Frank Schirrmacher ist tot. Das ist ein großer Verlust für alle, denen etwas am Lesen und Diskutieren liegt, für alle Republikaner, die Politik und Kultur als öffentliche Sache sehen, für alle Liberalen, denen etwas an einer Streitkultur liegt, in der es nicht bloß um den Erhalt der Meinung und der Macht ihrer Produktion geht. Für alle Linken, die einen suchen, an dem sie sich reiben können ohne dabei das Gefühl zu haben, sie könnten auch mit einer Cervelatwurst reden und für alle Konservativen, die noch interessiert, was es denn eigentlich sein kann, das noch erhaltenswert ist.

Ich schrieb vor einigen Jahren bereits, dass es sein Zweifel ist, der Schirrmachers Diskurspflege ausmacht. Da war immer Bewegung, immer eine Frage hinter der Frage, die wichtiger war als die Antwort. Schirrmacher war ein philosophischer Journalist und damit sowohl einer, der sich vom traurigen Rest seiner Zunft wohltuend abhob als auch einer, der all das für eine lebendige philosophische Kultur getan hat, was Boulevardschwätzer wie Sloterdijk oder Precht vermissen lassen.

Was bleibt?

Ich war eher selten seiner Meinung. Ich habe nicht die Art konservativer Geisteshaltung, die sich als solche mitunter auch abgehoben und schwelgerisch verzettelt, wo die nackte somatische Not längst den Weg weisen müsste. Die Schwäche des Konservativen, dass er nicht zerstören mag, was nicht mehr zu retten ist, dass er nicht in Rage gerät angesichts einer Ungerechtigkeit, die keine Salonatmosphäre mehr aufkommen lässt, hat auch ihn beeinträchtigt. Andererseits liegt in dem Vermögen zu abstrahieren eine Kraft, die konkreter Kritik abgeht – wenn man den Weg zu dieser zurück findet.

Daher ist ein wirklich kritischer Konservativer eine seltene Erscheinung, der Verlust dementsprechend beklagenswert. Wir sind nicht bei Wünschdirwas, schon gar nicht im Spiel der Verlage um Profite, aber ich äußere einmal eine vage Hoffnung: Möge Frank Schirrmacher seine Redaktion schon so mit Niveau infiziert haben, dass es Früchte trägt. Wenn er schon nicht ersetzbar ist, dann vielleicht wenigstens ein Vorbild.