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Wer fängt schon eine Geschichte in der Mitte an? Der Systemträger vom Feynsinn. Als ich Mitte/Ende der 90er wieder einmal nach Berlin kam, war ich beleidigt. Die Leute dort, allen voran das Jungvolk, sahen genau so aus wie in der Provinz. Damals hielt man es irgendwie für hip, sich Bierkisten unter die Turnschuhe zu kleben.

Schuhe mit meterhohen Sohlen, die auch vom männlichen Teil der Bevölkerung getragen wurden, um zu dokumentieren, dass sich inzwischen alle wie die Hohlfrüchte dem Modediktat unterwarfen, um nicht nur vollendete Konsumentenverblödung nach außen zu tragen, sondern sich dabei auch noch die Knochen zu ruinieren.

Konsumgut

Musikalisch war der Rap-Hop hip, kaum zwanzig Jahre nach dessen Ursprüngen. Seitdem übrigens in Endlosschleife. Jeder Mensch ist ein Nigger. Yo, bro! Die zweite Generation Weißbrot skandierte auf die Frage “Do you remember the days of slavery?” ein piepsiges “Yeah!”. Dann heim zu Muttern, Bütterkes schmieren lassen und Zähneputzen.

Das war nicht mehr mein Berlin. Seit den frühen 80ern bin ich regelmäßig dort gewesen, in den gutenalten® Zeiten, als die Mauer noch stand, mehrfach jährlich. Berlin roch schlecht, sah alt aus und war im Winter ungeheuer deprimierend. Schlimm! Kiffen. Egal. Mehr kiffen. Cool! Im Sommer regierte der Hundekot und die Sonne ging nie unter. Tag? Nacht? Wen interessiert das? Damals so:
Die Tanzfläche kocht, hier trifft sich die Scene … “, heute:
Hier marschiert der nationale Widerstand!”.

In den 90ern zog der Rauch Richtung Prenzlberg. Geile große Altbauwohnung, die Miete ein Spottpreis. Drei Monatsmieten Kaution, drei Monatsmieten Courtage, dazu noch tausend Mark schwarz auf die Hand des kriminellen Arschlochs von Makler. Kaufmännisches Risiko. Man weiß ja eventuell, wo der Wichser wohnt. Ein Wunder, dass es so wenige Tote gab. Tzia, die Ossis waren dann bald schon mal raus aus dem Zentrum. Ausgevolkt. Für eine Handvoll Spätzle.

Am Ende

Womit auch geklärt ist, dass das nicht besser wurde. Ebay und Subventionen haben aus Trödel-Kreuzberg ein Schandmal aus Glas und Stahl gemacht. Die Fassaden im Osten sahen schon bald aus wie lackierter Spielplatzsand. Aus der Reichstagsruine wurde ein Glaspimmel und am Spreebogen klotzt Kohls Waschmaschine ein Loch in die Erdkruste. Im Café Einstein lecken sich die Adabeis gegenseitig die Rosetten. Früher abgefahren, heute angekommen.

Der einzige Trost besteht in der Eroberung der Stadt durch Touristen und Zuwanderer. Kaum ein Wort Deutsch in Mitte, nur beim Bäcker plärrt ein alter Sack etwas von “Armes Deutschland!”. Welch ein Opfer, was für ein reaktionärer Idiot!