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Man täte gut daran, den Plan aufzugeben, etwas besonderes zu sein, ja, im Endeffekt sogar den, sich selbst (immer) gleich zu sein, denn das geht zwangsläufig schief. Das bedeutet ja keineswegs – im Gegensatz zu dem, was der (Neo-)Liberalismus einem weismachen will, man sei dann eine Art Produkt, das sich von allen anderen nicht mehr unterscheidet (“Gleichmacherei). Im Gegenteil: Eine Persönlichkeit ist nur in Abgrenzung zu anderen möglich, aber eben nicht permanent zu allen anderen, von denen man sich gefälligst abzuheben habe.

Das absurde Konstrukt des bürgerlichen Individuums verlangt von jedem Einzelnen, sich als Beste zu präsentieren. Es gibt nur Nummer Einsen. Stark, unabhängig, chic, eloquent, unbesiegbar und an jede Situation anpassungsfähig. Dabei zwingt der Alltag einen dazu, nur von Letzterem reichlich Gebrauch zu machen – nicht zuletzt, weil die allermeisten der vermeintlichen Superstars Befehlsempfänger sind. Ein Wunder, wie viele Menschen es noch immer schaffen, nicht wahnsinnig zu werden.

Stage Diving

Es wird suggeriert, der schlimmste Tod sei der, in der Masse, Menge, Gruppe unterzugehen und sich von den anderen nicht mehr zu unterscheiden. Dabei ist gerade das notwendig. Nicht nur um der Psyche Willen, sondern weil man sich nur in der Gruppe durch gemeinsames Erleben erfährt – sowohl als soziales Wesen als auch eventuell als jemand, der anders ist als die Anderen. Gleichzeitig lernt man, sich ggf. auch gegen eine Gruppe zu positionieren. Nur durch das ‘Untergehen’ im Kollektiv kann man aus diesem gelegentlich als Individuum auftauchen.

Das Selbst ist nicht ohne das Andere, und man wird, eingebunden in die Gruppe, auch erfahren, dass selbst das ‘Selbst’ variiert, dass die Gruppe womöglich stabiler ist und mehr Identität ermöglicht als ein ‘Ich’ – obwohl Gruppen sich ganz offensichtlich in stetigem Wandel befinden. Ich bin nur jemand als jemand von etwas; allein bin ich verloren. Gegen das schlummernde Bewusstsein dieses Umstands muss das bürgerliche Individuum aber ständig so tun, als sei es eben völlig unabhängig und lasse sich nur aus strategischen Gründen auf Kollektive ein. Wie grotesk!

Was bleibt, sind eben die Restfamilie und der Fußballverein, wobei selbst diese nach den üblichen Statuskriterien betrachtet werden. Die Alleinerziehende gilt ebenso als Asimutter wie Fußballfans als Primitive – es sei denn, sie firmieren in der Loge des Wurstfabrikanten. Somit total von seiner Spezies entfremdet, simuliert sich der postmoderne Halbirre als Fels in der Brandung, unveränderlich und unerschütterlich. Diese Kultur ist die exakte Perversion einer lebenswerten Gesellschaft.