Mein Gehirn funktioniert anders als das anderer Kinder. Aus dem Fernsehen kennt man lustige Charaktere, die meist als “Autisten” vorgestellt werden, meist in der Geschmacksrichtung “Asperger”. Das sind dann Leute mit einem komischen Gang, die hüpfen oder welche, die seltsam reden. Dafür sind sie genial, haben photographische Gedächtnisse oder können binnen Sekundenbruchteilen die Telefonnummern aller Berliner Hausanschlüsse addieren.
Das ist in der Realität völlig anders, vor allem mit ‘Autisten’, aber das ist nur ein Planet. Ich lebe auf einem völlig anderen, und wie andere Menschen auch, auf meinem eigenen. Nun befinden sich die Planeten der meisten kleinen Prinzen immerhin in demselben Sonnensystem. Ich glaube oft, ich lebe eher am Rande der Galaxie.
Nicht normal
Das hat durchaus mit Eigenschaften zu tun, die sich zu “Störungen” ergänzen können, sofern man sie nicht kontrolliert. Wenn du ganz aufhörst nützlich zu sein, ist der Weg in die Psychiatrie jederzeit eine Option. Schon weniger komplexe Charaktere kennen das als “Burnout”. Es gibt derweil auch das Gegenteil davon. Diese Gesellschaft ist dummerweise der Ansicht, ein unterforderter Verstand sei mit mehr Stumpfsinn gut bedient. Das ist nicht immer richtig.
Die Standardreaktion sozial angepasster Menschen mit überdurchschnittlicher ‘Intelligenz’ auf die Anforderungen ihrer Mitmenschen ist elitäres Gehabe. Man ist schon etwas Besseres, wenn man sich in irgendeiner Ecke des Betriebs ein Expertensternchen verdient hat und schützt sich vor Kritik und Zweifeln durch groß angelegte Verteidigungsanlagen wie Fachterminologie, Namedropping und Hinweise auf gesammelte Zertifikate. Das verschafft einem Ruhe und das sanfte Rauschen des Beifalls der Claqueure.
Ein Grund mehr, das Persönliche in Auseinandersetzungen außen vor zu lassen. Es geht um den Versuch, sich verständlich zu machen. Jemand hat etwas verstanden, ein anderer etwas anderes. So gut wie nie kommt es vor, das irgendwer eine Sache in jedem einzelnen Aspekt durchschaut hat. Dann ist es ratsam, voneinander zu lernen. Das kann nicht immer klappen, aber versuchen kann man es. Auf der einen Seite, indem man sich verständlich äußert, auf der anderen, indem man nachfragt. Hinweise darauf, wer recht hat, sind hingegen kontraproduktiv.
Oktober 21st, 2018 at 19:47
Chapeau; und Sympathie im besten griechischen Sinne.
Oktober 22nd, 2018 at 07:58
Ich verstehe, dass du im Augenblick aufgrund mangelnder Arbeitsaufträge intellektuell unterfordert bist. Ich dachte, dass sei ein finanzielles Problem, kein psychisches oder mentales Problem. Du könntest dich intellektuell selbst fordern, ohne auf Stimuli von außen zu warten.
Ich selbst habe spätestens vor fünf Jahren, als man mich “eingeliefert” hat, aufgehört nützlich zu sein. Mein Alltag heißt Deprivation, auf diversen Ebenen. Allein in einem Haus am Arsch der Heide, der Nachbar ohne Auto, der Typ, der das Haus morgens nicht verlässt, um wie alle anderen zur Arbeit zu fahren. Meine Strategie: ich fresse Fakten und Bücher wie Popcorn in mich rein und halte die Birne in Bewegung wie Muhammad Ali seine Füße.
Oktober 22nd, 2018 at 10:35
Um ehrlich zu sein: Die “Arbeitsaufträge” sind in der Regel nicht so fordernd, und ich rede auch nicht von der aktuellen Situation. Die ist derweil allerdings dadurch bestimmt, dass mir die wichtigsten Sparringspartner weggestorben sind. Nein, es ist ein genereller Hinweis darauf, dass wir als Menschen nicht im Dauerwettbewerb um die wahrste Wahrheit unter Gleichen sein sollten, sondern eben als sehr unterschiedliche auch miteinander denken können. Was die Unterforderung und den Bullshit angeht, ist das ein Hinweis auf die gängige Foltermethode durch Hierarchien, Medien und Behörden i.e. ‘Gesellschaft’.
Oktober 22nd, 2018 at 11:19
Die Standardreaktion sozial angepasster Menschen mit unterdurchschnittlicher ‘Intelligenz’ auf die Anforderungen ihrer Mitmenschen ist Abwinken.
Zur Zusammenarbeit ist Begriffsklärung nun mal unablässlich.
Ein Kreis ist ein Kreis, und wer die Fläche berechnen will, muss sich mit der passenden Formel auseinandersetzen.
Doch es ist nicht nur die Seite, welche einem ungefragt zur Zahl “Pi” noch die Lebensgeschichte Leonard Eulers serviert, sondern auch die Seite, welche sich vor Lachen krümmt, weil die Silbe schon die halbe “Pipi” ist.
Die Anzahl der Menschen, welche andere an “Wissen” nicht teilhaben lassen wollen ist nach meiner Lebens- und Berufserfahrung genau so gross wie die Zahl jener, die nichts wissen wollen.
Da geht nämlich die Lieblingsausrede der Mitläufer aller Regime flöten: “Das wusste ich nicht!” oder besser “Das hat mir niemand gesagt!” und am Besten “Das KONNTE ich nicht wissen.”