Vorab, lieber Kollege: Ich setze mich unter gar keinen Druck. Schon gar nicht, wenn ich Briefe beantworte, die mir ja so viel Futter liefern, dass ich weder recherchieren muss noch dem Versuch erliege, witzig sein zu wollen. Ich bin einfach ein bisschen schneller, das ist ja auch kein Problem, aus meiner Sicht.
Ein wenig enttäuscht bin ich, dass du eher so gar nicht auf meine Kernargumente eingehst, was mich aber auch nicht wundert. Als ich schrub: “Widerlegt mir wenigstens den Bontrup”, war das doch ein faires Angebot, finde ich. Bei dem kann man mal ein Stündchen reinhören, und es können diverse Lämpchen zu leuchten beginnen, die bei vielen Linken gern eher dunkel bleiben. Wenn er zum Beispiel deutlich macht, dass Kapital, welches im Verhältnis von ca. 3:1 das Weltsozialprodukt überwiegt, nach Rendite strebt, ist es doch an euch zu erklären, wie das noch gehen soll. Als ich von “Marx” sprach und im Rahmen dessen, was ich “Analyse” nannte, wollte ich nicht über die Person sprechen, sondern über “Das Kapital”.
“Der Mann ist wie die Bibel.” ist daher auch ein Satz, den ich vermutlich nur wiederholen muss, um dir Schmerzen zu bereiten. Ist “Das Kapital” demnach wie die Evangelisten? Wo genau finde ich in der Bibel dann die Analyse des Teufelswerks? Schwamm drüber. Was ich oben ansprach, findest du bei Marx und in der Sekundärliteratur als das Problem des tendenziellen Falls der Profitrate. Diese These wurde kritisiert, was wiederum dazu führt, dass Leseschwache sie für widerlegt halten. Ein Blick in die Geschichte belehrt uns eines Besseren; Bontrup stößt uns mit dem Kopf mitten hinein. Die konkrete Ausformulierung (im “Kapital”) halte ich übrigens auch für optimierbar, das ändert aber absolut nichts daran, dass jedes kapitalistische System, in dem aus Geld mehr Geld werden muss, an die Grenze stößt, wo die Profitraten systemgefährdend schrumpfen.
Die nächste Runde
An dieser Grenze hört dann der ganze Spaß auf: Sozialleistungen, die Rechte der ‘Arbeitnehmer’, Löhne, von denen man leben kann, Gemeineigentum – kurzum: alles, was folgerichtig vom Neoliberalismus kassiert wurde. Die Alternative ist der Kollaps dieses Systems (oder theoretisch die entschiedene Abschaffung, was vermutlich auf dasselbe hinausläuft). Stellt euch endlich diesem Problem: Es gibt keinen Kapitalismus, keine “Marktwirtschaft”, die nicht an diese Grenze stößt. Es ist immer wieder in furchtbares Elend gemündet. Die technische Produktivität führt obendrein dazu, dass dieser Punkt selbst nach einem Reset immer schneller erreicht würde. Das ist übrigens schon lange der Stand der hiesigen Diskussion. Hier plant keiner eine Revolution, wir versuchen zu verstehen und Alternativen zu erörtern.
Womit dein Revolutionsproblem übrigens auch gelöst ist: Revolution interessiert mich nicht. ‘Reformen’ sind Hirngespinste. Daraus resultiert, dass das System eben kollabiert, weil es nur einen Weg kennt: vorwärts. Und ja, es kollabiert, wie schon so oft. Der Dritte Weltkrieg ist längst im Gange, siehe dazu auch meinen letzten Artikel. Das reiche Europa verelendet. Das Finanzsystem hetzt von einer Blase in die nächste, siehe dazu den kürzeren Vortrag von Bontrup. Ich kann nicht mehr so denken wie die ‘Reformer’, weil ich ein totes Pferd nicht reite. Sollte es eine Zeit nach diesem Irrsinn geben, verschwende ich keine Sekunde darauf, denselben Schwachsinn noch einmal zu probieren, nur diesmal gerecht, eine wirklich wahre soziale Marktwirtschaft® mit fairen Löhnen® und so. Ich kenne zwar nicht den Anfang der nächsten Folge aus dieser Serie, aber ich kenne ihr Ende.
Juli 8th, 2014 at 17:10
Also erstmal: Ja, find ich gut.
Ein Problem hätte ich da aber trotzdem, oder ich weiß noch nicht mal, ob es tatsächlich ein Problem ist:
»Revolution interessiert mich nicht. ‘Reformen’ sind Hirngespinste. Daraus resultiert, dass das System eben kollabiert, weil es nur einen Weg kennt: vorwärts.«
Auch da bin ich soweit einverstanden. Nur eine Frage schließt sich irgendwie daran an, vielleicht holt sie den Punkt einfach nur wieder ein, weil sie nicht beantwortet ist.
Was machen wir jetzt eigentlich so den lieben langen Tag?
a) bis das »Schweinesystem« kollabiert
b) wenn es kollabiert
c) wenn es kollabiert ist.
Frage c, ist vielleicht ein bischen unfair, weil doch sehr theoretisch und im schlechten Sinne akademisch, sie sei meinetwegen zurückgestellt. Aber die Frage a stellt sich mir doch sehr dringend, wenn ich Revolutionen mit gutem Grund doof finde und weiß das Reformen und der Weg durch die Institutionen auch irgendwie nicht das wahre sind, ich aber trotzdem das Bedürfnis verspüre, das himmelschreiende Elend nicht tatenlos und bequem von meinem Bett aus anzuschauen.
Frage b ist weniger akut, die Befürchtung wäre jedoch, dass wenn sie akut werden sollte, wenig Zeit zum Überlegen bleibt. Achso, es wäre auch ganz nett, ein paar Indikatoren zur Hand zu haben, wann b eintritt/eingetreten ist, um die Handlungsorientierungen auf angemessene Weise neu zu kalibrieren, nennen wir das vielleicht b2. Konkret fände ich in diesem Zusammenhang spannend sich zu fragen, woran wir merken, dass der Schein der Demokratie nur noch und ausschließlich Schein geworden ist, was ziemlich direkt wieder zu b führt.
(Irgendwie hab ich das Gefühl, mit diesem Kommentar (mal wieder) ein neues und eigenes Thema aufzumachen, hoffe das nervt nicht und wenn doch, bist du sicher fähig es wegzumoderieren; ein Wink und ich werde versuchen mich in Zukunft mehr zu beherrschen)
Juli 8th, 2014 at 17:12
Bisher kann man den Stand doch wohl so auf den Punkt bringen: Roberto will die Sklavenbedingungen verbessern, Erdmann die Sklaverei abschaffen. Und da bin ich ganz auf der Seite des hiesigen Hausherren.
Ich lese nicht jeden Text in diesem Blog, daher mag man mich gerne eines Besseren belehren, wenn ich Flatter vorwerfe, dass einer seiner eigenen Kreidestriche Marx selber ist. Wie wär’s mal mit “beyond Marx and money”? Wie wäre es mal, sich mit Schulden und Geld nicht nur aus dem Innenleben des Maschinenraums, sondern von einer Perspektive außerhalb zu beschäftigen. Ich finde, dass etwa David Graeber gute Ansätze dazu liefert.
Juli 8th, 2014 at 17:34
@rogerreloaded: b) tritt ja nicht mit einem Knall ein. Es ist im Gange. Je nach Wohnort und Intellekt merkst du es oder nicht. Es spielen noch verdammt viele mit und geben dem toten Gaul die Sporen, während die lebenden immer weniger werden, dafür immer größer. Okay, der eine oder andere Atompilz wäre eine deutlichere Variante.
Zur Demokratie: Ist da noch etwas außer Schein? Wo? Meine ich ernst.
Wir machen uns hier doch längst Gedanken, was geht und wie und unter welchen Umständen. Das ist aber sehr viel Schmalzarbeit mit meist sehr mageren Ergebnissen. Vielleicht sind uns die Kunden von Survivalshops ja doch ein paar Schritte voraus?
Juli 8th, 2014 at 17:40
@Mo: Mag sein. Die Analyse des Bestehenden ist sicherer als die Spekultaion über Alternativen. Letztere versuche ich hier durchaus anzustellen, allerdings nicht eben systematisch. Vielleicht habe ich dazu zu wenig Hoffnung.
Das Thema “Schulden und Geld” gibt es m.E. nur aus dem Maschinenraum. Außerhalb ist das Ganze ein Witz. Ich kenne Graeber nicht, aber ich hoffe, er ist nicht einer derer, die versuchen, das Phänomen ökonomischer Schulden psychologisch zu erklären, das halte ich nämlich für Unsinn.
Juli 8th, 2014 at 17:54
Wenn der Crash unvermeidlich ist, und niemand die Sklaverei abschaffen wird: Ist es dann nicht pragmatischer, entweder
- wie Robert sie erträglicher zu gestalten, oder
- mit ner Flasche Korn das tote Pferd zu reiten, solange es noch Spaß macht?
Neben das tote Pferd setzen und grübeln steht möglicherweise dem Herrn Erdmann, den meisten Kommentatoren hier aber nicht. :)
Juli 8th, 2014 at 17:57
Nein, ganz und gar nicht. Der Kerl ist Ethnologe und hat sich mit der kulturübergreifenden Geschichte der Schulden auseinandergesetzt. Guckst du hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/David_Graeber
https://en.wikipedia.org/wiki/Debt:_The_First_5000_Years
https://de.wikipedia.org/wiki/Schulden:_Die_ersten_5000_Jahre
Bei youtube: z.B. /watch?v=CZIINXhGDcs
Ich werfe dir auch überhaupt nicht vor, dass du nicht ausreichend über Alternativen spekulierst. Im Gegenteil finde ich das ehrlich, wenn man berücksicht, dass wir erstens über hunderte Jahre hinweg vergessen haben, wie man in Gemeinschaften ohne Schulden lebt, und zweitens die Welt so komplex ist (ok, fuffzig Cent ins Phrasenschwein), dass kein Mensch der Erde ohne “trial and error” und lediglich am Schreibtisch tragfähige Alternativen entwerfen kann.
Juli 8th, 2014 at 18:01
Du hast zweimal denselben Bontrup verlinkt ;o)
Juli 8th, 2014 at 18:18
Ja, gute Frage ob und wo da noch was geht. Ich trau mich noch nicht so richtig zu sagen, dass da nix mehr geht, weil dass wahrscheinlich den Handlungspielraum in Bereiche erweitert, die ich nicht sehen will. Als konkretes Beispiel wo noch etwas geht, könnte ich mir so spontan den Mindestlohn und den Atomausstieg vorstellen, ist zwar beides mager, mies umgesetzt und was weiß ich noch alles, aber ich hab den Eindruck, dass dort Sachen umgesetzt wurden, die schon recht lange “von unten” gefordert wurden. Auf Eu-Ebene könnte ich mir, kein Witz, das Verbot von Glühlampen vorstellen, wobei da jetzt nicht unbedingt ne Massenbewegung dahinter stand, die das auf parlamentarisch-demokratischem Weg umgesetzt hat, vielleicht ist das letzte Beispiel doch nicht so gut. Ich denk noch nen Augenblick darüber nach, wo im Parlament noch “was geht”.
Ja, das b nicht nochmal mit nem großen Knall kommt, ist ziemlich wahrscheinlich. Aber son NSA + Subprime Szenarion könnte dazu führen, dass Sachen stattfinden, die beschlossen sind, bevor wir gemerkt haben, dass sie überhaupt zur Debatte stehen, bzw. um die drei Leute die es gemerkt haben, haben sich ggf. die zuständigen Stellen gekümmert. Konkretes, wenn auch relativ harmloses Beispiel wäre vielleicht der Fiskalpakt: Austerity mit (quasi-)Verfassungsrang, und irgendwie wars schon beschlossen, bevor jemand den Text lesen konnte. NSA steht da mit rum, weil an solchen Orte Routinen geschaffen werden, die (noch) nicht ausgenutzt werden, wer kann sich schon Mutti Merkel oder Maaßen als fiese Autokraten vorstellen, aber die Mittel sind immernoch da, wenn ne neue Regierung an den Staat geht, und heiße sie auch Orban.
Das hier »schon« die(se) »richtigen« Fragen diskutiert werden, mag ich ja an diesem Ort, sonst würd ich nicht laufend wiederkommen.
Juli 8th, 2014 at 18:30
OT: Weil ich gerade darüber stolperte: Search WikiLeaks for All Public Snowden Documents und machtVZ visualisiert Verbindungen zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft
Juli 8th, 2014 at 18:30
@Mo
Graeber liefert leider keine “gute[n] Ansätze”, er beschreibt die Krisensituation und das systemische Geschehen als ein “Wir” (die Armen) gegen „Die“, die Reichen. Banker werden bei ihm affektiv aufgeladen zu den „Tätern“.
Graeber will das System nicht etwa überwinden sondern reformieren, er spricht z.B. von einem Schuldenerlass und bleibt dem Ganzen befangen, daher wohl auch die schwärmerischen Rezensionen in bürgerlichen Medien.
Juli 8th, 2014 at 18:48
Noch kurz etwas zu dieser Debatte, reformieren vs. abschaffen.
Ich denke, das große Problem dass viele Linke mit Marx haben, ist dass die theoretischen Begriffe (so auch bei De Lapuente und vereinzelt auf diesem Blog) sofort auf einen Praxisbezug heruntergebrochen werden. Was dann dabei herauskommt sind begriffslose (im politik-u. volkswirtschaftlichen Sinne) Annahmen, die nichts erklären können (so z.B. die Frage von De Lapuente wie denn so ein „Wechsel“ vorstellbar sei, wenn(!) das „System nicht reformierbar“ sei).
Dieses Verständnisproblem der marxschen Theorie lässt sich wie folgt erklären, die marxschen Begriffe und Kategorien sind empirisch eben NICHT dingfest zu machen, Kapital ist ein „gesellschaftliches Verhältnis“ (MEW 25, 822) und Mehrwert eben kein auf empirischer Ebene zu fassendes Realisationsereignis der kap. Einzel-Unternehmungen, sondern nur eine „Form des Profits“(ebd.), die auf gesamtgesellschaftlicher Ebene realisiert wird (gleiches gilt im Übrigen für „den tendenziellen Fall der Profitrate“, der nur eine emp. Erscheinung einer tiefer liegenden emprisch nicht fassbaren Problematik ist, dies würde an dieser Stelle aber den Rahmen sprengen).
Ebenso im akademischen Bereich (Empiriedenken) scheint dieses Problem immer wieder durch, die VWL z.B. hat bis heute keinen Krisenbegriff.
Juli 8th, 2014 at 19:30
Telepolis, Kapitalismus im Museum?
Juli 8th, 2014 at 19:35
Boris Gruschenko
Richtig, Graeber liefert in dem Buch über die Geschichte der Schulden keine Lösungsansätze. Das war allerdings auch explizit nicht sein Anliegen. Und die Ansätze, von denen ich sprach, bezogen sich auf die Perspektive.
Darüberhinaus wurde der Schuldenerlass gegenüber ärmeren Ländern von Graeber ebenfalls explizit nicht als Lösung, sondern als Akutmaßnahme gefordert.
Was ich mit meiner Bemerkung anregen wollte, war, sich “über Marx hinaus” einmal mit dem Thema Geld und Schulden zu beschäftigen. That’s all.
Juli 8th, 2014 at 19:50
Ich setze da gern noch einen drauf, auch wenn es eine Binse ist: Wenn man nicht grundsätzlich über Marx hinaus denkt, kann man ihn nicht verstehen. Marxisten zum Beispiel haben daher in der Regel ein Problem … :-P
Juli 8th, 2014 at 20:01
Zum Glück bin ich kein Marxist, puh… ;)
Juli 8th, 2014 at 20:09
Dacht’ ich’s mir doch!
Juli 8th, 2014 at 20:24
@Mo
Ich würde eher sagen, “mit Marx über Marx hinaus”!
Wenn wir einmal davon ausgehen, dass ein Schuldenerlass als Akutmaßnahme genau was bringen würde?
Das ganze Spiel würde wieder von vorne beginnen.
Geld als gesellschaftliche Abstraktion und Schulden als Systemerhaltungsmöglichkeit in einer spätkapitalistischen Gesellschaft haben hinsichtlich einer wie auch immer gearteten Perspektive keine Daseinsberechtigung in einer Theorie, die sich so etwas wie Emanzipation auf die Fahnen geschrieben hat.
Worin ich allerdings zustimmen würde was diese “Akutmaßnahme[n]“anbelangt, ist, dass so lange dieses System nicht überwunden/abgeschafft ist und nichts in Aussicht steht, dass keynesianische Maßnahmen denen der monetaristischen Variante vorzuziehen sind.
Juli 8th, 2014 at 20:30
@PremiumKommentator(5): Man kann das tote Pferd essen, ehe es vergammelt, statt Korn auch anderen Genussmitteln frönen und durch Kommunikation im Anschluss ans Grübeln einen Beitrag zu Fortschritt und Aufklärung leisten. Das gibt manchen so ein wohliges Gefühl.
Juli 8th, 2014 at 20:35
@Mo (6) [durch die Links ist der Kommentar in der Warteschleife gelandet]:
Beim ersten Überfliegen scheint das in die Richtung zu gehen, die ich immer wieder mal zwischen den Zeilen erwähne: Dass man durch regelmäßige Resets das Ganze am Laufen halten kann. Sehe ich aber wenig Sinn drin; es kann Zeit verschaffen, aber dazu dient ja schon der ganze Hokuspokus seit Reagan und Thatcher. Obendrein eben das Problem der technischen Produktivität, das die Prozesse extrem beschleunigt. Wäre ein recht paradoxes Konstrukt, aber tatsächlich noch besser als die Absurdität des bestehenden.
Juli 8th, 2014 at 21:03
“Über Marx hinausdenken” hört sich einleuchtend an. Das wird auch gerne von Marxisten so in die Diskussion geworfen.
Leider bleibt es dann weitgehend bei dieser Aufforderung! Mir fehlt da oft die inhaltliche Begründung.
Und so hat es den Anschein einer Rosinenpickerei. Jeder sucht sich das heraus, was zu seiner Argumentation passt.
Vielleicht auch deshalb, weil der “Marxismus” kein Thema der Öffentlichkeit mehr ist, sondern weitgehend in den akademischen Betrieb oder in Organisationen wie Gewerkschaften, Rosa Luxemburg Stiftung und in die Restbestände von Linken in den Parteien verbannt ist.
So macht das alles den Eindruck wie mit “Meschugge mit Marx”.
“Alles was ich weiss ist, dass ich kein Marxist bin” soll auf eine Äusserung von Marx zurückzuführen sein. Eine Anspielung auf junge Intellektuelle, die in linke Redaktionen strebten.
Juli 8th, 2014 at 21:27
@17, BorisGruschenko
Heute läuft doch Beides. Eine verzweifelte Mischung aus keynsianisch motivierten Massnahmen und monetären.
Bisher alles ohne sichtbare Erfolge. Auch wenn der Keynsianismus für sich in Anspruch nehmen will, einen sozialen Ausgleich zu schaffen, so besteht seine Intention doch wohl darin, eine Befriedung der Gesellschaft herbeizuführen, von Klassenkonflikten freizuhalten.
Und hier reiten einige Linke auf einem toten Gaul. Auch wenn sie den Reiter nicht immer direkt benennen, so bleibt das Ross der Staat, den man in die Pflicht nehmen will.
Nur der ist inzwischen auf diesem Ohr taub.
Juli 8th, 2014 at 21:46
Puh, wenn ich gewusst hätte, welche Reaktionen man mit der durchaus saloppen Aussage “über Marx hinaus denken” provozieren kann. :)
“Beim ersten Überfliegen scheint das in die Richtung zu gehen, die ich immer wieder mal zwischen den Zeilen erwähne: Dass man durch regelmäßige Resets das Ganze am Laufen halten kann.”
Wenn es so wäre, hätte ich es nicht empfohlen. Denn der Reduktion einer Lösung auf solche Resets stehe ich ebenfalls skeptisch gegenüber, wenngleich nicht gegenüber Resets an sich. Zugegebenermaßen weiß ich nicht, welche Alternativen Graeber genau vorschlagen will, auch wenn ich irgendwo gelesen habe, dass er eine Ökonomie des Schenkens favorisiert. Wie dem auch sei, ich habe ein paar Zähne bei der Lektüre von Graebers Geschichte der Schulden gezogen bekommen – und das ist immer schön. :)
Juli 8th, 2014 at 22:20
So, lange Lohnarbeiten hat doch einen Vorteil, ich muß nicht bis Nummer 10 warten, sind schon über 20 ‘durch’ :D
Ich behaupte mal: Reform und Reform ist ein Unterschied, kann ein Unterschied sein.
Die von oben in ‘weiser Voraussicht’ eingeführten, sind für mich was völlig anderes als die von unten geforderten und noch einmal was völlig anderes, als die ‘einfach’ von unten gemachten.
Hat einer eine Idee, was ich meinen könnte?
(Soll ganz bestimmt kein Test sein, eher ein Einwurf zu einer Diskussion, ob Reformen grundsätzlich abzulehnen sind – und ob sich da vielleicht sogar bei/mit Marx dazu was finden ließe)
Wo ist eigentlich @Peinhart.
Juli 8th, 2014 at 22:21
@22, Mo
Ich würde das jetzt nicht dramatisieren!
Solange ich lebe und soweit ich das zurückverfolgen kann, war die Absicht “über Marx hinaus denken” stets vorhanden und für die bürgerliche Gesellschaft nicht nur intellektuelles Vergnügen, sondern in gewissen Zeiten auch Notwendigkeit.
Auch wenn es anders erscheinen mag, über Marx sind die kapitalistisch verfassten Gesellschaften spätestens seit 1933 längst hinaus.
Das was jetzt mal wieder aufgekocht wird, auch in den bürgerlichen Feuilletons,ist der Krise geschuldet, dient aber wohl eher dem endgültigen Abgesang.
Das was Konjunktur hat sind die Rezepte à la Gesell usf..
Juli 8th, 2014 at 22:42
OT – @Troptard – nach nicht mal 30 min steht Brasilien 5 Tore hinten – hier ist die S… los.
(mal so ins Französische gerufen)
Juli 8th, 2014 at 22:54
@23, Wat
Natürlich sind für mich Reformen nicht grundsätzlich abzulehnen, sofern sie Erleichterungen für die Menschen mit sich bringen.
Wenn es allerdings darum geht, ob der Reformismus, der in seiner ursprünglichen Bedeutung zum Ziel hat, den Kapitalismus in eine andere Gesellschaft zu überführen, dann ist ihm das nicht gelungen und was ich unterstelle, dass er diese Absicht auch aufgegeben hat.
Sein Ziel beschränkt sich darauf, einen Kapitalismus mit “menschlichem Anlitz” oder einen “gezähmten Kapitalismus” herbeizuführen.
Bei diesem Versuch ist er für mich eindeutig gescheitert. Ich hatte bereits bei Roberto Delapuente darauf hingewiesen, dass eine abstrakte Behandlung dieses Themas inhaltsleer bleibt, sofern der Bezug zu einer historischen Betrachtung fehlt.
Und hier ist für mich 1989 ,die Wiedervereinigung, und das Scheitern des “Realexistierenden Sozialimus” ein wichtiger Fixpunkt.
Die Notwendigkeit von Reformen hat sich erledigt, Reformismus in seiner Bedeutung ist in sein Gegenteil verkehrt worden. Alle soziale Errungenschaften werden restlos erledigt.
Und ich habe noch nicht einmal Vertrauen darin, das die europäischen Gesellschaften soviel sozialen Widerstand aufbringen werden, um sich gegen ihre soziale Verelendung zu wehren.
Juli 8th, 2014 at 22:56
Tscha, das Südamerika der Anfang einer neuen sozialen Bewegung sein wird is Burk`s schon lange der Ansicht. Das ein Fußballspiel der Auslöser sein wird…selbst Marx tät jetzt mit den Augen rollen…
Juli 8th, 2014 at 23:01
@Troptard, ich war auch ‘drüben’ lesen, darum spreche ich ja von drei(!) nicht nur von zwei ‘Reformen’.
(Nee, sowenig ich direkt Reformismus mein(t)e, so wenig meinte ich was von wegen “drittem Weg”, der wird im Ergebnis mE nicht mal der erste, sorry.)
Juli 8th, 2014 at 23:02
@25, Wat
Ja meine Beste ist heruntergekommen und hat mich informiert:
“Du guckst nicht?” ¨”Nö Warum?”. “Es steht bereits 5:0,das ist doch sensationell!” “Für Wen ?” “Für Deutschland!”
Puh!
Juli 8th, 2014 at 23:05
Ich guck auch nicht, wozu – hab hier Liveberichterstattung quer Balkon, quer Straße… sag doch, hier ist die S… los.
Kannste nur entfliehen, wärest Du taub.
Ok, solln se ihren Spaß haben.
Ich nehm schon lange niemandem mehr das Spielzeug weg.
Juli 9th, 2014 at 00:45
Planet der Affen (Revolution) läuft auch wieder im Kino.
Juli 9th, 2014 at 00:51
@Flatter zu ” Marx und darüber hinaus”
Ich habe heute etwas Geniales von Erich Fromm zu “Marx”Gelesen:
Marx geht es nicht ausschließlich um eine ökonomische Veränderung.
In Wirklichkeit war die ökonomische Veränderung nur Mittel zu einem Zweck. Es ging Marx um die Befreiung des Menschen im Sinne des Humanismus. Wenn sie die Philosophie von Goethe nehmen und die von Marx, so finden sie erstaunliche Ähnlichkeiten. Marx steht ganz in der humanistischen Tradition und auch in der prophetischen Tradition Und wenn sie die reden eines der kühnsten und radikalsten Denke, Meister Eckharts lesen, dann werden sie, vl. zu ihrem Erstaunen- viele Ähnlichkeiten entdecken.” (AUs “Über die Liebe zum Leben S.126) Interview mit Schultz
Juli 9th, 2014 at 03:05
ein glück war das spiel heute, da hält sich das national-gegröhle die nacht in grenzen. ich hab gepennt, war auch schön (praktisch, kapitalistisch, umweltschädigend und aus elaste-plaste: 3M E-A-R classic, *echte* 30db-dämpfung).
@Katze.a.d.Sack: der läuft schon?!
Juli 9th, 2014 at 08:39
@ R@iner 12: Finde ich an und für sich interessant, aber ich bezweifle, dass der Ansatz (dabei kann ich allerdings nur von dem ausgehen, was im Artikel über das Museum berichtet wird) tatsächlich jemandem, der noch nicht schon alles weiß, die Funktionsweise des Kapitalismus näherbringen kann.
Das didaktische Problem wird im Artikel ja schon angesprochen. Kaum einer findet es interessant durch eine Ausstellung zu latschen und permanent ein Gartenhäuschen ans Ohr gelabert zu bekommen, bzw. Belehrungen zu lesen, die ja nicht spannender werden, weil sie an einer Wand statt in einem Buch stehen. Die “Interaktivität” hat leider in den meisten Fällen wenig mit dem Sachthema zu tun. Und so mag es spannender sein, wenn man eine Pumpe betätigen darf/muss um zu sehen, wie der Wirtschaftskreislauf funktioniert, aber inwieweit das jetzt speziell Wissen zum Kapitalismus (und noch gar eine evtl. kritische Einstellung) vermitteln kann, sehe ich nicht.
Ich habe leider schon zu oft in Museen beobachtet, dass Knöpfe gern gedrückt und andere Mechanismen gern betätigt werden, aber das Interesse an den dahinter “verborgenen” Informationen doch recht gering ausfällt (bei Erwachsenen im Übrigen genauso wie bei Kindern). Ich kann mir vorstellen, dass das daran liegt, dass die “Mechanismen”, die die Interaktivität eines Museums bezeugen sollen, fast nie etwas mit der zu vermittelnden Sache zu tun haben. Ich habe bisher wenig gelungene Beispiele für interaktive Wissensvermittlung in Museen (oder auch sonst) gesehen und diese haben ausschließlich naturwissenschaftliche/technische Zusammenhänge behandelt.
Museumspädagogik finde ich jedenfalls ziemlich interessant. Pädagogik/Didaktik überhaupt. Ich fürchte nur, dass man sich die Weisheiten der meisten Unis dazu sparen kann, nachdem die ganzen Knöpfchendrück-Pädagogen ja wohl genau daher kommen.
Juli 9th, 2014 at 10:17
@mo (2 & 6))
Graeber klingt schön … iss aber falsch – siehe z.B. U. Herrmann, Der Sieg des Kapitals S. 130.
@flatter (19)
Genauso isses!
Juli 9th, 2014 at 10:39
OT: Hey, nur die ersten zehn! Beiträge in der FAZ sind über schland. Für eine Fußballzeitschrift mager, oder?
Juli 9th, 2014 at 11:33
OT: Ha, meine Vermutung war (wahrscheinlich) richtig: Greenwald: There is second NSA leaker after Snowden
Juli 9th, 2014 at 11:41
Der Ball ist rund. Mehr muß man über diese Welt nicht wissen.
Juli 9th, 2014 at 11:47
…und ein Spiel dauert immer so 30-40 Jahre.
Juli 9th, 2014 at 12:02
@37: Es gibt, so wette ich, noch einige mehr, die meisten werden allerdings den weniger gefährlichen Weg gehen und ihre Daten an jemanden verkaufen, der selbst Grund hat zu schweigen.
Juli 9th, 2014 at 12:07
Vogel
Eine Person kann “falsch” sein? :) Hast du meine nachfolgenden Kommentare gelesen? Noch einmal eine triviale Anmerkung dazu, und dann soll’s das meinerseits gewesen sein. Die Beschreibung – in diesem Fall die Geschichte der Schulden – ist das Eine, mögliche Veränderungen – in diesem Falle Alternativen zu kapitalistischen Wirtschaftssystemen – das Andere. Weshalb ich an dieser Stelle Graeber angesprochen habe, ist die Tatsache, dass er im Gegensatz zu Marx auf eine reichhaltigere Kenntnis anderer Kulturen zurückgreifen kann – schlicht deshalb, weil zu Marx’ Zeit weniger wissenschaftlich verwertbare Berichte hierzu vorhanden waren.
Das Buch von Herrmann werde ich mir mal anschauen, danke für den Hinweis.
Juli 9th, 2014 at 12:13
@algore85 (32): Auch wenn es mir zuwieder ist, hier Marxinterpretationenen gegeneinander aufzuwiegen; in »Für Marx« nimmt Althusser diesen gegen seine Humanistischen Interpret*innen in Schutz, und dass für mich recht plausibel. Was nicht bedeutet, dass mensch nicht über Marx hinausdenken sollte, was auch immer das bedeutet. Für mich: Marx hat Diagnostik und Analyse gemacht, über Marx hinauszukommen, würde bedeuten, das von ihm Analysierte aufzuheben – nein, dass kann ich nicht in den selben Post wie Althusser schreiben – über Marx hinauszukommen würde bedeuten seine Analyse ungültig zu machen, in dem Sinn, dass z.B. die Warenform überwunden ist. Da er sich jedoch zu dem ein oder anderen problematischen Phänomen nicht geäußert hat, bleibt auch danach noch genug zu tun.
Juli 9th, 2014 at 12:53
@Mo (41)
Goldwaage zur Hand gehabt?? ;-)
flatter hat’s in #19 auf’n Punkt gebracht. Botschafter wie Graeber – gegen den ich als Person rein garnix gabe – verleiten zu ‘falschen’ – nicht wirklich tragenden – Ansätzen. Nicht zu letzt angesichts der Produktivitätsentwicklung, sondern prinzipiell, und der – wachsenden – technologischen Möglichkeiten funzioniert der ‘dann-drücken-wir-immer-wieder-den-Resetknopf-Ansatz’ (z. B. zyklische Schuldenerlasse) nicht. Letzteres folgt auch aus Graeber: Die immer wieder vorgenommenen Schuldenerlasse und Bodenumverteilungsmaßnahmen haben wohin geführt? Nach einem immer wiederkehrenden Heute! Das hätte David Graeber auch merken können und sich seine ‘falsche’ Botschaft verkneifen können.
Isses so klarer?
Juli 9th, 2014 at 14:09
Vogel
http://www.deutschlandfunk.de/die-entschuldung-und-erneuerung-der-gesellschaft.1184.de.html?dram:article_id=251361
Graeber: “Für mich wäre ein massiver Schuldenerlass der Reset-Knopf für die Gesellschaft. Man würde zugeben, ok, das Geld ist nicht das, was wir dachten, lasst uns noch mal von vorne beginnen, lasst uns nach neuen Ideen suchen.”
Graeber: “Und dann bleibt noch die Entscheidung, ob man den Leichnam noch einmal fünf Jahre künstlich am Leben erhalten, oder nach anderen Formen der ökonomischen Organisation suchen will. Das geht nur, wenn man anerkennt, dass heute das Geld ganz anders funktioniert. Diese Erkenntnis könnte man nutzen, um ein anderes Wirtschaftssystem zu schaffen, das allen ein besseres Leben ermöglichen würde.”
Auch wenn er “anderes Wirtschaftssystem” nicht genauer beschreibt, kann man ihm nach diesen Aussagen doch wohl kaum vorwerfen, dass er sich mit einem ‘dann-drücken-wir-immer-wieder-den-Resetknopf-Ansatz’ begnügt. Für ihn soll ein Reset nicht mehr und nicht weniger als ein Anfang von etwas Neuem sein. Andernfalls würde er das jetzige System keinen “Leichnam” nennen.
Aber wie gesagt, ich möchte die zwei Bereiche “Analyse” und “Lösung” an dieser Stelle nicht miteinander vermengen. Seine Analyse der Geschichte der Schulden war mir die Empfehlung wert. Über seine vagen Lösungsansätze kann man streiten. :)
Juli 9th, 2014 at 15:36
Z.B. der letzte Absatz dieses lesenswerten Textes von Graeber bietet imo die ‘Erklärung’, warum er nicht mit einem fertigen Plan für ein neues Wirtschaftssystem rüberkommen will/kann. Man sollte nicht vergessen, oder es sich erstmal klarmachen, was dieser Mann eigentlich ist – ein Anarchist. ;-)
Juli 9th, 2014 at 18:14
Graeber in a nutshell:
Wert: Am Anfang war nicht der Tausch, sondern das Geschenk. Und der Mensch schenkt, weil er Macht ausüben will. Macht ist also die Ursache der Werte.
Schulden: Wer sich verschuldet, versklavst sich. Wir leben also immer noch in einer Sklavengesellschaft.
Das Ganze lebt von der empirischen Grundlage. Graeber benutzt für seine Werttheorie seine ethnologischen Forschungen zu den nordamerikanischen Waldindianern, den Irokesen, siehe seine Diss. Theoretisch folgt er Mauss.
Juli 9th, 2014 at 18:25
@Mo (44) & Stony (45)
Ich habe Graeber anfangs auch mit Sympathie wahrgenommen, dann aber unter P abgelegt:
“Der Rückblick auf 5000 Jahre Schulden ist für Graeber eine einzige Geschichte der Unterdrückung und Ausbeutung.
Diese steile These lässt sich nur durchhalten, wenn man die fundamentalen realwirtschaftlichen Veränderungen in den vergangenen 250 Jahren ignoriert. [...] Genausowenig werden bei ihm der technische Fortschritt und die erhöhte Produktivität erwähnt, [...] Graeber bleibt gedanklich im antiken Mesopotamien stecken und will wie die Bibel ein “Erlassjahr” einführen. Dies ist seine einzige politische Forderung, ansonsten hat er keine.” (Fußnote 49: Graeber 2011, S 390. Um genau zu sein, will Graeber nur die internationalen Kredite und die Konsumkredite streichen.) (U. Herrmann, Der Sieg des Kapitals, S. 130)
Obwohl ich Texte von U. Herrmann stets mit Gewinn lese, will ich sie hier nicht zum Kronzeugen – außer in der ‘causa Graeber’ – aufrufen. Sie steht sicher auch auf der Seite der Kapitalismusreformer.
Es ist imho unerheblich, was Graeber sonst noch so an Schnipseln hinterlässt; sein Buch ist zur einer Art Bibel der Occupy-Bewegung geworden. Schade, klingt gut, bringt aber nix. Wiederholtes drücken des Resetbuttons – dann auch noch in immer kürzeren Abständen: Wo iss da die positive Entwicklung? Wohin?
Juli 9th, 2014 at 20:23
@Vogel
Das Problem habe ich mit Graeber auch.
“In sich handelt es sich um ein sehr ungeordnetes Buch. Es ist wie ein wilder Ritt durch die Weltgeschichte, durch Zeiten und Räume, durch Bevölkerungen und Gebräuche. Bewaffnet ist der Ethnologe mit einem Suchscheinwerfer, der primär einen einzigen Sachverhalt ausleuchten will: die Schulden.
Hier hat ein sehr kenntnisreicher Autor ein relativ erkenntnisarmes Buch geschrieben. Er kapriziert sich auf ein Thema, fokussiert es so stark und blendet alles andere aus. Nichts zu Fabrik und Büro, zu Geschlecht und Rasse; zu Alltag und Kulturindustrie, zu Arbeit und Hausarbeit. Nichts auch zum Kauf und den Geschäften, was wohl beim Thema Schulden und Kredit naheliegend gewesen wäre. Nichts zu Konkurrenz und Monopol. Auch keine expliziten Theorien des Geldes finden sich. Nichts zur Differenz privater und öffentlicher Schulden, nichts zur Definition von Schuldner und Gläubiger, nichts zur Psychologie und Psychosomatik von Schulden.”
http://www.streifzuege.org/2012/auswaelzung-der-schulden/print/
Dieses Machwerk überhaupt für Erklärungen heranzuziehen ist aberwitzig.
Juli 9th, 2014 at 20:54
Ach was soll das ganze Elend.
Hier ist Alles für 60 Öcken, so schlecht ist das nicht!
Wichtig wäre, man sollte es gelesen und verstanden haben. So einfach ist die Welt…;-)
Nebenbei, das wäre die einzige Edition für die ich selbst
als Vertreter mich abmühen würde…
Aber, bitte nix für ungut…
Juli 9th, 2014 at 22:38
@Carlo, naja, also Bd 23 – 25… häng den 26 noch dran, wirds “Kapital” ‘vollständiger’ und mit Bd 42 (Grundrisse) müßtest ‘Du Dir’ vielleicht nicht wie #32 von Erich Fromm was über Marx ‘erklären’ lassen und ein R. Kurz käme ‘Dir’ auch nicht mehr mit einem “esoterischen Marx”, odda so.
Juli 9th, 2014 at 22:54
@BorisG (48)
Holla, dess iss ja ‘ma ‘n Veriss erster Klasse. Danke für’s Link.
Juli 9th, 2014 at 23:07
Ich gehe viel weiter zurück als Graeber und vergleiche die Konstruktion des Kapitalismus mit dem eines nicht mehr existenten Raubsauriers. Warum gibt es den eigentlich nicht mehr? Weiss man da was darüber? Der war doch eine Zeit lang recht erfolgreich. Der letzte Stand des Wissens: Entweder der Makrokosmos (Meteoriteneinschlag) hat ihn geholt, oder er wurde vom Mikrokosmos (genetische Evolution) dahin gefegt.
Und so ist der tendenzielle Fall der Profitrate vielleicht auch nichts anderes, als der Wegfall der primären Nahrungsquelle. Allerdings sind es Menschen, die in diesem System verhungern. Aber das ist ja, angesichts des Welt-Wirtschaftssystems, auch nur folgerichtig. Es soll sogar einige Menschen geben, die das bedauern.
Die Tafeln daher auch, logischerweise, ein Bereich mit bombastischen Wachstumskurven in unseren Breiten.
Juli 9th, 2014 at 23:29
“dass jedes kapitalistische System, in dem aus Geld mehr Geld werden muss, an die Grenze stößt, wo die Profitraten systemgefährdend schrumpfen.”
– dieser Prozess setzt aber immer die Produktion von Mehrwert voraus und die Aneignung des Mehrwerts durch den Besitzer des Kapitals — Marx beschreibt es mit aus W-G-W wird dann G-W-G –> die Produktion von Waren bleibt aber die Notwendigkeit für die kapitalistische Produktion, der Zuwachs kommt nur durch die menschliche Arbeit
– für mich ist es immer wieder erstaunlich, dass er alles so komplex beschrieben hat, schon genial
– ich kann auch nur empfehlen, das Kapital zu lesen
Juli 10th, 2014 at 00:33
Wie alt ist dann der Roberto?
Es schadet ihm gewiss nicht mal alle 3 Bände von Marxens Kapital durchzulesen und auch zu verstehen. Hab ich mir auch angetan. War sogar ganz locker…Dafür sollte man schon etwas Lebenszeit einsetzen! Man verliert gar nichts dabei.
Trotzalledem schau ich mir den Bontrup immer wieder gerne mal an, und verlinke seine ausgesprochen gut gemachten Informationsveranstaltungen weiter.
Flatter fragt wer den denn widerlegt, nee den gibts nich, der muß erst noch aus der Stahlgießerei gebohren werden, weil die spürbare Wahrheit doch ein härterer Stoff als die geschriebene Illusion ist…;-)
Juli 10th, 2014 at 00:48
@ Carlo
Marx hat ja nichts weiter getan, als auf einem hohen Niveau der Abstraktion, ein allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation mit der Tendenz zunehmender Verelendung der armen Nachkommenschaften (Proletarier) zu formulieren. Wer das nicht liest und versteht, ist eh unfähig zu begreifen, was in seinem Lebensraum ‘Gesellschaft’ so alles für Mechanismen greifen. Mit anderen Worten: Für einige (meist die Betroffenen selbst) ist das nur Theorie, die mit der Praxis nichts zu tun hat. Zudem würde ich mich mit niemanden über den Inhalt eines Buches unterhalten, der es nicht auch selbst gelesen hat. Es gibt Mindestvoraussetzungen.
Juli 10th, 2014 at 01:06
@Katze,
stimmt, deswegen sagte ich ja das es dem Roberto nicht schaden würde, mal alle 3 Bände in Gelassenheit zu lesen. Der Bontrup bringt das alles direkt und schnell begreifbar, das versteht allerdings auch mein Nachbar.
Daher ändere ich nichts an meinem Verfahren, was gut verstanden wird, wird auch reichlich weitergegeben.
Einfach so!
Juli 10th, 2014 at 01:22
@ Carlo
Man wird mehr tun müssen, als nur das Handbuch der Maschine zu lesen. Zunächst einmal wird man verstehen müssen, und das kommt vor bzw. nach Marx, dass die ökonomischen Wissenschaften zu unterscheiden wissen: Einerseits zwischen einer Theorie der absoluten Verelendung, die von ständigem Absinken des Reallohns und des Lebensstandards der Arbeiter ausgeht und andererseits einer Theorie der relativen Verelendung, nach welcher der Einkommensunterschied zwischen Armen und Reichen immer weiter zunimmt. Von Praxis, oder gar Zusammenhang, geht da niemand aus.
Juli 10th, 2014 at 06:07
> Die Alternative ist der Kollaps dieses Systems
Nuja, da fehlt noch was: Das System mutiert zu einer direkten Plünderungsökonomie (was als “ursprünliche Akkumulation” dem Kapitalismus vorläufig war, dem eigentlichen K. zwar fremd, aber immer noch nebenläufig ist). Was eine historisch nie dagewesene Barbarei heißt.
Am Ende kann man den Arbeitern nix mehr wegnehmen (weil die schon enteignet sind), deshalb müssen sich die Kapitalien gegenseitig enteignen: Je ein Kapitalist schlägt viele tot.
Juli 10th, 2014 at 12:40
Jo, der Kollaps ist nicht Alternative, sondern Verlauf mit höchster Wahrscheinlichkeit. Und mit Potential, das sich freilich in alle erdenkliche Richtungen entfalten kann. Bislang erleben wir den Vorgeschmack auf seine abgründige Entfaltung.
Besseres gibt es nur unter dem Vorbehalt der Mehrheitseinsicht, weil sich andernfalls nur das Spielchen Unterdrücker-Unterdrückte fortsetzt; dazu braucht es auch nicht zwingend eine Geldwirtschaft, denn was Erpressung angeht, war die Menschheit schon immer besonders erfinderisch. Und empfänglich.
Einsicht bedeutet, das Spiel nicht mitzuspielen; auch eine Drohne ist nur Metallschrott, wenn der Befehlsempfänger den Joystick nicht bedienen will. Beispiele beliebig anreihbar …
Einsicht heißt Verweigerung. Verweigerung heißt Ausschluss. Ausschluss heißt Verzicht.
Verzicht auf Garantien, die sich zubewegen auf den freien Fall, ohnehin. Der freie Fall: zu dem haben sie uns geführt, die bürgerlichen Exklusivrechte, die Rechte anständiger Reihenhäusler und strebsamer Arbeitsmulis auf vorgekautes Familienunterhaltungsprogramm, werktags aus der Glotze und sonntags aus dem Teller in Schnitzel-Pommes-Fresstempeln.
Naja, Reformen … Wir schlagen uns weltweit die Schädel ein für SchniPo-Schranke, that’s the fact.
Juli 10th, 2014 at 12:57
@ Reinplatzer
Verzicht ist voll einfach. Mir jedenfalls fällt es leicht, auf etwas zu verzichten, das ich ja auch gar nicht erst haben will.
Juli 10th, 2014 at 13:22
@Katze, na dann ist ja gut, das niemand von uns irgendwelche Bedürfnisse hat (woher auch immer) zu denen es Waren gibt, die Versprechen, dass sie diese befriedigen. Ein dreifaches Hoch auf die Askese.
Juli 10th, 2014 at 13:45
@ rogerreloaded
Woher kommen diese Bedürfnisse? Doch nicht etwa aus der langen Weile heraus, oder?
Juli 10th, 2014 at 13:47
Was mir an diesen ganzen Diskussionen nicht gefällt und auch beim Bontrup so ist.
Die können sich die Welt nur als ständigen Gegensatz Aller gegen Alle vorstellen.
Immer Unternehmer gegen Lohnabhängige.
Der Staat natürlich als ständiges Korrektiv gedacht.
Der Staat mit den falschen Interessen, falschen Vertretern, falschen Parteien.
Immer Konkurrenz und Leistung. Was anderes ist nicht möglich.
Das ist bei dem neuen Superökonom Piketty auch so. Der fordert auch nur ein Korrektiv in Form einer weltweiten Vermögenssteuer. Dann hat der Staat endlich wieder Geld, was er an seine Bürger ausschütten kann. Zu der naiven Vorstellung von Staat sag ich mal besser nichts. Aber es bleibt: Den Gewinn an sich zu kritisieren, ist gar nicht Bestandteil seiner Gedankengänge. Ohne Gewinn geht ja bekanntlich die Welt unter. Habe sein Buch nicht gelesen und habe es auch nicht vor. Das ist nur das, was ich aus Interviews rauslese und nach dem Vortrag an der Wiener Arbeiterkammer mitbekommen habe.
Schlimm findet er das natürlich auch, weil es eben schlimm ist. Kapitalismus an sich ist aber nie das Problem.
Noch was zu Bontrup: Ich habe jetzt drei Vorträge von ihm gehört und jedesmal sagt er, es gäbe nur 4 Arten von Wertschöpfung (Löhne, Zinse, Mieten, Profite). Das stellt er als Fakt hin, unabänderlich. Das setzt aber auch erstmal voraus, dass die Menschen von dem getrennt sind, was sie bräuchten um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Also das Land muss erst einmal jemand anders gehören, dass dieser Mieten verlangen kann. Das wäre an sich ja kein Problem, nur ist da der Staat mit seinem Gewaltmonopol, der die Eigentumsverhältnisse durchsetzt. Und so entfaltet sich das ganze Elend der Welt.
Der Blogtitel ist schon ganz gut gewählt.
Juli 10th, 2014 at 13:52
@ Guest
“Kapitalismus an sich ist aber nie das Problem.” Vielleicht nicht, aber man hat ihn zu einem gemacht.
Juli 10th, 2014 at 14:01
@Katze woher diese Bedürfnisse kommen ist erstmal egal. Konkret sind im Moment selbstverständlich die meisten aus der Werbung oder der durch und durch kapitalistisch-eindimensionalen-Kultur(industrie). Die Einsicht, dass die meisten Bedürfnisse die wir so haben wahrscheinlich »falsch« sind, ändert nichts daran das wir sie haben und befriedigen wollen. Hinzu kommt noch, dass selbst wenn wir uns von unseren falschen Bedürfnissen befreit haben, wir immernoch Bedürfnisse haben werden, die mit Waren befriedigt werden könnten. Ist ja schön, dass du keine Bedürfnisse hast, die dich an diese Gesellschaft binden. Das soll bei anderen anders sein.
Hinzu kommt noch: Wollen wir wirklich, dass wir alle zu Bedürfnislosen Gesellschaftsveränderungsmaschinen werden müssen, als Voraussetzung dieser Veränderung? Wäre es nicht schön, wenn Veränderung von realen Menschen mit realen Bedürfnissen gemacht werden würde? Wenn sich die Veränderung sogar vielleicht noch an den realen Bedürfnissen realer Menschen orientieren würden?
(Kann sein, dass ich ein bisschen übers Ziel hinaus geschoßen bin, die aufgezählten Versprechungen finde ich auch nicht sonderlich attraktiv, aber andererseits fallen mir attraktive Waren ein, nach deren Gebrauch ich ein Bedürfnis verspüren würde (kennt ihr diese Tintenfischringe von Vantastic Food?).)
(Damit soll im übrigen nix gegen Verweigerung, Rebellion o.ä. gesagt sein)
Juli 10th, 2014 at 14:35
@ rogerreloaded
Wir sollten tatsächlich mal ergründen, was es mit diesen Bedürfnissen überhaupt jeweils so auf sich hat. Des Menschen Arme zum Beispiel sind in der Regel lang genug, um das eigene Genital selbst zu erreichen und den gewünschten Effekt auch selbst hervor zu rufen, also ohne fremde Hilfe. Das konnte ich übrigens schon, noch bevor ich darüber in Kenntnis gesetzt wurde, das es da ja sogar Unterschiede im Geschlechtsmerkmal gibt und man insgesamt mehr machen kann, als nur Spass zu haben und Wasser zu lassen.
Juli 10th, 2014 at 15:33
Die Absicht jeweiligen Sinn und Unsinn dieser (aller?) Bedürfnisse überhaupt zu gründen scheint mir zwar ehrenwert, doch recht ambitioniert (insb. im gegebenen Rahmen). Vielleicht ergründen wird erstmal das Bedürfnis, die Bedürfnisse zu ergründen, haben darin einen lösbaren Einstieg.
Mir scheint darin dass Bedürfnis zu liegen zwischen richtigen und falschen Bedürfnissen zu unterscheiden, was auf der einen Seite selbstverständlich seine Berechtigung hat, auf der anderern Seite recht flott unmittelbar autoritär wird. Um etwas auszuholen: Fruchtbarer scheinen mir da hedonistische Ansätze zu sein:
Ich habe in letzter Zeit öfter die Problemstellung gehört, in unserer spätmoderne sei die gute, alte immanente Kritik unmöglich geworden. Im ominösen früher habe man den Liberalismus kritisieren können, in dem man seine tatsächliche Einlösung einfordere, z.B. bei den Menschenrechten. Heute sei den herrschenden die Ideologie verloren gegangen, der Neoliberalismus habe keine Ideologie oder gar Utopie, deren Realisierung man ernsthaft fordern könnte (anekdotischer Beleg: Kann sich irgendjemand die Gesellschaftsutopie einer Angela Merkel vorstellen, oder sich überhaupt vorstellen, dass sie eine hat?). So weit, so mehr oder weniger plausibel, ist eigentlich auch recht gleich.
Denn eines der Versprechen, ist das auf Bedürfnissbefriedigung. Die Erzählung: der Kapitalismus sei so toll darin, Effizient Bedürfnisse zu befriedigen. Ist natürlich Schwachsinn. Kann mensch den ganzen Tag theoretisch widerlegen, interessiert keine*n, was Interesse weckt: es einfordern. Jetzt und sofort soll der tolle Kapitalismus die Bedürfnisse der Menschen befriedigen (woher auch immer diesen kommen). Wenn er das geschafft hat, können wir immernoch diskutieren, ob die Bedürfnisse sinnvoll sind und wo da noch mehr geht (Stichwort: repressive Entsublimierung). Aber da er nicht darauf ausgelegt ist, Bedürfnisse zu erfüllen, scheitert er quasi an seinem eigenen Versprechen; Hedonismus als immanente und praktische Kritik, die auch noch Spaß macht, gibt dann nämlich freibier für alle, die wollen.
Juli 10th, 2014 at 16:04
@ rogerreloaded
Die Grosskanzlerin wird sicher ihre Vorstellungen von einer utopischen Gesellschaft haben. Die würde ich ihr auch niemals nehmen. Für mich macht sie jedoch eher den Eindruck, als begnüge sie sich mit der Umsetzung einer fremden Agenda. Ständig unterwegs, der Not so fern, und dann kauen einem irgendwelche Mitesser ständig das Ohr ab. Was das aus einem Menschen macht, kann um uns herum bestaunt werden. Im Kleinen darf man staunen, im Grossen sich dann wundern. Klar wird es dann schnell so autoritär, dass man sich selbst schon im Gleichschritt marschieren sieht. Daher muss man immer wachsam bleiben.
Ich denken, auch genau aus dem Grunde treffen wir uns hier.
Juli 10th, 2014 at 18:44
@Guest #63
Piketty und Bontrup sind Ökonomen, alle kap. Kategorien wie z.B. Geld, Ware, Staat und Politik setzen sie zuallererst einmal blind voraus (ihrem akademischen Räsonnement geschuldet).
Gerade Piketty macht dies auch deutlich, indem er nicht etwa den Kapitalismus abschaffen oder überwinden will, sondern nur eine Vermögenssteuer einführen möchte und staatsinterventionistische Aktionen befürwortet. Insofern hast du vollkommen recht, dass bei ihm “Kapitalismus an sich [...] nie das Problem” ist. Piketty ist was für Leute die den Kapitalismus regulieren und reformieren wollen, überflüssig wie ein Kropf.
Bei Bontrup stellt sich das aber anders dar. Bontrup sind durchaus Verkürzungen vorzuwerfen, es sind „die Reichen“ die den Kapitalismus „steuern“, Kritik an Banken wäre nicht ausreichend (richtig, Kritik an Occupy), nein, ein Jeder müsse sich vor die Produktionsstätten von Unternehmen wie Siemens oder Audi stellen und dort gegen die „Ausbeutung“ „der Reichen“ protestieren.
Das ist natürlich einerseits arg verkürzte Kapitalismuskritik, andererseits für einen Wirtschaftswissenschaftler ein weiter Weg, überhaupt die Abschaffung des Kapitalismus zu fordern! Dass nun der Staat als “Korrektiv” gedacht wird und die “Ausbeutung” als “Unternehmer gegen Lohnabhängige” dargestellt wird stört mich persönlich erstmal nicht, denn dass was er dort vorträgt ist keine in sich geschlossene Theorie die alles auf Makroebene zu erklären versucht, will und kann er auch nicht.
Ich würde sagen, Zeit geben und abwarten wie weit er noch kommt, anstatt alles gleich zu verdammen.
Juli 10th, 2014 at 18:53
@ BorisGruschenko
Kreuzlahme kommen allein nicht weit. Ihnen ‘muss’ unter die Arme geholfen werden, sonst bleiben die zurück und wir kommen auch nicht viel weiter.
Juli 10th, 2014 at 20:21
>>> “Wenn er zum Beispiel deutlich macht, dass Kapital, welches im Verhältnis von ca. 3:1 das Weltsozialprodukt überwiegt, nach Rendite strebt, ist es doch an euch zu erklären, wie das noch gehen soll.”
Ich bin mir sicher, an diesem Punkt hören viele Überlegungen auf. Zu offensichtlich scheint, dass das nicht weiter gehen kann. Doch ist das tatsächlich der Fall?
Ich gebe zu bedenken, dass die 3 auf der Waagschale eine fiktive Größe ist, die jederzeit an veränderte Verhältnisse angepasst werden kann. Und spielt die 1 auf der Gegenseite, also das Weltsozialprodukt, im System überhaupt noch die ihm in der Rechnung zugewiesene Rolle?
Juli 10th, 2014 at 20:50
@ Bruchmüller
Es gibt ja viele Mythen und Legenden darüber, worin genau die zugewiesene Rolle besteht oder einmal bestand bzw. wohin sie weiter rollt/gerollt wird. Wahrscheinlich wird das auch einer der Gründe gewesen sein, das Marx damals schon etwas dazu aufgeschrieben hat.
Juli 10th, 2014 at 21:10
@Bruchmüller: Kann sie eben nicht. Es nützt nichts, den Exponenten zu erhöhen, wenn die Basis null ist. Die Basis, das ist der Mehrwert, vulgo “Wachstum”. Obendrein wird versucht, dieses durch Niedrigzinsen künstlich zu befeuern, das senkt auch noch den Exponenten.
Juli 10th, 2014 at 21:45
OT: Zum 80. Todestag von Erich Mühsam: Gǎi Dào Extrablatt Nr. 1
Juli 10th, 2014 at 22:23
So. Den Graeber habt ihr mE zu Recht niedergemacht. Ich möchte allerdings zu bedenken geben, dass sein Buch in jeder Bahnhofsbuchhandlung damals am Grabbeltisch lag. In den Bestsellerlisten kam es unter die ersten zehn.
Irgendetwas grundsätzliches scheint der Typ also richtig gemacht zu haben, damit ein Sachbuch über gesellschaftliche Themen von vielen Menschen gelesen wird.
Und kommt mir jetzt nicht mit wenn und aber; Schreibt lieber “Das Kapital” auf 400 Seiten in einer modernen Sprache neu.
Ich hab ja noch nicht alles gelesen, aber für einen intelligenten Menschen ist der olle Schinken eine echte Zumutung. Der hat Längen wie der “Zauberberg”. Manchmal könnte man fünf Seiten in einem einzigen Satz abhandeln. Und – wenn jemand Mathe kann – dann dürfen es hier und da auch ruhig 10 Seiten sein, die man verkürzt.
Juli 10th, 2014 at 22:46
@ R@iner
Als ich das Kapital das erste Mal in der Hand hatte, habe ich vergeblich das Glossar gesucht. Es liest sich ja auch, als wäre es codiert. Würde ich Wissen für Überflieger verbergen wollen, würde ich es vielleicht auch unter dicken Buchdeckeln in mehreren Bänden verpacken. In der Menge versteckt es sich bekanntlich am Besten.
Juli 10th, 2014 at 23:17
@flatter Nro. 73: Mathe is doch Scheisse…
Juli 10th, 2014 at 23:20
@ langlode44
Aber nicht, wenn es um die Division von 0 geht. Der Dreijährige den ich derzeit täglich betreue sucht immer noch den Finger, den er zählend mit 0 beginnt.
Juli 10th, 2014 at 23:23
@langlode44: Einspruch! Mathe ist Teil der Aufklärung. Ohne Mathe gäbe es keine Musik, keine Physik und überhaupt…
@Katze: Verleide es dem Kleinen nicht allzu sehr, denn irgendwann braucht jeder die Regel von L’Hospital.
Juli 10th, 2014 at 23:42
@atze Nro. 78: du warst das mit die kreuzlahmen, Montag bin ich wieder Frau Trulla überlegen, das mit der Geschwindigkeit…
Kinder, Zahlen, Rechnen, ich machs gern, is schwer den Zwergen dort ein Gefühl nahe zu bringen…
@R@iner Nro. 79: Bruchmüller, seinerzeit Snozin sollte es nicht schwer fallen da Zusammenhänge zu erkennen…
Ansonsten kann ich ne und is auch falsch alles auf Matheformeln runter zu brechen, denk mal da treffen wir uns…
Juli 10th, 2014 at 23:44
@langlode44: Ja klar, nicht alles ist Mathe. Aus vielen Gesprächen weiß ich aber, dass es bereits keinen Sinn für quadratische Abhängigkeiten gibt. Bei exponentiellen Funktionen verlässt uns die physische Wahrnehmung dann völlig.
Juli 10th, 2014 at 23:49
@ langlode44
Zählen ist relativ, noch relativer das Rechnen damit:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sexagesimalsystem
Das Zählen selbst hat viel Aussagekraft, wie da zu der Zeit jeweils Was gemacht wurde (Wirtschaft, Leben, Gesellschaft).
Juli 10th, 2014 at 23:53
@Boris #69
Zu Bontrup wollte ich schon in einem früheren Beitrag eine Kommentar ablassen, aber irgendwie fand ich seine Darlegungen ambivalent im Sinne einer Kritik. Ich bin aus seinen Vorträgen nicht schlau geworden, was er denn nun will. Denn die Darlegung der Situation ist ja schonmal korrekt, die Analyse stimmt. Ob er sich nun was anderes als Kapitalismus vorstellen kann, bzw. was anderes als Lohnarbeit hab ich noch nicht herausgefunden. Marx hat er ja offensichtlich gelesen.
Und dann verstehe ich nicht, wieso er nur das Neoliberale seit den 70er Jahren als Grundlage für die heutigen Probleme der Lohnabhängigen sieht. So jung ist der Marx nun nicht.
Ich werde mir wahrscheinlich einfach noch einige andere Sachen von ihm anhören müssen. Ich bin aber auch schon ein wenig vorgeschädigt durch die Leute von argudiss.de und an mir geht das volkswirtschaftliche Geplapper nicht mehr so vorüber, oder wird nicht mehr einfach so hingenommen. Das macht es schwer sich das noch anzuhören.
Juli 11th, 2014 at 00:12
@R@iner(75)
400 Seiten und moderne Sprache?
Nee.
Auf rund 450 das Original (ein-)gekürzt – gibt es ;)
Juli 11th, 2014 at 01:11
@Guest #83
Wenn das Hören zu mühsam scheint, obwohl gerade Bontrup ein begnadeter Redner ist und es ein Genuß ist, ihm zuzuhören, und da in solchen Vorträgen ja immer nur auf Zusammenhänge aufmerksam gemacht werden kann, wie wär’s mit Lesen? Wenn Du wirklich daran interessiert bist, seine Gedankengänge kennenzulernen, empfehle ich sein bisheriges Hauptwerk (650 S.):
Arbeit, Kapital und Staat, 4. verb. u. erw. Auflage, 2011, Papyrossa Verlag
Beim Lesen kann man ja auch besser nachdenken, sich Anmerkungen machen, in anderen Werken nachschlagen, Aussagen und Herleitungen vergleichen etc.pp.
Auch wenn man nicht mit allen seinen Analysen und Folgerungen übereinstimmt, als “volkswirtschaftliches Geplapper” kann man das nun gar nicht bezeichnen…
Juli 11th, 2014 at 13:34
Ach, ich weiß nicht, vielleicht ist der Graeber gar nicht so schlecht. Er braucht wahrscheinlich kein Fetisch-Kapitel, das wär doch was, oder. Wie soll das möglich sein?
1. Machtpraktiken sind konstitutiv für Gesellschaften, z.B. das Schenken. Graeber bringt viele Beispiele, die belegen sollen, dass Naturvölker Neuankömmlingen erst einmal ein Geschenk auf drängen, und wenn die es annehmen, tja zu spät.
2. Eskalation ist konstitutiv für Machtpraktiken, und so kommt es, dass sich die Leute gegenseitig übertreffen wollen. Graeber bringt auch dazu viele Beispiele, wie sich die ganz Harten in den Ruin schenken.
Für viele, die es mit Marx haben, ganz, ganz übel, weil es für sie ohne Fetisch nicht geht, denn das Kapitel glauben ja wirklich alle verstanden zu haben.
Juli 11th, 2014 at 14:48
Ähm, belebte Dinge? Magisches Denken? Das kommt bei Naturvölkern natürlich nicht vor, das ist der Gegenbeweis!!1!
Juli 12th, 2014 at 19:55
müsst ihr euren disput im internet austragen? könnt ihr nicht wie andre anständigen kerle das im ring austragen?ich würde bei diesem fight so gar kommen.
Juli 12th, 2014 at 20:01
Nee lass mal, ich bin immer so brutal …
Juli 19th, 2014 at 15:34
Zur marxistischen Aussage der in der Tendenz stetig fallenden Profitrate von Kapital kann man als Gegenbeweis anführen, dass gerade in den Krisen des Kapitalismus die Profitraten außerordentlich gestiegen sind. Krise bedeutet immer auch, dass groß Kasse gemacht wird.
Darüber hinaus bedeutet Kapitalismus funktionierend zunächst immer, dass es eine Kaufkraft gibt, deren Nachfrage zur Investition anregt. Aus dieser Perspektive hat Marx wiederum Recht, wenn er festhält, dass es gerade die Kapitalisten sind, welche den Kapitalismus bedrohen. Das konsequente Unterdrücken der Massennachfrage durch Lohnsenkungen und Steuervermeidung (Steuern ermöglichen es den Abgehängten sich ökonomisch zu beteiligen an der Gesellschaft) greift direkt und indirekt die Grundlage des Kapitalismus an. Marx war nicht ohne Grund “Fan” des Kapitalismus und erbitterter Gegner der Kapitalisten zugleich.
Juli 19th, 2014 at 15:47
“dass gerade in den Krisen des Kapitalismus die Profitraten außerordentlich gestiegen sind”
Das ist kein “Gegenbeweis”, das ist mit Verlaub gar nichts. Dass die Profite einzelner Konzerne steigen, verdankt sich der Monopolbildung; Profitraten können außerdem steigen, wenn neue Regionen und Techniken erschlossen werden oder die Umsätze künstlich gesteigert werden (vorsätzliche Obsoleszenz). Weiterhin perfekt für Profite: Depperte Wettgeschäfte, in denen Kapital gebunden werden kann. Ohne solche wären wir längst em Ende. Realwirtschaftlich und vor allem auf breiter Fläche brechen die Profitraten und daher die -quoten trotz aller Tricks aber fürchterlich ein, siehe das Verhältnis von Kapital zu Weltsozialprodukt. Das Kapital hat unfassbar effiziente Strategien entwickelt und findet trotzdem keinen Modus mehr, in dem Produktion und Konsum noch profitabel bleiben. Rien ne vas plus. Dabei haben wir noch nicht einmal das Problem der Ressourcen gestreift. Es wird so lange noch Riesenprofite geben, wie es noch eine Firma gibt. Oh, am besten gibt es eh nur eine, die einem gehört, dem alle anderen gehören. Könnte man dann Kaiser’s nennen oder so.