Godesberger Programm 1959: Es ist vollbracht
Posted by flatter under politik[25] Comments
06. Jul 2020 15:44
Im Godesberger Programm der SPD wird einleitend zunächst einiges von Atomkraft und Freiheit geschwurbelt, um den “Sozialismus” zu definieren, auf dem das Ganze künftig beruhen soll. Ernsthaft wird dabei die “christliche Ethik” als dessen Basis benannt und nicht lange gefackelt, bis (auf Seite 4) schon eingangs die antikommunistische Mission der SPD formuliert wird:
“Zu Unrecht berufen sich die Kommunisten auf sozialistische Traditionen. In Wirklichkeit haben sie das sozialistische Gedankengut verfälscht. Die Sozialisten
wollen Freiheit und Gerechtigkeit verwirklichen, während die Kommunisten die Zerrissenheit der Gesellschaft ausnutzen, um die Diktatur ihrer Partei zu errichten.”
Der neue alte Feind
Aha, so ist das also. Klassenkampf adieu, der neue Feind heißt Kommunismus. Schon 1959 musste man sich freilich fragen, wozu man eine christliche und antikommunistische ‘SPD’ brauchte. Das Original war doch bereits seit Gründung der BRD an der Regierung. Und weil das alles so frisch und modern ist, folgen Passagen, in denen ohne Unterlass vom “Volk” die Rede ist, dem deutschen. Man könnte sich sehr intensiv mit diesem irren Text befassen, er ist voller Perlen. Z.B. diese hier:
“Nur unabhängige Richter dürfen Kriminalstrafen aussprechen.” Man fragt sich ja generell, wieso in einem politischen Programm Sachverhalte besungen werden, die doch die Verfassung regelt. In Bezug auf die Richter hätte man aber vielleicht etwas zur damals aktuellen Besetzung der Posten sagen können. Unabhängig sollte er sein, der alte Nazirichter, der die Kommunisten in den Bau schickt. Damit das alles demokratisch bleibt.
Raffendes Kapital
So geht das in Einem weiter: Die SPD “Sie bejaht die Landesverteidigung.” Ach was! Nicht, dass man sie noch mit dreckigen Pazifisten … Immerhin, so viel Bekenntnis geht über die Lippe: Angriffskriege wollten sie noch nicht. Dafür ist aber “Stetiger Wirtschaftsaufschwung” ein eigenes Kapitel wert, das irgendwie ökonomisch daherkommt und in letaler Dosis inkompetentes Blabla ausstrahlt, wo früher ein Bezug auf Marx wenigstens die Hoffnung auf einen Sinn genährt hatte.
Stetiger Wirtschaftsaufschwung, das ist das Phantasma der Jünger des Kapitalismus, für die solche Magie eben zum Credo gehört. Wozu braucht man das bzw. wiso heißt das jetzt auch noch “Sozialismus”? Ach ja richtig, weil das Wachstum eingehegt wird: “Wo das Großunternehmen vorherrscht, gibt es keinen freien Wettbewerb.” “Die Bändigung der Macht der Großwirtschaft” ist das Projekt. Ein bisschen Gemeineigentum und Konkurrenz durch irgendwie nicht großwirtschaftliche Unternehmen, dann wird das schon. Großartiges Konzept; wir wissen ja, wie es dann kam und wo man das schon vorher hätte nachlesen können.
Angekommen
Im Kapitel “Unser Weg” gibt es dann den expliziten Abschied von allem, das mal links war. Wunderbar mündet das in den Satz: “Die Sozialdemokratische Partei ist aus einer Partei der Arbeiterklasse zu einer Partei des Volkes geworden.” Die stellt sich dann der “brutalen kommunistischen Herausforderung“. Der Feind steht links. Lustig auch der Titel: “Unser Weg” – Erinnert mich an irgendwas.
Doch, spätestens 1959 konnte man wissen, was zu erwarten war. Das ganze Geschwafel von “Freiheit” und “Gerechtigkeit” war bereits konzeptionell auf die Begleitung der kapitalistischen Eigendynamik abgestellt. Es gab keinen Gegensatz zwischen den Klassen mehr, nur “Großkapital”, auf das man irgendwie aufpassen musste, während die nunmehr völkische Partei den Volksfeind auf der Linken erkannt hatte. Endlich war die SPD angekommen, wo Besatzer, CDU, FDP und Altnazis längst marschiert waren. Dass der Feind nicht bloß die organisierte Arbeiterklasse, sondern die Arbeiterschaft selbst werden würde, haben dennoch nicht viele kommen sehen.
Juli 6th, 2020 at 19:54
Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.
Juli 7th, 2020 at 22:09
Wo wir gerade bei Sozialismus und Rechtsdrall sind – ich habe ja auch diese schlechte Angewohnheit, gelegentlich Seiten aufzusuchen, die meinen Fußnägeln schaden können.
Ich wurde heute gefragt:
könnten Sie sich vorstellen, dass diese Eliteeinheit vorbeugend aufgelöst wird, weil die aktuelle Bundesregierung Angst vor einem durch das GG Art. 20 legitimierten Militärputsch zur Erhaltung der Demokratie, und gegen Sozialismus, hat?
Meine Antwort ist „ja“.
So gesehen hat die SPD noch eine Strecke Weges vor sich…
Juli 7th, 2020 at 22:30
Zu lustig, wie die Sozen die Freiheit® gegen den Kommunismus so verteidigen wie die Semi- und Vollfaschisten gegen die Sozen. Sie Sozialisten haben nämlich die Demokratie verfälscht und wollen nur, dass alle dieselben Hemden tragen..
Juli 7th, 2020 at 22:41
Vermutlich geht es um die Farbe…? Man weiß so wenig.
Juli 8th, 2020 at 18:30
Braucht wer nen Köter? Kaum zehn Jahre alt, Reifenpanne hinten rechts. Kann noch arroganter gucken als ich. Tierhalter … haben doch auch alle einen an der Waffel.
Juli 8th, 2020 at 18:45
Noch dazu wenn se Phobotalist sind…Frau Trulla hat abgewunken, ich soll aber Grüße ausrichten. Hiermit geschehen.
Juli 8th, 2020 at 19:15
Gib mal “Phobotalist” bei Google ein :o)
Ich verstehe aber nicht ganz den Zusammenhang. Ernthaft finde ich Hunde auf Briefmarken irgendwie ganz cool. Die sinn nich so anstrengend.
Juli 8th, 2020 at 19:39
Entfernung ins Ruhrgebiet mal weggelassen, Frau Trulla tät kein andern Hund im Haus dulden tun tun…die sagt dem andren nich `Ich hau dir aufs Maul.` Sie machts einfach…
Ansonsten wärs ne Überlegung wert…
Juli 8th, 2020 at 19:44
Nee, is ja gar nich ernst gemeint. Ich geb doch nich Uena ihrn letzten Köter ab, die sonz keim mehr hat außer mir. Aber irgendwie wär’s schon mal schön, wenn ma sich nich um irgendwas Versehrtes kümmern müsste.
Juli 8th, 2020 at 21:59
Was hat er denn nu? Reifenpanne klingt nach Eingetretenem.
Es ist zu befürchten, dass letztlich vor allem die Beschäftigten die Zeche für das Missmanagement der vergangenen Jahre zu zahlen haben.
Ja, wer denn sonst? Sind doch selbst schuld, wenn sie da anheuern. Wieso bringen Zeitungen, noch dazu und gerade ‘linke’, immer noch und immer wieder solche Sätze? Das kann man einmal in Stein meißeln und gut is.
Drei Klicks später – schon wieder:
Beschäftigte haften für die Risiken – Spekulanten ziehen Gewinne aus Unternehmen.
Die wollen sich einfach nicht gewöhnen…
Juli 8th, 2020 at 22:33
Was würde es wohl eine gewerkschaftliche Kriegskasse kosten, dafür zu sorgen, das mal drei Monate lang keine Zeitungen ausgeliefert werden? Oh-ooh, wir sind doch keine Kommunisten!
Ne Granne vermutlich, aber weil es ja sein kann, dass was am Knochen ist, kann man ja auch noch fürs Röntgen kassieren. Whatever, morgen is OP.
Juli 9th, 2020 at 10:30
Ne Granne vermutlich
wieda wat jelernt (aua)
Juli 9th, 2020 at 12:04
So, das Gemüse ham se rausgefräst, nen ollen Knubbel wechgesägt, Zähne geputzt, und ich brauch jetzt nen Drittjob ;-)
Juli 9th, 2020 at 17:42
Very OT; Hallo Herr Rose? Ich müsste ja um bei dir zu kommentieren, alle Löcher aufreißen und versuche es daher lieber hier und wegens deines jüngsten Beitrags: Google is evil, too. Blogger nervt. Warum also nicht mal umziehen? Ist gar nicht so schwer …
cnr
p.s.: Beim Bonetti hab ich keine Hoffnung.
Juli 9th, 2020 at 19:07
Ja bin ich denn hier nur von Schlafschafen umgeben??? Bonetti IST Google, Mann. Wacht endlich auf!!1!11!
Juli 9th, 2020 at 19:29
Für Sätze wie “Natürlich gibt es Alternativen. Wir leben bekanntlich nicht im Sozialismus und haben die freie Wahl.” gehört diesem Stefan R. eigentlich eine Ladung Eiswürfel ins Höschen gekippt.
Wie oft soll man es noch sagen: Kapitalismus, Sozialismus etc. sind GOTTVERDAMMTE PRODUKTIONSVERHÄLTNISSE.
Dass Leute wie tux. das nie verstehen werden – geschenkt. Aber sonst?
Juli 9th, 2020 at 19:39
Ich dachte, Bonetti wär dem Google seine Mutter.
Was den Sozialismus-Satz angeht, so ist das einer von denen, wo ich auf Ironie hoffe. Irgendwie.
Juli 9th, 2020 at 19:45
Ja schon, es ging mir aber doch mehr um den letzten Satz in meinem Kommentar. Und irgendwie hast du ja auch einen Opener dazu geschrieben.
Du hast Hoffnung – Ich habe Weizenbier. Cheers!
Juli 9th, 2020 at 19:59
Ist noch zu hell. Der Himmel, nicht das Bier.
Und was Sozialismus “ist”, möchte ich glaub ich nicht mit einem Sozen diskutieren. Es sei denn, er ist Historiker. Obwohl, wenn er dann noch Soze ist … es bleibt kompliziert.
Juli 9th, 2020 at 20:22
Es geht ja auch nicht nur darum, was er ist, oder auch dieser andere da, sondern ob man in ihm leben kann. Nach wollen frägt ja eh mal wieder keiner…
Juli 9th, 2020 at 20:22
@Rainer/No.16:
Tut mir leid wegen der erotischen Phantasie mit den Eiswürfeln. Fällt aus. War Ironie. (Bin ich hier von Leuten umgeben, die Hinweise benötigen wie “Achtung, Satire!”, oder was?)
Juli 9th, 2020 at 21:12
@Peinhart: Na Hauptsache nix Linksradikales oder was ohne Geld – oder noch schlimmer: Ohne Führung®
@Stefan R.: Es ist in diesen Zeiten wohl manchmal besser, nachzufragen. Man wundert sich ja doch immer mal wieder.
Juli 10th, 2020 at 00:58
Der untertänige Wunsch nach einer guten Herrschaft kriegt solche Disparitäten durchaus unter einen Hut. (tp)
Juli 10th, 2020 at 11:35
Sehr guter Text.
Juli 10th, 2020 at 11:52
Was werden wir ‘bento’ vermissen! Heute knallhart rausgefunden: “Anna-Lena hat Sozialanthropologie studiert.” (um später bei einer NGO unterzukommen). Friss das, Titanic!