Ein Teil von jener Kraft,
die stets das Böse will und stets das Gute schafft

Bekannter Undichter

Unter allen Herrschaftstechniken, zumal denen westlicher Prägung, ist die Drohung mit dem Chaos eine der wichtigsten. Im heimischen Narrativ sind die Rollen dabei wie eisern vergeben: Linke Chaoten® und das konservative Bollwerk, das die Nation vor dem Untergang rettet. Wir hatten das in mindestens einer Diskussion hier am schon antiken Beispiel des Thukydides*, der sich schon vor 2500 Jahren dieser Vision bediente, um die Athener vor den fremden Teufeln zu schützen.

Bis heute wird das vor allem von Reaktionären georgelt – mir klingt noch die Warnung vor dem schlimmen “Rot-Grünen Chaos” im Ohr, aber bis weit hinein in sich als ‘links’ bezeichnende Kreise wird immer wieder der Segen der Ordnung gegen den Fluch des Chaos’ in Stellung gebracht. Welch ein grotesker Unsinn! Es gibt immer nur diese oder jene Ordnung, in die die Welt sich einfügt, auch und gerade die der Menschen.

Hui Buh

Nehmen wir kurz einmal die schlimmste aller Unordnungen an, die, wo kein Staat existiert. Das ist einerseits bekannt als “Anarchie”, die gern verklärt wird, etwa mit Hinweisen auf das Spanien der 30er Jahre. In diesen fehlt dann meist schon der auf die nicht ganz unlogische Folge, dass sie zwischen Faschisten und Partei-’Kommunisten’ zerrieben wurde. Es gibt aber auch andere, überall da, wo Warlords, Kartelle oder Tyrannen übernehmen.

All dies sind Ordnungen. Man kann sie beschreiben, wie sie funktionieren, wie sie strukturiert sind, was sie stabil macht und wo ihre Schwächen liegen. Vermutlich wird dabei jeder kleine Despot in seinem kurzlebigen Miniaturreich vor dem Chaos der Anderen warnen. Dessen Schrecken hat vor allem einen Zweck: Nichts darf so schlimm sein wie der Niedergang der Ordnung, wodurch alle denkbaren Mittel zu deren Aufrechterhaltung gerechtfertigt sind.

In einer sogenannten “Demokratie” wird das irgendwann wahlweise komisch oder pervers. Da wird ein Volk, das offiziell über sich selbst herrscht, in Gruppen zersprengt, von denen immer mehr zur Gefahr erklärt werden. Global betrachtet, wird es vollends absurd, wenn nach innen und außen Gleiche gegen Gleiche gehetzt werden, weil das angeblich in deren Interesse sei. Was Reaktionäre als “Chaos” bezeichnen, ist mithin nichts anderes als der Verlust der Macht aus den Händen derer, die sich daran festkrallen.

*Lange habe ich bei solchen Gelegenheiten Wikipedia verlinkt, aber diese Quelle ist so verkommen, dass ich darauf inzwischen verzichte.