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Warum gibt es in dieser Welt kaum ein Dutzend Menschen, die in der Lage sind, Texte zu verstehen und sich dann sinnvoll darüber öffentlich zu äußern? Mit “Texte” und “verstehen” meine ich dabei nicht einfach, dass man den Inhalt korrekt wiedergeben kann, sondern im Zusammenhang den Inhalt, den Stil, die Hintergründe und vor allem die Rahmenbedingungen berücksichtigt, unter denen ein Text zustande kommt.

Es ist so erbärmlich, dass schon die überwiegende Mehrheit der ‘Leser’, die sich nach erfolgloser Lektüre dazu aufschwingen, ‘Autoren’ sein zu wollen, den Unterschied zwischen einem Satz und einem Absatz nicht erkennen. Sie sind völlig blind für die Unterschiede zwischen Texten, in denen ein Zusammenhang dargelegt wird, Texten, die einem bestimmten Produktionsweg folgen und etwa dahergerotzem Gequatsche, das halt irgendwer aufschreibt. Für sie sind offenbar die einzig relevanten Kriterien: ist irgendwo nachzulesen und hat eine gewisse Anzahl von ‘Lesern’.

Könnte man wissen

Nur so konnte es geschehen, dass eine Arena für Trolle, Dogmatiker und Vollidioten anderer Art zur meistzitierten Textsammlung der Gegenwart wurde. Dabei könnte einem schon auffallen, dass wie Milch und Zucker, heiß und kalt oder Gin und Tonic, die Kombination “Twitter” und “Empörung” längst unzertrennlich ist.

Man kann ja über den klassischen Journalismus sagen, was man will, aber aber selbst der schlechteste Bericht, der blödeste Kommentar oder die Fußballergebnisse aus der Kreisliga bieten mehr Inhalt und Kontext als als das Gemecker und Gepose ‘auf Twitter’, was ja schon in der Absicht der jeweiligen Äußerungen liegt.

Hastenichgehört

Man stelle sich vor, jedes Wort, vor allen die unachtsamen, die wütenden und die besoffenen, die man im Leben so von sich gibt, würden sämtlich aufgeschrieben und veröffentlicht. Sodann kämen die Geier angesegelt, pickten die sensationellsten heraus und zögen dann auch noch ‘Schlüsse’ aus diesen Auswürfen menschlicher Unzulänglichkeit!

Vor allem Letzteres nervt mich zunehmend: Nicht nur, dass das dümmste Gelalle zweit- und drittverwertet wird; die vermeintlich ach so überlegenen Kommentatoren haben es dann schon immer gewusst und beglücken ihr Auditorium mit den großartigen Erkenntnissen, die sie aus den Untiefen der Jauchegrube schöpfen. Als letztes Glied in der Kette stehen schließlich die Schwachmaten der dritten Ableitung, die das auch noch feixend konsumieren. Verschont mich damit. Bitte!