
Über Geschmack sollte man nicht streiten! ;-)
September 29th, 2014 at 10:48
@Manfred Peters(25): Darfste :P
… zumal das Zeug ‘Ungeübte’ (zb. bei einem Empfang), anders als trockene Marken/Sorten, relativ schnell aus den Stiefeln hebt.
September 29th, 2014 at 11:21
Ich sehe: ihr seid in den wichtigen Belangen des Lebens jederzeit kompetente Diskutanten.
September 29th, 2014 at 11:34
Proscht :P
(Muß jetzt Lohnarbeiten)
September 30th, 2014 at 19:47
Aus der Rubrik “die Suchmaschine ist deine Wahrsagerin”: ‘na dann belass es auch dabei. ist bestimmt besser für alle und wenns nicht klappt ist es auch ok was will er damit sagen‘ kann man auch eingeben, um hierher zu finden.