Es ist ein Systemproblem. Ein Spielansatz, der lange erfolgreich ist, scheint irgendwann zwangsläufig verkrusten zu müssen. Der Fehler liegt schon darin, an ihm festzuhalten, so lange er Erfolg hat. Man weiß, dass er kopiert werden wird. Man weiß, dass sich andere darauf einstellen, und sofern es sich um Konkurrenz handelt, zumal die der international stärksten Konkurrenz, kann das irgendwann nicht mehr gutgehen. Eine ursprünglich revolutionäre Strategie wird auf die Dauer zur Last. Eine Weile erntet man die Früchte und genießt den Erfolg, dann kommt das Bewahren, dann das Festhalten an schon untauglichen Mitteln und schließlich der Untergang.

Was hätte der Welt- und Europameister anders machen können? Vielleicht nicht warten bis es zu spät war. Kenner der Materie haben schon lange davor gewarnt, dass Übersättigung einhergeht mit der Gefahr des Zusammenbruchs. So weit, so richtig, aber hätte man ernsthaft ein erfolgreiches System auf der Höhe seiner Effizienz ändern sollen? Umbauen, gar abbauen, etwas völlig anderes ausprobieren? Nehmen wir an, das wäre richtig gewesen, wer hätte es wie durchsetzen sollen? Schon der Versuch wäre bei den geringsten Anzeichen von Nebenwirkungen von wütenden Protesten begleitet worden. Die Anhänger hassen Veränderungen, für die ihnen die Einsicht fehlt. Sicher, bleiben die Veränderungen aus und führen ins Unvermeidliche, ist das Geschrei ebenso groß. Wo aber waren die Mutigen, die es dennoch angepackt haben – bevor es zu spät war?

Rücksichtsloses Beharren

Unter den Europäern ist die Konkurrenz besonders groß, auch wenn sowohl traditionell die amerikanischen Mitbewerber als auch die Gegner aus Asien – Japan, aber auch Südkorea waren hier Vorreiter – nicht außer acht zu lassen sind. Die innereuropäische Konkurrenz ist aber schon allein aufgrund der höheren Leistungsdichte viel größer als die globale. Dass nun aber die europäische Konkurrenz den Titelverteidiger derart rüde vom Thron stoßen würde, ist doch überraschend. Dessen rücksichtsloses Beharren auf überkommene Erfolgsrezepte musste sich aber über kurz oder lang rächen.

Spanien bleibt dabei das Maß der Dinge, auch wenn zwischenzeitlich Griechenland die Messlatte zu sein schien. Deren System war freilich noch antiquierter und der direkte Einfluss des deutschen Chefs am Spielfeldrand allzu deutlich. Dennoch taugt Griechenland eher zum Symbol als zum Maßstab. Spanien bringt ein ganz anderes Gewicht in die Waagschale, und das Rumoren in einem Volk, das zumindest in einigen Regionen mindestens so temperamentvoll ist wie es ihm nachgesagt wird, ist nicht mehr zu überhören. Hier entscheidet sich, ob das alte System noch eine Zukunft hat, ob die Millionenschweren Spieler sich weiter ohne Sinn und Ziel die Bälle zuschieben können oder ob endlich andere Ideen zum Zuge kommen. Es ist zu fürchten, dass niemand eine hat, die sich durchsetzen lässt. Dennoch werden sich das alle bis zum bitteren Ende anschauen – und noch dafür zahlen.