Sozial ist, was Arbeit schafft: Die Fleißigen
Posted by flatter under kapital[84] Comments
29. Mai 2014 16:16
Es gibt so viele Jobs, die die Welt nicht braucht, die sie schlechter machen, viel schlechter, die nur dazu da sind, Menschen zu quälen, zu töten oder auch einfach nur zu nerven. Ich weiß nicht, was man für ein Charakter sein muss, um sich fürs Töten bezahlen zu lassen. Eine Ahnung habe ich betreffs deutscher Soldaten, dass sie wirklich so dämlich sind zu glauben, sie hätten da einen tollen Job, der mit Technik zu tun hat, Kameradschaft vielleicht, sicher jedenfalls.
“Sicher”! Ja sicher, dass sie inzwischen dauernd geschickt werden, um Handelswege frei zu schießen, damit mögen sie nicht gerechnet haben. Hat ihnen ja auch keiner gesagt, das sollte doch mehr Abenteuer sein und “familienfreundlich”. Naja, und dann gibt es sicher auch die rechten Kameraden, die das alles wirklich geil finden, bis sie selbst ihre Gedärme im Dreck sortieren dürfen. Aber ich will auf etwas anderes hinaus.
Dieses Prinzip, sich zur Arbeit zu melden, zu jeder – wer zum Beispiel meldet sich für einen Einsatz bei Frontex? Wer lässt sich Food Fonds einfallen oder wer verlauft seinen Bekannten und Familienmitgliedern einen Müllmix aus Versicherungen und Finanzprodukten? Was ist das für eine Mentalität, mit der man glaubt, sich ein Leben verdienen zu müssen auf Kosten anderer?
Wird gemacht, Chef
Was sind das zum Beispiel für Leute, die Spambots betreiben oder Malware kodieren, mit der milliardenfach Dreck in Mailboxen und Kommentarspalten gespült wird? Wie muss man drauf sein, um die Axt an den Baum zu legen, auf dem alle sitzen? Was denkt man über sich, wenn man solche Taten vollbracht hat? Gar nicht erst losdenken, wird das Prinzip sein, sonst müsste man sich am Ende noch selbst auskotzen.
Warum haben Menschen nicht die Eier, nein zu sagen? Ich stelle mir eine Situation vor, in der eine Entscheidung fällt. Die darüber entscheidet, ob man sich und andere für den Rest seines Lebens belügt oder ob man noch ohne Abscheu in den Spiegel schauen kann. Nehmen wir einen Objektdesigner, der eine Anstellung bei irgend einem Hersteller bekommen hat. Der designt also etwas oder arbeitet gemeinsam mit anderem an einem neuen Produkt, und dann kommt der Vorgesetzte und sagt ihm: “Schön und gut, dolles Ding, aber jetzt kommt die Endphase. Wir brauchen Sollbruchstellen. Finden Sie Sollbruchstellen! Das Ding soll keinesfalls länger als drei Jahre halten.”.
Dann geht also das Team von Leuten, die alle etwas können, die kreativ sind, gebildet und fleißig, hin und sorgt dafür, das aus einer guten Idee ein Stück Müll wird. Ein Scheißteil, das alle seine Käufer und Käuferinnen ärgern wird, das Ressourcen verschleudert, das man ruckzuck wegwirft. Ein Ding, für dessen Teile Leute für einen Hungerlohn geschuftet haben, für das vielleicht Kinder durch staubige Minen gekrochen sind. Und dann geht man also hin und denkt sich eine Sollbruchstelle aus, im Namen des Profits.
Keiner von denen, die das wissen müssen, steht auf. Keiner sagt: “Das mache ich nicht!”. Alle schweigen und gehen an die Arbeit. Für ihren Lohn. Um ihn sich zu verdienen.
Mai 29th, 2014 at 18:02
Und was resultiert wenn so ein Hansel sich “empört” und die Obsoleszenz- Scheisse nicht designt?
Richtig, er fliegt raus aus seinem “Job” und darf stempeln gehen, die Sollbruchstelle findet dann wer anders. Erreicht ist damit: Nix.
Was es braucht sind keine moralischen Ausbrüche von “Anständigkeit”, sondern ein organisierter Angriff auf die Wurzel der von Dir beschriebenen Phänomene.
Dieser Angriff kann und muß dann natürlich auch in den Betrieben stattfinden, aber nicht als märtyrerhafter Ausstieg Einzelner, sondern durch gemeinsame Aktion. Massenversammlungen, politischer Streik, Generalstreik- anders wird den Verhältnissen unterm Kapitalismus – und diesem selbst – nicht beizukommen sein.
Dafür gibts momentan kein Bewußtsein bei den Leuten, auch das hast Du richtig beschrieben, diesen Geist des “gar nicht erst losdenkens”. Ihm jedoch durch vereinzelte Verweigerung oder Handlung beikommen zu wollen ist nicht nur im Endresultat zwecklos, sondern haucht auch den Geist der “Propaganda der Tat”, einer sich immer wieder als Illusion bestätigenden Taktik.
Wo ist Edward Snowden? In nem russischen Plattenbau.
Wo ist Günter Wallraff? Liebesdienern bei RTL.
Wo ist Inge Hannemann? Im Leistungsbezug.
Wo ist Ulrike? Unter der Erde.
Die Liste liesse sich endlos fortsetzen und zeigt, dass noch die gewagtesten Aktionen einzelner gegen die Beharrungskräfte der Gesellschaft und die Macht der herrschende Klasse sowie ihres Staates nichts ausrichten.
Theorie. Organisation. Praxis.
Mai 29th, 2014 at 18:07
Woher wusste ich, dass diese Antwort kommt?
“Erreicht ist damit: Nix.”
Eben doch. Für denjenigen, der’s tut. Und zwar nicht, dass er stempeln geht, sondern dass er aufrecht geht. Nur dann nützen Theorie und Praxis was. Kriecher scheuen schon die Theorie, und ihre Praxis ist reaktionär. Jetzt du wieder.
Mai 29th, 2014 at 18:10
“Kriecher scheuen schon die Theorie, und ihre Praxis ist reaktionär. Jetzt du wieder.”
Dir ist schon klar, dass Du mit solchen moralisierenden Aussagen die Mehrheit der Lohnabhängigen zu “Kriechern” abstempelst? In dieser Gesellschaft ist Vereinzelung als solche schon weit verbreitet, sie aber zum revolutionären Prinzip erheben zu wollen ist dann doch ziemlich kontraproduktiv.
Mai 29th, 2014 at 18:54
Ich weiß nicht, was du immer liest. Das Subjekt des Satzes ist “Kriecher”, ich kann aber nirgends das Objekt “Lohnabhängige” lesen. Steht das bei dir irgendwo?
Mai 29th, 2014 at 19:24
Jaja, so schöne Jobs: “The labor should include rest breaks so that the worker has time to recover from fatigue. Now one of the very first requirements for a man who is fit to handle pig iron as a regular occupation is that he shall be so stupid and so phlegmatic that he more nearly resembles in his mental make-up the ox than any other type. The man who is mentally alert and intelligent is for this very reason entirely unsuited to what would, for him, be the grinding monotony of work of this character. Therefore the workman who is best suited to handling pig iron is unable to understand the real science of doing this class of work.” (Tante Wiki, s. auch Industrie und Glück P. Löw-Beer, S. 72 ff Der Mensch als Ochse: Taylors wissenschaftliches Management)
Mai 29th, 2014 at 19:56
@flatter
Hab’ gerade noch’n Bericht über die Orga der Fußball-WM gehört, bin gerade vom Kotzen zurück: Iss wie in Sotschi, wie die EM in Polen/Ukraine, wie in Aserbaidschan (Stichwort: Eurovision Song Contest 2012) wie …
Du fragst: Wie muss man drauf sein …? So wie alles was weit weg iss vom Schuss, Politniki, Elitariat, Fifa & Co. – und so, wie die Leutz, die den Circus anhimmeln und immer noch daran glauben: “Ich kann’s schaffen; nur noch ‘n bisschen tiefer buckeln, ‘n bisschen kräftiger treten!” und hast die Antwort im letzten Post schon gegeben: “Sehr erfolgreich haben sie alle gegen jeden aufgehetzt, …”
Der MondDie Saat ist aufgegangen.“Keiner von denen, die das wissen müssen, steht auf. Keiner sagt: “Das mache ich nicht!”.” Alle denken an die Familie, das neue Auto, den nächsten Urlaub … das bisschen ‘Wohlstand’, die allmonatliche Bestechungsprämie vulgo ‘Lohn’.
Mai 29th, 2014 at 20:03
So, ich muss jetzt doch mal etwas ausführlicher @SalvadorArachnor:
Du wirfst mir Moralisieren vor, und zwar zurecht; das mache ich in diesem Fall bewusst. Was dir entgeht, ist dass du es selbst tust, mit dem Vorwurf, ich stempelte wen ab.
Was ich tue, ist mich auf Situationen beziehen, wo jemand (sich) entscheidet. Die wenigsten treffen solche Entscheidungen, die meisten kommen nicht in diese Position. Diejenigen, die es tun, tun es selten, meist nur ein Mal, nämlich wenn sie sich entscheiden, zu Kreuze zu kriechen. Das wird meist nicht mehr revidiert.
Es ist wie fast immer die holde Mittelschicht, die das betrifft, die Funktionsroboter. Sie müssen das nicht tun.
Ebenfalls moralisierend ist deine Bemerkung, jemand, der sich verweigert, müsse stempeln gehen. Ist das so schlimm? Ist also Gehorchen Alternativlos? Ist das dein Ansatz?
Nein, man muss sich ab und an entscheiden im Leben. Es ist auch kein Zufall, dass der Drill in diesem Land – den du hier womöglich bewusstlos verlängerst – darauf abzielt, dass man zu funktionieren habe, sich zu beugen. zu arbeiten; auf gar keinen Fall aber “stempeln gehen”. Mit Leuten, die so denken, kann ich gar nichts anfangen.
Es ist eben nicht bloß eine Frage der “Taktik”. Es ist auch nicht bloß eine der Theorie. Es ist durchaus auch eine der Haltung, und wenn du – wie auch immer – nicht ausreichend Menschen zusammen bekommst, die keine Bücklinge mehr sind, dann findet deine Praxis nicht statt. Der Einzelne ist nicht verantwortlich für seine Situation, aber dafür, wie er damit umgeht.
Mai 29th, 2014 at 21:29
Hallo Flatter!
Ich halte es für problematisch, sich aus einer Aussensicht hinzustellen und das Verhalten von Menschen zu beurteilen, deren besondere Gründe für ihr Verhalten sich uns weitgehend entziehen, die uns auch nicht bekannt sein können, die wir aber dennoch pauschal glauben, über einen Leisten schlagen zu können.
Jetzt gehe ich mal keinen Umweg, sondern bleibe ganz einfach bei mir selbst hängen.
Als geschiedener Ehemann, mit einem Packen Unterhaltsverpflichtung an der Backe, habe ich eine Arbeit annehmen müssen. Und diese Arbeit war auch noch gut bezahlt und hat mich, wenn mann das Karriere nennt, aus meinem miefigen Arbeitermilieu, aus dem ich entsprungen bin, in andere Sphären befördert.
Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn der Mensch sich keine Sorgen machen muss, wie er das Ende des Monats noch erreicht.
Das heisst aber nich unbedingt, dass ich mit dem, was ich dort vollbracht habe mit mir selbst im Reinen war.
“Nein, man muss sich ab und an entscheiden im Leben.”
Wenn einem die Wahl bleibt zwischen “stempeln gehen” oder sich in widrigen Verhältnissen anzupassen, so wird die Entscheidung ziemlich leicht fallen, sofern die Umstände nicht mehr auszuhalten sind.
Ich kann Deiner Argumentation sehr gut folgen und wenn ich von den Lebensumständen der Menschen abstrahiere, halte ich sie sogar für treffend.
Aber leider spielt das Leben anders, als ich es mir selber
wünsche.
“Der Einzelne ist nicht verantwortlich für seine Situation, aber dafür, wie er damit umgeht.”
Ich sehe da den Einzelnen nicht in der Rolle eines freiwilligen Opferlammes, solange es auf dem kollektiven Opfertisch abgeschlachtet werden kann.
Mai 29th, 2014 at 21:38
“Ich halte es für problematisch, sich aus einer Aussensicht hinzustellen und das Verhalten von Menschen zu beurteilen”
Problematisch ist das, darum problematisiere ich es. Das ist Ethik. Ich beurteile dabei zunächst nicht ein Konkretes Verhalten, sondern eine Haltung. Im Grunde steht dahinter die Einsicht, dass der Weg des geringsten Widerstandes fatal ist. Im übrigen sind es gern solche, die einem noch moralisch kommen oder sich über jene erheben, die eben nicht mitmachen.
Mai 29th, 2014 at 22:29
Du nennst es geplante Obsoleszens, in der Wirtschaft heißt das schlicht und ergreifend Kosteneinsparung. Da braucht sich niemand hinsetzen und vorsätzlich was eindesignen. Einfach den Rotstift ansetzen, hier ein bisschen was weg, da die Toleranzen etwas kleiner ausgelegt, usw.
Die Katze beißt sich in den Schwanz, wenn alle Welt meint, sie müssten immer billiger produzieren (wegen Wettbewerb®), weil beim Kunden nur noch der Preis ausschlaggebend ist. Wenn die der Meinung sind, sie werden zu schlecht entlohnt und könnten nur noch billig, tjo, dann verstärkt sich der Effekt noch zusätzlich. Alles Getriebene des (vermeintlichen) Kostenzwangs sozusagen.
Die Qualität ist nebensächlich geworden, kein Wunder. Geht was kaputt? Zack, neues Ding her. Reparatur? Pff.
Das macht eine Gesellschaft nur, wenn der Wert der Dinge gering geschätzt und der zugrunde liegenden Ressourcen im Überfluss vorhanden scheinen. Das kann und wird nicht aufgehen.
Mai 29th, 2014 at 22:41
Hallo Flatter,
ich glaube, Dich richtig verstanden zu haben.
Vielleicht orientiere ich mich näher am Menschen, an den Widrigkeiten mit denen er im Alltag zurechtkommen muss, als an einer notwendigen und auch wünschenswerten Haltung, die er aber mir zum Gefallen nicht einnehmen will oder kann.
Immer dann, wenn ich vermute, jetzt müsste doch mal eine Einsicht kommen, werde ich mit den Tränen über einen noch so beschissenen, verlorenen Job wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt.
Mai 29th, 2014 at 22:43
@flatter
Schoiße, Ihr habt imho beide recht. Es stimmt und schon und auch Brecht wusste: “Erst kommt das Fressen, dann kommt die Ethik!” ;-) Und wenn ‘se nich kommt? Dann kommt der
Job? Dann kommt die Depression (aldt. für Börnaut), das schlechte Gewissen?
Was ist die ‘Belohnung’ für Rückgrat? Man lebt mit Rückgrat wohl ‘besser’ aber – mindestens initial – mühseliger, oder?
Mai 29th, 2014 at 23:07
12, Vogel
Das ist mein persönliches Problem!
Immer dann, wenn ich eigentlich d’accord sein will, beginne ich in meinem eigenen Leben und in dem von mir nahestehenden Menschen herumzukramen und finde auch immer etwas, was zu dem vorherigen Einverständnis nicht mehr so recht passen will.
Mai 29th, 2014 at 23:13
@Troptard
Bruder … :-|
(ja, bei anderen fällt alles natürlich leicht(er)).
Gute Zeit für Dich und alle annern.
Mai 29th, 2014 at 23:43
Wie Karl Marx schon sagte”Die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik”!
Das sollte ebenso für das System gelten.
Mai 29th, 2014 at 23:53
@thewisemansfear (10): Nicht mal so einfach ist es. Selbst wenn eine Sollbruchstelle in der ‘Investition’ teurer ist, wird sie eingebaut, weil Profit auf mehr Umsatz angewiesen ist, der nur geschaffen wird, wenn immer mehr abgestezt wird. Dazu musst du Neues verkaufen, weil das alte z.B. kaputt geht. Verkaufe ich nur alle 10 Jahre ein Teil, das 100 Euro Gewinn abwirft, bringt das weniger als alle 3 Jahre eins zu verticken, das 50 Euro Gewinn abwirft.
Mai 29th, 2014 at 23:56
Du hast Recht Flatter.
………..der Rest hat den schuss nicht gehört!
Mai 30th, 2014 at 00:00
@Vogel (12): Ich kann und will nicht Haltung und Seelenleben ökonomisieren. Was ist die Belohnung dafür, sich nicht zum Arschloch zu machen und dabei selbst vor die Hunde zu gehen? Eine komplett lächerliche Frage, die nur dadurch ihren Sinn erhält, dass Angst die Menschen steuert. Aber die wird man eben nicht los, wenn man sich duckt, sondern auch und gerade durch den Mut, das Richtige zu tun – und das Falsche eben nicht zu tun.
Mai 30th, 2014 at 00:25
@flatter #4 Du schreibst:
“Das Subjekt des Satzes ist “Kriecher”, ich kann aber nirgends das Objekt “Lohnabhängige” lesen. Steht das bei dir irgendwo?”
Tatsächlich, das tut es. In Deinem Ausgangsposting formulierst Du es wie folgt:
“Dieses Prinzip, sich zur Arbeit zu melden, zu jeder(…)”
Außerdem geht die Klassifizierung von Lohnabhängigen als “Kriecher” aus der Logik Deines ganzen Artikels deutlich hervor. Ob es die Arbeiterin in der Fleischfabrik ist, die um die schlechten hygienischen Bedingungen der Produktion weiss, der Autobauer bei BMW, der den großen Verbrauch und Schadstoffausstoß der von ihm hergestellten Karren kennt, die Kassiererin bei ALDI, welche die ältere Kollegin mit ihrer Geschwindigkeit in die Tasche steckt und sie wegkonkurriert…
Es ist ganz falsch so zu tun, als würden schlechte Entscheidungen nur von “Funktionsrobotern” der Mittelschichten getroffen- auch der Lagerarbeiter, der beim Zeitnehmen für eine neue Aufgabe besonders schnell arbeitet, weiß doch genau, dass er damit seinen Kollegen einen miesen Arbeitsstandard mit aufnötigt.
Das ganze System ist aufgrund der Konkurrenz und des Zwanges zur Profitmaximierung so eingerichtet, dass auch einfache ArbeiterInnen die von Dir so beklagten Entscheidungen fällen müssen, und wenn es nur die ist, zu einem Dumpiglohn zu arbeiten, der andere Menschen per “unsichtbarer Hand” in die gleiche Situation zwingt.
@flatter #7 Du schreibst:
“Du wirfst mir Moralisieren vor, und zwar zurecht; das mache ich in diesem Fall bewusst. Was dir entgeht, ist dass du es selbst tust, mit dem Vorwurf, ich stempelte wen ab.”
Es ist keine moralische Bewertung, sondern eine politisch- taktische, wenn ich Dir vorwerfe genau die Menschen abzustempeln, die es braucht, um eine Veränderung der Zustände herbeizuführen.
“Ebenfalls moralisierend ist deine Bemerkung, jemand, der sich verweigert, müsse stempeln gehen. Ist das so schlimm? Ist also Gehorchen Alternativlos? Ist das dein Ansatz?”
Jetzt trägst Du aber dick auf- Du abstrahierst einfach von den materiellen Folgen der “Arbeitslosigkeit” unterm Kapitalismus und tust so, als hinge ich einem Arbeitsfetisch an (“[...]den du hier womöglich bewusstlos verlängerst[...]“), statt die von der Wertvergesellschaftung permanent untergrabenen Lebensinteressen der Leute zu vertreten. “Stempeln gehen” ist Scheisse weil es Leute arm macht, weil es ihnen die Mittel zu einem auch nur irgendwie erträglichen Leben nimmt- nicht weil “Abeit” im sozialdemokratischen Sinne ein “Wert an sich” ist.
Du schreibst weiter:
“Es ist eben nicht bloß eine Frage der “Taktik”. Es ist auch nicht bloß eine der Theorie. Es ist durchaus auch eine der Haltung, und wenn du – wie auch immer – nicht ausreichend Menschen zusammen bekommst, die keine Bücklinge mehr sind, dann findet deine Praxis nicht statt.”
Die ArbeiterInnen in der Rüstungsindustrie, die im Januar 1918 in den Streik traten, haben vorher 4 Jahre lang den Dreck hergestellt, mit dem ihre Klassengenossen auf der anderen Seite der Front niedergemacht wurden. Trotzdem haben sie sich unter historisch spezifischen Bedingungen und unter Ausnutzung breiter, gegen die Gewerkschaften entstandener Organisierung (“Obleute”) erhoben und die ersten Anstöße zur Novemberrevolution gegeben, bei der sie dann auch kräftig mittaten.
Wenn ein paar einzelne Ingenieure 1916 aus persönlichen Gewissensentscheidungen die Arbeit niedergelegt hätten, wären sie halt ersetzt und an die Front geschickt worden. Mit hunderttausenden kriegswichtigen ArbeiterInnen kannste das nicht machen. Und auch unter Friedensbedingungen ist es ein Unterschied, ob Designer XY sein “Rückgradt” entdeckt oder ob sich die ArbeiterInnen in der Produktion mit einem bewußt politischen Streik weigern, den Mist weiter unter miesen (Lohn)Bedingungen zusammenzubauen.
Mein Hauptkritikpunkt an Deinem Text ist, dass Du moralische Entscheidungen einzelner forderst, wo nur interessegeleitete kollektive Aktion etwas bringt. Die Bedingungen dazu kannst Du, wie obiges Beispiel der Obleute zeigt, auch dann schaffen, wenn die Leute gleichzeitig “Bücklinge” sind, damit ihre Familien nicht verhungern bzw. heute: verkommen.
Die Streiks bei Amazon gibt es, weil die Menschen nicht genug Geld haben, um davon leben zu können- wenn Du es noch schaffst Ihnen zu erklären, dass Amazon nicht “gierig” und “boshaft”, sondern kapitalistisch ist, dann kriegen sie vielleicht auch noch die Kurve, sich gegen das System zu wenden.
Mensch muss ihnen durch Agitation die Motivation geben, die richtigen Fragen an die Zustände zu stellen. Vielleicht tun sie das momentan noch nicht, oder nur in geringem Umfang, aber wenn die historischen Bedingungen sich ändern, hast Du wenigstens eine Organisation da stehen, welche die in Bewegung kommenden Lohnabhängigen aufklärt und ihnen wichtige Anstöße zur Selbsttätigkeit geben kann.
Mai 30th, 2014 at 08:17
Ethik ist keine Verrechnungseinheit. Prinzipien, die nicht weh tun, sind keine! Zum Thema mein polarisierendes Provokativ-Argument: Vom Fahrkartenkontrolleur zum KZ Aufseher ist es ein sehr kurzer Weg.
Beinahe überflüssig zu erwähnen, das ich darauf nur Erstaunen und Feindseligkeit ernte. Wo kämen wir auch hin, wenn Prinzipien unser Handeln lenkten?
Ich werd jetzt “ethisch neutral” (das findet Einzug in meinen Sprachgebrauch!) und schlecht bezahlt schuften gehen.
Mai 30th, 2014 at 08:19
@flatter
Du kannst “… nicht Haltung und Seelenleben ökonomisieren.”, DU!, brauchst Du auch nich, das erledigen andere. Mit “Angst” bist Du schon auf der richtigen Spur. Es gibt zuviele ‘Erfahrungsberichte’ und ‘Bücher’ à la “Der Ehrliche ist immer der Dumme” (Wickert).
Mai 30th, 2014 at 09:35
Eben doch. Für denjenigen, der’s tut. Und zwar nicht, dass er stempeln geht, sondern dass er aufrecht geht.
Ein erhebendes, aber auch einsames Gefühl. Zumal es mit ‘Stempeln gehen’ eben auch nicht getan ist – denn genau da geht es ja wieder um Arbeit um jeden Preis und Scheiß. Sinnlose ‘Jobs’, in denen wertvolle Rohstoffe ‘ab Werk’ in Müll verwandelt werden, oder sinnlose Maßnahmen, die dich an diese sinnlose Arbeit gewöhnen sollen. Da heißt es dann ganz schnell nicht mehr nur ‘stempeln gehen’, sondern Sanktionen hinnehmen. Letztlich Totalverweigerung. Und selbst wenn man die Kröten zum Überleben noch zusammenbekommt ist dieses Überleben in dieser Gesellschaft auch nur gesichert, weil und solange andere sich gerade nicht verweigern.
Im übrigen sind es nicht nur Jobs, deren ‘Kern’ schon unzumutbar ist, sondern ‘nur’ deren ‘Begleitumstände’, ich denke da vor allem an den Bereich Gesundheit und Pflege. Ohne Zweifel im Grunde sinnvolle Arbeit, die in jedem Gesellschaftssystem gemacht werden muss, aber inzwischen unter Umständen, die diesen Kern nahezu bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln, manchmal gar unmöglich machen. Auch hier wäre es durchaus angebracht, deswegen mal die Notbremse zu ziehen.
Aber was dann? Das Problem liegt in der Solidarität, die – das setze ich mal voraus – man einerseits ‘auf einer höheren Ebene’ will, die man aber durch die Verweigerung gerade verletzt, während man sie in Form des Weiterfunktionierens des ‘Reproduktionsapparates’ auch im hier und jetzt weiterhin in Anspruch nimmt – und eventuell noch Hilflose im Stich lässt. Man müsste, um dem Dilemma auch nur einigermaßen zu entgehen, mit der Verweigerung zusammen gleichzeitig ein Angebot machen können. Und da hapert es eben nach wie vor…
Vielleicht sollte man die Zunahme der ‘arbeitsbedingten’ psychischen und sonstigen Erkrankungen, auch das Phänomen der ‘inneren Kündigung’ nicht zuletzt mal in diesem Lichte betrachten. Es ist nicht nur der allgegenwärtige gesellschaftliche Druck, der die Leute bei der Stange hält, es ist auch die Schwierigkeit, eben dieses Dilemma aufzulösen.
Mai 30th, 2014 at 10:03
Zum Programmieren von Spambots braucht es keine Massen, der Auftraggeber muss nur einen finden, der es macht. Moralische Appelle sind dabei nicht wirkungslos, sie können das Preisgefüge erheblich verzerren, weil der Markt so klein ist. Das Arbeitsklima bei Snowdens ehemaligem Arbeitgeber dürfte sich auch erheblich verändert haben, allein der Wunsch, das sich so etwas nie mehr wiederholen darf sorgt für Mißtrauen, mehr Überwachung und mehr Bürokratie. Von den Auswirkungen auf die Bilanzen von Cisco rede ich dabei gar nicht.
“Keiner von denen, die das wissen müssen, steht auf. Keiner sagt: “Das mache ich nicht!”.” Alle denken an die Familie, das neue Auto, den nächsten Urlaub … das bisschen ‘Wohlstand’, die allmonatliche Bestechungsprämie vulgo ‘Lohn’.
Gerade hier können moralische Appelle sehr wohl etwas bewirken. Die jungen Menschen, die 4% in einen Riestervertrag stecken sollen und das auch können, könnten die Drohungen der Politik und das Gerede von EIgenverantwortung ja auch ernst nehmen und 40% oder gar 70% ihres Einkommens sparen…
Mai 30th, 2014 at 11:26
“…Schwierigkeit, eben dieses Dilemma aufzulösen”
Inzwischen gibt es Tote – na gut, es war “nur” einer – bei dem Versuch Alternativen zu etablieren und zu erhalten: Telepolis, Ausnahmezustand in Stadtteilen Barcelonas
In Granada sind diese Tage zwei Streikposten, die während eines Streiks 2012 Flugblätter verteilt hatten, zu 3 Jahren und 1 Monat Knast verurteilt worden. (#LibertadCarlosYCarmen)
@Salvador Arachnor: Die geforderte Aufklärung…wann und wo soll sie denn stattfinden und durch wen? Wer kapiert denn überhaupt, wie sein Wirken im Verhältnis zu einem größeren Zusammenhang steht? Is nich provokant gemeint, sondern Ausdruck meiner Ratlosigkeit.
Mai 30th, 2014 at 11:35
@SalvadorArachnor
So, und nachdem diese Produkte oder Dienstleistungen dann auf dem Markt sind, werden sie von ebenso gepolten Verbrauchern gekauft und konsumiert. Eine Salami ist eine Salami, mehr braucht man nicht zu wissen und will man auch nicht. Ein BMW ist einfach “geil” und fertig. Die Kollegin hat kein Privatleben, sondern ist eine Konkurrentin. Und so weiter.
Egal, ob Jobs “sinnvoll” sind oder nicht. Letzten Endes handelt es sich immer um das “Phänomen” der Verdrängung … Ignorance is a bliss.
Mai 30th, 2014 at 12:05
@SalvadorArachnor: Es ist ansttengend. Ich lese immer 1916, 1918. Du kommst aus deiner quadratischen Denke keinen Millimeter raus. Ich denke nicht immer nur ‘materialistisch’, und selbst wenn, komme ich oft zu anderen Ansichten.
Zwei Beispiele:
“Außerdem geht die Klassifizierung von Lohnabhängigen als “Kriecher” aus der Logik Deines ganzen Artikels deutlich hervor.”
Bei dir. In deinem Kopf. Nirgends sonst. In meinem Kopf sieht das so aus: Es gibt Situationen, da kannst du aufrecht gehen oder auf die Knie fallen. In letzterem Fall bist du Kriecher. Sicher, es ist immer Zwang dabei, aber du musst dich entscheiden und handeln, auch wenn es wehtut.
Zwo:
” “Stempeln gehen” ist Scheisse weil es Leute arm macht, ”
Das von dir? Bedauerlich. Nein, arm macht sie das Kapital und sein Druck, die Angst. Stempeln gehen ist kein Makel, das muss die erste Botschaft sein. Schwarzarbeit nebenher ist die Aufforderung, die in der “Eigenerantwortung” steckt. Werdet Sozialschmarotzer, Lohnarbeit nährt euch eh nicht mehr. Das sind Fragen der Ethik. Die sind relevant.
Mai 30th, 2014 at 12:22
EIn Bauer arbeitet hart. Also erfindet jemand eine Maschine, die ihm sein schweres dasein erleichtert. Nun ist der Bauer gluecklich, muss er doch weniger arbeiten fuer die gleiche Leistung. Dummerweise verkauft der Erfinder seine Maschine auch anderen Bauern, und da einer von denen garantiert gierig ist, arbeitet der fleissig die freigewordene Zeit, schafft konkurenz und drueckt die Preise. Am Ende muessen alle mehr arbeiten und einige werden dank der Rationalisierung arbeitslos. ERGO: der fleissige, der Normbrecher, der Tuechtige ist ein Arbeitsvernichter! FAULHEIT IST EINE TUGEND.
Mai 30th, 2014 at 12:59
Tja, Troll, das war wohl nichts. ;p
Mai 30th, 2014 at 14:50
der inbegriff eingebauter sollbruchstellen ist für mich die firma BRAUN, die mit den weckern, den entsaftern, kaffeemaschinen, toastern usw.
lange gehalten haben diese dinge nie. meistens sitzt die sollbruchstelle am plastikschalter. ich kaufe keine BRAUN-Produkte mehr.
Mai 30th, 2014 at 15:31
“Was ist das für eine Mentalität, mit der man glaubt, sich ein Leben verdienen zu müssen auf Kosten anderer?”
Ja, das frage ich mich auch. Untertanenmentalität oder Herrschermentalität? Dummheit, Abgestumpftheit, Angepasstheit, Boshaftigkeit oder Überzeugung?
Was denkt sich z.B. jemand dabei, der sich Schrittzähler für ältere Arbeitssuchende einfallen lässt, um überprüfen zu können, ob sich derjenige auch körperlich fit hält (für den Arbeitsmarkt)? Das ist doch schon mehr als reine Pflichterfüllung. Was denken diejenigen sich dabei, wenn sie diese “Maßnahme” in den höchsten Tönen loben, als individuelle “Förderung” verstanden wissen wollen?
Der Mensch, der entwürdigt und gedemütigt wird, wird der noch als Mensch wahrgenommen von den “Vollstreckern” und “Erfindern” solcher “Maßnahmen”?
Das ist doch nichts anderes als eine Einteilung in wertes und unwertes Leben. Woran erinnert mich das nur?
Wer sich in dieser Gesellschaft noch etwas Gewissen und Menschlichkeit (manchmal reichte sogar etwas gesunder Menschenverstand) bewahrt hat, der müsste eigentlich an diesem Widerspruch von Anspruch und Realität irre werden.
Es mangelt grundsätzlich an Reflexion(sfähigkeit) des eigenen Handelns, denke ich. Wichtig ist die Abgrenzung nach “unten” und die Anerkennung von “oben”, um dazu zu gehören. Genügend “Optimierungs- und Verdrängungskonzepte” von sog. Experten gibt es doch. An denen gilt es sich entlang zu hangeln bis man selbst als Experte gelten darf und das Recht hat, andere zu gängeln und zu kontrollieren.
Das neoliberale Menschenbild ist perfide, aber es wird uns tagtäglich als Inbegriff der Handlungs- und Willensfreiheit eingeimpft.
Es soll ja nicht wenige Menschen geben, die ganz fest daran glauben. Und Glaube versetzt ja bekanntlich Berge. Think positive!
Mai 30th, 2014 at 15:54
Ich muss da Flatter mal beipflichten. Ich habe sehr oft in meinem Leben berufliche Abbrüche durchgeführt, weil es nicht mehr zu meiner inneren Einstellung passte und jedes Mal hätte das natürlich blöde enden können, so dass ich heute von Stütze leben müsste. Das ist zum Glück nicht passiert, sondern ich mache jetzt etwas, wo ich wirklich hinter stehe und -passenderweise- stimmt sogar das Finanzielle noch. ABER, auch wenn es wirklich komplett schief gegangen wäre, so wäre auch das für mich ok gewesen. War halt jedesmal eine klare Abwägung. An dem Punkt kommt dann wieder Flatters Einsatz, denn viele trauen sich das eben nicht, sondern buckeln lieber und damit meine ich nicht diejenigen, die zwei Dutzend Kinder durchbringen müssen…
Ergänzend könnte man vielleicht noch hinzufügen, dass es nicht immer nur an der eigenen Einstellung liegen muss, sondern durchaus auch aus dem sozialen Umfeld ein gewisser Druck kommt. Schule abbrechen, Studium mitten drin beenden, Lehre schmeißen… all das erzeugt nicht gerade Zustimmung bei Familie und Freunden.
Mai 30th, 2014 at 17:50
Fur mich und meine Frau ist das sehr ergiebig!
Beim Morgencafé diskutieren wir gerne und ausgiebig und immer mit dem gleichen Resultat, mit dem Resultat, dass wir eigentlich keins haben.
Wir neigen leider dazu, auf diejenigen zu verweisen, von denen wir erwarten, dass sie doch endlich mal, weil doch alles so offensichtlich und durchschaubar ist, so handeln, wie wir uns vorstellen, wie sie eigentlich handeln müssten.
Leider wollen sie uns diesen Gefallen absolut nicht tun.
Es scheint so, je mehr wir uns den Kopf machen, desto inniger haben sie sich gegen uns verschworen.
Das fängt schon ziemlich brutal an: Da wird eine farbige Politikerin aus dem Kaninett Hollande mit einem Affen ins Internet gestellt mit dem Untertitel: “Zurück in den Dschungel mit Dir.”
Dann kommt das nationale Getöse: Frankreich den Franzosen, echte Franzosen kaufen französische Waren, die Grenzen dicht machen für Immigranten, die Grande Nation muss wieder auferstehen und viele Beleidigungen mehr für unsere verarmte Seele.
Peinhart hat sicher recht, wenn er ein Angebot anmahnt, was wir aber nicht machen können, weil uns dieses einfach fehlt. Und Aufklärung und Appelle an die eigene Wirbelsäule, scheitern wohl einfach daran, dass dieses System in seiner Effiziens so perfektioniert worden ist, dass einem nur noch die Einsicht in die eigene Ohnmacht verbleibt oder in die Hoffnung, dass sich das System mal von selbst erledigt.
Jetzt bin ich mal wieder ein typischer “Zu spät”.
Mai 30th, 2014 at 20:26
Zu diesem Thema möchte ich folgendes Bonmot in Erinnerung rufen:
“Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.” – G. Schröder
Wenn man hinter solchen Worten nicht den Geist des Faschismus erkennt, merkt man auch sonst nicht mehr viel.
Mai 30th, 2014 at 20:44
Ok @flatter #26, dann weiß ich oder derjenige andere, daß ihn Lohnarbeit nicht (mehr) nährt und wie weiter? Dann brauch ihn anderes auch nicht nähren? ;-)
… denn noch nährt sie ihn ja irgendwie… und gibt ihm (wie auch immer) die Hoffnung, das weiter tun zu können.
Edit: scheint so was wie ein Teufelskreis, aus dem es wohl ohne Perspektive kein Entrinnen gibt oder wenigstens zu geben scheint.
Mai 30th, 2014 at 21:17
Das ist wie mit einer Bleiweste schwimmen und hoffen, dass sie niemand noch schwerer macht.
Mai 30th, 2014 at 21:22
Jo @flatter, vielleicht. Aber woher soll derjenige wissen, daß Schwimmen auch ohne Weste ginge.
… Schwimmen will gelernt sein, bisher weiß ‘er’ doch nur die Variante mit Bleiweste. Weder daß es ohne ginge, daß es überhaupt ginge – und wo sollte da auch noch ein Gedanke kommen, daß nichtmal Schwimmen nötig sein könnte…
Mai 30th, 2014 at 21:30
Es könnte jemand hingehen und es ihm sagen. Dann könnte er darauf verzichten, ihn zum Teufel zu jagen. Vermutlich sind wir da jetzt beim Höhlengleichnis.
Mai 30th, 2014 at 21:36
Könnte @flatter, Konjunktiv….
Wenn es nicht nur einer macht (das mit dem Sagen) und auch eine Idee oder einen Vorschlag, der dem anderen realistisch klingt oder er sich angucken kann, wie es schon realistisch ist, ist es immer noch ein Konjunktiv mit “könnte” – mir scheint ein vielversprechenderer, als der mit dem einen und nur sagen.
Ich denke, dieses mit allem alleine zu stehen und alleine durchstehen zu müssen, weil da niemand an der eigenen Seite ist, macht es noch einmal schwerer.
Mai 30th, 2014 at 21:44
Man kann nicht alles vorleben. Ich kann niemandem sein Leben vorleben, ich kann nur hingehen und sagen: Lass’ dich nicht verarschen und hab’ keine Angst! Wenn man den Menschen schon mal die Angst vor der Schuld nimmt nimmt, die sie gar nicht haben, ist das ein erster Schritt. Wenn man ihnen deutlich macht, dass man auch vorsorgen kann gegen “Sanktionen” – nämlich durch Schwarzarbeit, Nebengeschäfte und Selbstversorgung, dann ist noch etwas gewonnen. Ganz nebenbei verlangt ja auch keiner, dass jemand nie wieder einen Lohnjob machen soll. Kann er ja, aber eben einen erträglichen (siehe #31). Es gibt andererseits kein Leben ohne Risiko. Das System ist auf Ausbeutung gepolt, und je weniger die Leutz sich wehren und etwas riskieren, desto schlimmer werden sie behandelt. Das meint “Eigenverantwortung”, da kann man die Jünger Puffpeters beim Wort nehmen.
Auf der “eigenen Seite” sind derweil Millionen. Ob die sich gegenseitig wahrnehmen, was kann ich dazu tun?
Mai 30th, 2014 at 22:02
Was Du dagegen tun kannst, weißt einzig Du @flatter ;-)
Ich meine allerdings, daß es nicht aufgeht, jemandem die Angst vor Schuld zu nehmen und ihm (wenn vielleicht auch nicht gewollt), ihm andererseits mit Schuld odda so zu kommen.
Ich habe mich mehr als einmal gegen etwas entschieden, zuletzt als ich mich weigerte als (neuer) Chef eines Maßnahmeträgers im damaligen ‘Betrieb’ weiter zu arbeiten – mit der Begründung: Ich werd kein Chef vom R.A.D.
Aber das bin ich, ich bin ohne familiären Anhang, die Suppe habe ich alleine auszulöffeln. Es ist ja vergleichsweise gut gegangen, ich landete nur in Hartz4, was klar war – die Sanktionen hätten mich aber auch erwischen können und da hätte mir kein Gericht der ‘Welt’ helfen können, wenns um Arbeitsverweigerung gegangen wäre…
Ich kann für mich entscheiden so wie andere für sich, ich mit meinen Gründen, sie mit ihren.
Ich finds schlimm, daß andere so ganz andere Entscheidungen treffen, aber sollen sie meine treffen – das hieße doch im Umkehrschluß, ich würde es ok finden, müsse ich ihre für mich treffen^^
Sondermarke, icke eben ;)
Mai 30th, 2014 at 22:02
@troptard
C’est vraiment trop con…Monsieur…;-)
Mai 30th, 2014 at 22:11
OT: Update Katalonien – Der Bürgermeister von Barcelona stellt den Abriß der besetzten Häuser (Can Vies) ein und es wird verhandelt. (Quelle: Revolution News)
Vier aufeinander folgende Nächte Proteste, Molotow Cocktails, brennende Müllcontainer und dauernd hunderte von Menschen auf den Straßen – Das scheint ein Rezept zu sein.
Ich glaube, ich muß demnächst mal jemanden in Barcelona besuchen. Hier passiert doch eh nix außer vielleicht in Hamburg.
Mai 30th, 2014 at 22:30
Ganz passend: Der Kiezneurotiker, vor allem der vorletzte Absatz.
Mai 30th, 2014 at 22:38
Ja, der ist gut.
Die Ursula V.S.D.O.P. so: Wir wollen die Besten der Besten der Besten für die Bundeswehr.
Spiegel-Kommentator: Und warum sind SIE dann dort?
Mai 30th, 2014 at 23:12
Noch einer zu Spanien und dann halte ich wieder die Finger still: The Guardian, Almost all Spanish stock market firms use tax havens, report finds
Wie war das? Nein! Doch!! Oh!!!
Mai 30th, 2014 at 23:22
Recht habt Ihr alle, sonst wäre es schön einfach. Solidarität war ein gutes Stichwort.
Produzenten und Konsumenten lassen sich nicht trennen, viele sind beides. Der Konsumwahn ist Teil des Problems. Wenn keiner den Scheiß mehr kauft, weil er kapiert, dass ers nicht braucht, mit oder ohne Sollbruchstelle, wäre ein gutes Stück Wahnsinn geheilt. Wenn ein neuer BMW keinen besonderen Reiz mehr ausübt sondern eher Ekel verursacht, ist der Patient auf einem guten Weg und repariert den alten Fiesta. Die Allmacht der Desorientierungs-Industrie zu brechen, dazu KANN das Internet das neue revolutionäre Mittel sein. Vielleicht verstehen dann immer mehr, was wichtig ist: Wasser, gutes Essen und ein Dach überm Kopf – und zwar für alle vom Nord- bis zum Südpol. Das hat Priorität, selbstverständlich, auch ethisch.
Mai 30th, 2014 at 23:26
@flatter – feynsinn.net
Danke für den unter “Basiswissen – Volkswirtschaft? Marktwirtschaft?” eingestellten nochmaligen Verweis auf den wundervollen Vortrag von H.-J. Bontrup hier an der Uni-HH im Juli ’12! Ich glaube, auch schon einmal in Kommentaren bei Dir darauf verwiesen zu haben – wie auch auf sein durchaus lesenswertes Buch “Arbeit, Kapital und Staat”. Erschreckend – oder auch nicht – ist, wie aktuell er heute noch ist.
Für Dein “Bitte kurz bescheid sagen, danke!” habe ich noch einen besseren yt Link, der den kompletten Vortrag in einem Abwasch enthält (auch, wenn Du solche Videohinweise eigentlich nicht erlaubst):
http://www.youtube.com/watch?v=QwhZnSQNLDU
Mai 31st, 2014 at 00:31
OT: Tipp@all: Firefox-Add-On ‘Copy as HTML Link‘
Funktion/Benutzung: Befindet man sich auf einer Seite, von der man einen A HREF-Link z.B. hier posten möchte, dann markiert man zunächst den Textabschnitt (auf der zum Verlinken gewünschten Seite), der als Beschreibung erscheinen soll. Danach klickt man mit der rechten Maustaste an einer beliebigen Stelle – natürlich nicht auf einen Link oder Button, stupid – auf diese Seite und wählt aus dem erscheinenden Kontextmenü den (vom Add-On hinzugefügten) Menüpunkt “Als HTML-Link kopieren” aus.
Danach befindet sich der formatierte Link in der Zwischenablage und kann direkt hier oder in eine (sinnigerweise html-formatierte) Mail oder … per üblichem CTRL+V oder SHIFT+INS oder mit der Maus oder weiß der Teufel eingefügt werden.
Mai 31st, 2014 at 00:49
Danke euch beiden. @bernd_r: Natürlich erlaube ich die, wenn es welche sind, die ich kenne, die der Sache dienen und bei denen erkennbar sind, worum es sich handelt. Ich habe den drüben ausgetauscht.
Rainers Tip steht jetzt in den NB.
Mai 31st, 2014 at 01:24
Wie ich schon mehrfach in meinem Beitrag “Passiven Widerstand” hingewiesen habe kann man durch sein Konsumverhalten einiges beeinflussen.
Ich überlasse es FLATTER den nochmal zu bringen.
Ich für meinen Teil habe nie anders gelebt.
Mai 31st, 2014 at 08:35
Neben passivem Widerstand ist als weiterer Weg auch einfache Sabotage möglich. Ziel ist immer den Mehrwert zu minimieren. Ein gutes Handbuch aus dem Jahr 1994 sei hier empfohlen:
http://www.gutenberg.org/files/26184/page-images/26184-images.pdf
Beispiele ab Seite 28:
(11) General Interference with Organizations and Production
(a) Organizations and Conferences (1) Insist on doing everything through “channels.” Never permit short-cuts to be taken in order to expedite
decisions.
(2) Make “speeches.” Talk as frequently as possible and at great length. Illustrate your “points” by long anecdotes and accounts of personal experiences. Never hesitate to make a few appropriate “patriotic” comments.
(3) When possible, refer all matters to committees, for “further study and consideration.” Attempt to make the committees as large as possible
– never less than five.
(4) Bring up irrelevant issues as frequently as possible.
(5) Haggle over precise wordings of communications, minutes, resolutions.
(6) Refer back to matters decided upon at the last meeting and attempt to re-open the question of the advisability of that decision.
(7) Advocate “caution.” Be “reasonable” and urge your fellow-conferees to be “reasonable” and avoid haste which might result in embarrassments or difficulties later on.
(8) Be worried about the propriety of any decision — raise the question of whether such action as is contemplated lies within the jurisdiction of the group or whether it might conflict with the policy
of some higher echelon.
(b) Managers and Supervisors
(1) Demand written orders.
(2) “Misunderstand” orders. Ask endless questions or engage in long correspondence about such orders. Quibble over them when you can.
(3) Do everything possible to delay the delivery of orders. Even though parts of an order may be ready beforehand, don’t deliver it until it is completely ready.
(4) Don’t order new working materials until your current stocks have been virtually exhausted, so that the slightest delay in filling your order will mean a shutdown.
(5) Order high-quality materials which are hard to get. If you don’t get them argue about it. Warn that inferior materials will mean inferior work.
(6) In making work assignments, always sign out the unimportant jobs first. See that the important jobs are assigned to inefficient workers of poor machines.
(7) Insist on perfect work in relatively un important products; send back for refinishing those which have the least flaw. Approve other defective parts whose flaws are not visible to the naked eye.
(8) Make mistakes in routing so that parts and materials will be sent to the wrong place in the plant.
(9) When training new workers, give in complete or misleading instructions.
(10) To lower morale and with it, production, be pleasant to inefficient workers; give them undeserved promotions. Discriminate against efficient
workers; complain unjustly about their work.
(11) Hold conferences when there is more critical work to be done.
(12) Multiply paper work in plausible ways.
Start duplicate files.
(13) Multiply the procedures and clearances involved in issuing instructions, pay checks, and so on. See that three people have to approve everything where one would do.
(14) Apply all regulations to the last letter.
(c) Office Workers
(1) Make mistakes in quantities of material when you are copying orders. Confuse similar names. Use wrong addresses.
(2) Prolong correspondence with government bureaus.
(3) Misfile essential documents.
(4) In making carbon copies, make one too few, so that an extra copying job will have to be done.
(5) Tell important callers the boss is busy or talling on another telephone.
(6) Hold up mail until the next collection.
(7) Spread disturbing rumors that sound like inside dope.
(d) Employees
(1) Work slowly. Think out ways to in crease the number of movements necessary on your job: use a light hammer instead of a heavy one, try to make a small wrench do when a big one is necessary, use little force where considerable force is needed, and so on.
(2) Contrive as many interruptions to your work as you can: when changing the material on which you are working, as you would on a lathe or punch, take needless time to do it. If you are cutting, shaping or
doing other measured work, measure dimensions twice as often as you need to. When you go to the lavatory, spend a longer time there than is necessary.
Forget tools so that you will have to go back after them.
(3) Even if you understand the language, pretend not to understand instructions in a foreign tongue.
(4) Pretend that instructions are hard to understand, and ask to have them repeated more than once. Or pretend that you are particularly anxious to do your work, and pester the foreman with unnecessary
questions.
(5) Do your work poorly and blame it on bad tools, machinery, or equipment. Complain that these things are preventing you from doing your job right.
(6) Never pass on your skill and experience to a new or less skillful worker.
(7) Snarl up administration in every possible way. Fill out forms illegibly so that they will have to be done over; make mistakes or omit requested information in forms.
(8) If possible, join or help organize a group for presenting employee problems to the management. See that the procedures adopted are as inconvenient as possible for the management, involving the presence of a large number of employees at each presentation, entailing more than one meeting for each grievance, bringing up problems which are largely imaginary, and so on.
(9) Misroute materials.
(10) Mix good parts with unusable scrap and rejected parts.
(12) General Devices for Lowering Morale and Creating Confusion
(a) Give lengthy and incomprehensible explanations when questioned.
(b) Report imaginary spies or danger to the Gestapo or police.
(c) Act stupid.
(d) Be as irritable and quarrelsome as possible without getting yourself into trouble.
(e) Misunderstand all sorts of regulations concerning such matters as rationing, transportation, traffic regulations.
(f) Complain against ersatz materials.
(g) In public treat axis nationals or quislings coldly.
(h) Stop all conversation when axis nationals or quislings enter a caf.
(i) Cry and sob hysterically at every occasion, especially when confronted by government clerks.
(j) Boycott all movies, entertainments, concerts, newspapers which are in any way connected with the quisling authorities.
(k) Do not cooperate in salvage schemes.
Mai 31st, 2014 at 12:10
@Der Viewer: Wenn ich manchmal Leuten etwas über Produkte und deren Herkunft oder deren Schädlichkeit erzählt hatte, dann wurde ich fast immer als Spinner beäugt oder gleich als Miesepeter abgetan. Meine Erfahrung ist deshalb, dass weder moralisch/ethisches Herangehen, noch die Aufzählung von Fakten bei Konsumentscheidungen zu wirken scheinen. Selbst wenn man eine Institution wie z.B. “Stiftung Warentest” mit zusätzlich ethischem Codex gründete, ist nicht sicher, wie viele sich an deren Ratschläge halten würden. Im Zweifel heißt es dann: “Diese Gutmenschen mit ihrem Ökofaschismus wieder”.
Auf die reine Vernunft oder Einsicht werde ich jedenfalls nicht mehr zählen.
Bei der Produktion von Gütern ist nahezu alles erlaubt. Die Ausbeutung von Mensch, Tier und allem anderen in der Natur ist der Normalzustand, der sein schönes Antlitz alleine durch die Illusion der Ich-Erhöhung erhält, die uns die Propaganda täglich seit 90 Jahren einträufelt. Ohne das Wissen um unbewußte und irrationale Prozesse bei Kaufentscheidungen und deren Adressierung durch Werbung wäre das alles undenkbar.
Shopping und die Mehrung von im Besitz befindlicher Güter ist zum Lebensinhalt vieler geworden. Dagegen können “wir” mit unseren Hinweisen auf die kleinen kritischen Dokumentarfilmchen nicht anstinken. Nicht einmal die Religionen sind in der Lage, dem etwas wirksames entgegen zu setzen. Naja, Leute wie dieser Tebartz van Dingens sind auch nicht wirklich dazu verdammt als beispielgebende Vorreiter für Askese in die Geschichte einzugehen.
Will man wirklich etwas im Großen bewirken, dann muß man an die Produzenten herantreten und auf deren Einhaltung existierender Gesetze beharren. Dann kommen jedoch die Marktliberalen und ihre korrupten Komplizen in der Politik und sagen, dass das geschäftsschädigend sei. Dort schließt sich dann auch der Kreis zu flatters Artikel.
Strategischer Konsum Einzelner ist nett. Aber er bewirkt … nichts.
Rust Cohle (True Detective) meint dazu:
I think human consciousness, is a tragic misstep in evolution. We became too self-aware, nature created an aspect of nature separate from itself, we are creatures that should not exist by natural law. We are things that labor under the illusion of having a self; an accretion of sensory, experience and feeling, programmed with total assurance that we are each somebody, when in fact everybody is nobody. Maybe the honorable thing for our species to do is deny our programming, stop reproducing, walk hand in hand into extinction, one last midnight – brothers and sisters opting out of a raw deal.
Möglicherweise hat er recht, wenn er bei anderer Gelegenheit sagt: “It’s all one ghetto, man. A giant gutter in outer space.” (Ich liebe diesen Spruch.)
OT: Ach, einer sei mir noch zu Spanien gestattet: Reiner Wandler-Blog, Wer will, der kann
Mai 31st, 2014 at 14:04
OT Can Vies/Barcelona: Ein Foto von heute.
Die bauen also mal schnell den bereits abgerissenen Teil des Gebäudes wieder auf. Okay, derzeit räumen sie den Dreck weg. Wie ich las, haben sie auch keinen Bock auf Verhandlungen mit der Stadt, d.h. es gibt auch keine Genehmigung “von oben”.
Mai 31st, 2014 at 14:15
p.s.: Noch ein tweet dazu.
Mai 31st, 2014 at 16:47
Hallo
Also gehn wir das Beispiel doch mal durch :
Der Ingeneur steht auf und sagt : die Sollbruchstelle bau ich nicht ein , das ist scheisse , er kann seine Kollegen und Chefs ueberzeugen dass das ethisch falsch ist . Dann steht demnaechst ein Superprodukt in den Regalen , aber zu einem hohen Preis und keiner kaufts . (weil sichs inzischen keiner mehr leisten kann .. ) Dann geht die Firma pleite und die Kollegen stehn mit ihm auf der Strasse ( oder in Hartz IV). Ist doch auch nicht richtig , oder ?
Fazit es gibt kein richtiges Leben im Falschen .
Der Aufstand einzelner nuetzt doch noch nicht mal dem Gewissen , denn die Konsequenzen koennen dich auch hier auf dem falschen Fuss erwischen . Was naoetig ist ,ist eine Organisation und der Aufstand zumindest einer grossen Gruppe um so etwas zB gesetzlich zu regeln .Da bin ich dann bei @SalvadorArachnor
Mai 31st, 2014 at 19:30
@R@iner, ich denke, weiter oben wurde schon Solidarität angesprochen, das ist es: Nicht nur die unmittelbar Betroffenen wehren sich, es sind auch Menschen dabei, die nur mittelbar betroffen sind, dem Augenschein nach vielleicht sogar gar nicht betroffen.
Es gelingt den Betroffenen(!) Ausstrahlung auf die Nichtbetroffenen zu senden/ zu haben/ whatever.
Den Betroffenen selbst und (jedenfalls habe ich das dann nicht mitbekommen) keinem Organisationsorgan (Partei, Parlament, Zentrale, odda so).
So stelle ich mir das manchmal auch für hier vor. Möglicherweise müssen dafür die Betroffenen auch ein paar Forderungen stellen, die nicht nur für sie alleine in dem Moment zählen, daß es anderen schon darum leichter fällt sich zu solidarisieren…
Regionale Forderungen reichen da mE völlig, die Situation kennen sie, da fällt es, so schwer es sicher trotzdem ist, wohl leichter ‘Verbündete’ zu finden resp. ‘anzustecken’ als das auf riesige nationale oder abstrakt-antikapitalistische Forderungen abzuheben.
Mai 31st, 2014 at 20:49
@Kichumen(55):
“Dann steht demnaechst ein Superprodukt in den Regalen , aber zu einem hohen Preis und keiner kaufts”
Seltsame, weltfremde Logik. Produkte ohne Sollbruchstelle sind nicht teurer. Der Preis bemisst sich grundsätzlich an dem, was man nehmen kann. Die Marge muss so groß wie möglich sein, man konkurriert mit anderen Profitgeneratoren. In einigen Branchen muss überhaupt erst mal Profit sein, das ist ja das Problem.
Es ist schon klar, dass man in so einem Betrieb keine Zukunft hat, wenn man nein sagt. Tröstlich: Der ganze bescheuerte Apparat hat keine Zukunft, was zuerst die Angestellten zu spüren bekommen. Siehe Südeuropa.
Ich ahne derweil, dass SalvadorArachnor nicht an “gesetzliche Regelungen” glaubt. Ich übrigens auch nicht.
Mai 31st, 2014 at 21:07
@Kichumen: Vorhin gerade mit ‘ner Bekannten telefoniert. Drei Kinder. Zwei haben Master Uni (Ausland inkl.) bzw. TU, der Zögling hat zwei Jahre etwas studiert, was im Bundesland bald nicht mehr gebraucht wird. Abbruch. Ein Jahr Studium an einer Privat-FH, die die Approbation entzogen bekam, was einer der Studenten in der Zeitung lesen musste. Abbruch. Erspartes weg. Jetzt Drittstudium. Erstantrag Bafög. Abgelehnt, da nicht Erststudium.
Der mit dem Uni-Abschluß arbeitet gerade bei McDonalds. An der Kasse.
Bei mir um die Ecke sitzt ein einstmals großer Konzern. Global Player. Die stellen seit mindestens fünf Jahren überhaupt niemanden von außerhalb mehr ein. Nicht einmal für Ausbildungsplätze. Vor 25 Jahren habe ich Leute unterrichtet, von deren Jahrgängen nicht ein Einziger aus der Ausbildung übernommen wurde. Ich las vor zwei Jahren die Zahl, dass bis dato über 40% der Jobs über Beziehungen vergeben wurde.
Ingenieurskollegen von mir treten sich die Füße bei der Zeitarbeit platt. Da bekommt man immerhin halb so viel wie ein Industriemeister am Ende raus. Das ist tröstlich, wenn man 50 ist und so etwa 25 Jahre auch nicht gerade untätig war.
Von was redest Du nochmal? Verstehe mich nicht falsch, aber “uns” gehen die Druckmittel aus, wenn nur noch die angepasste Verwandtschaft der Mitarbeiter überhaupt in die Vorauswahl gerät.
@Wat.: Deinen letzten Absatz sehe ich auch so. Deshalb verlinke ich dieses Zeugs ja hier.
p.s.: Selbstorganisation oder Verbitterung mit Altersarmut – Das ist wohl die Frage die sich für manche stellt, sofern sie Fragen stellen.
Mai 31st, 2014 at 22:11
@flatter: Das wird mir ja erst jetzt klar. Keine Gesetze? Au weia! Und nun?
Mai 31st, 2014 at 22:17
Frag’ mal das BKA, das sind Experten für Leben ohne Gesetze.
Mai 31st, 2014 at 22:28
Ich lebe in einer Region Frankreichs, in der Armut nicht die Ausnahme war, sondern täglich Brot.
Die Jugend ist in die Zentren abgewandert, weil ihnen die Perspektive ihrer Eltern, ihr Leben in den Weinfeldern und Obstplantagen zu verbringen keine Perspektive mehr wert war.
Verlassene und verfallene Dörfer habe ich selbst noch vor dreissig Jahren erlebt.
Heute ist das anders! Die verfallenen Mauern wurden neu verputzt und für den Tourismus so hergerichtet, dass sie auch für ein Urlaubsfoto geeignet sind.
Wo früher in einem Ort von 7000 Einwohnern vielleicht eine Bar noch bis 19 Uhr geöffnet hatte, findet man heute in jedem Raum, der seine 15 qm hergibt, irgendeinen Kommerz. Und diese 15 qm müssen ihre 1500 bis 3000 Euro im Monat für den Vermieter abwerfen, d.h. für das ganze Jahr in einer Saison, die auch hier nur 6 Monate andauert.
Also ruhen alle Hoffnungen auf den Tourismus, den man herbeisehnt, aber die Touristen selber hasst, weil man von ihnen so abhängig ist. Das entlädt sich dann in so Sprüchen:” Lasst Euer Geld hier und dann verschwindet wieder.”
Für die Jugend hat sich nicht viel verändert! Arbeit ist hier überwiegend nur saisonal zu finden, in den Plantagen, Restaurents und Bars oder Boutiqen oder in den Supermärkten und dort zu Bedingungen, die durch kein Arbeitsgesetz geschützt sind. Der grösste Arbeitgeber sind hier übrigens die Kernkraftwerke. Wer dort unterkommt ist noch priviligiert.
Ja! Und dann gibts hier auch McDo. Dort sieht man diese weichen noch konturenlosen Gesichter von Jugendlichen. Mc Do beschäftigt nur Jugendliche unter 18 Jahren, weil für diese kein Mindestlohn gezahlt werden muss. 30% niedriger darf er sein und mehr als zwei, drei von diesen armseligen Geschöpfen sieht man dort auch nicht beschäftigt.
Eine im hinteren Bereich, eine am Bedienen und eine am Putzen. Meine Tochter hat sich dort für eine Ferienarbeit beworben. Ich bin froh, dass sie bis heute keine Antwort auf ihre Bewerbung erhalten hat.
Mai 31st, 2014 at 22:46
@flatter: Ja, kommen auch Sie zum Ministerium für Informationswiederbeschaffung. Central Services bietet allen Mitgliedern ein einzigartiges Programm zur Verschönerung der Rohre in ihrem Heim. One way rendition flights included.
Mai 31st, 2014 at 23:34
@Troptard: Biste sicher das du in Frankreich bist, und nich in der Äberlausitz? Naja, Weinstöcke sind hier die Ausnahme…
Mai 31st, 2014 at 23:51
63, Langlode44
Äberlausitz hört sich ziemlich deutsch an. Ist mir zwar peinlich zu fragen: aber wo liegt das?
Bin schon zu lange weg, um das noch einordnen zu können oder vielleicht auch schon zu alt.
Juni 1st, 2014 at 00:30
Dreiländereck D, Pl, C.
Juni 1st, 2014 at 12:19
@flatter:
Unnütze oder schädliche Arbeit zu verweigern, das ist eine sehr idealistische Ethik.
Wenn im derzeitigen System alle dieser Ethik folgen würden, so bräche das gesamte WirtschaftSystem zusammen – was
wahrscheinlich zu einem Weltkrieg führt.
Um so eine Ethik leben zu können, bräuchte die Menschheit ein anderes Gesellschafts- und Wirtschafts-System.
Entwürfe für ein anderes Gesellschafts- und Wirtschaftssystem gibt es bereits seit einiger Zeit,
eine
Zusammenstellung
Damit aus diesen Ideen etwas werden kann,
müsste allerdings die breite Bevölkerung mitdenken und mitarbeiten und dazu müsste die Bevölkerung in der Breite informiert werden – aber die Massenmedien sind in der Hand der Systemprofiteure.
Juni 1st, 2014 at 12:52
In Sachen Bontrup – nur ein knappes Jahr nach seinem in #47 angesprochenen Vortrag wurde er noch massiv deutlicher. Könnte oder sollte man vielleicht noch gleich mitverlinken. Ansehen sowieso.
Zu meiner #22 hatte ich mehr Widerspruch erwartet. Es wäre ja vielleicht nicht nur zu rechtfertigen, sondern geradezu geboten, sich sogar total zu verweigern. Das Angebot bestünde darin, wieder einzusteigen, sobald es wenigstens eine ernsthafte Diskussion darüber gäbe, wie es weiter gehen könnte. Die Frage allerdings, wovon man ‘zwischenzeitlich’ leben soll, die bleibt. Schwarzarbeit kann auch nicht jeder anbieten, und auch ‘Sozialschmarotzer’ müssen dauernd Lippenbekenntmisse abgeben, was aber auch nichts anderes hieße, als den ‘aufrechten Gang’ auch dort nicht gehen zu können…
Juni 1st, 2014 at 13:57
Letzteres sehe ich nicht so. Es ist Strategie, Manhalt halt nicht endlos viele Optionen, und wenn die beste damit verbunden ist, dass man mal hartzen geht, dann ist das halt so. Dann muss man sich nicht selbst ins Knie schießen, weil man glaubt, nur die absolue Wahrheit erlaube einen aufrechten Gang. Im übrigen ist am Ausgangspunkt erst einmal ALG I angesagt in unserem Beispiel, da läuft das Spiel eh noch dezent anders. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen, aber ein weiches Rückgraat für alternativlos zu erklären, ist ganz sicher falsch.
Juni 1st, 2014 at 13:59
Wer in Deutschland die “Heilige Arbeit” hinterfragt, wird von allen Seiten angegriffen.
Anhand dessen erkennt man, dass der Sklave sich durch sein Sklaventum erhaben fühlt.
Juni 1st, 2014 at 14:14
@Peinhart
Interessannt, ich gehe ganz konform mit deinen Ausführungen…*thumbs up*…:-))
Ich lebe schon immer zwischen selbstständiger Tätigkeit auch mal Lohnabhängigkeit in jungen Jahren und einer totalen Verweigerung.
Aber auch ich mache gewisse Kompromisse mit dem herrschenden System was meine Bezüge betrifft, die ich hier leider nicht erläutern werde und kann…
Bin Autodidakt habe mir quasi alles selbst beigebracht vieles durch try und error..lächel..aber auch durch Fachliteratur.
Ich war eine Zeitlang im Automobilsektor sehr erfolgreich.
Ich habe den Kram hingeschmissen als ich gegen Anfang des neuen Jahrhunderts feststellen musste, das die neuen Wagen allesamt nur noch Hightechmüll darstellen.
Ich habe keine Ahnung wie ich meinen nicht verdienten Lebensabend bestreiten kann und werde…
Gruß an alle…
Juni 1st, 2014 at 14:16
@Peinhart: Bis auf den beschissenen Ton habe ich gerade richtig Spaß an dem Vortrag, nicht zuletzt an der Formulierung, mit der ich seit Jahren den Leuten auf den Sack gehe: “Wir exportieren unsere Arbeitslosigkeit”. Ich würde mal gern eine Antwort von den Bergerflassbecks dazu hören, aber die haben Wichtigeres zu tun als sich noch mit mir zu streiten – oder einem, dem ebenfalls die genetisch bedingte Marxallergie fehlt.
Ach so, was ich eigentlich sagen wollte: Mir ist der andere Vortrag lieber, weil grundsätzlicher und so angelegt, dass die Zuhörer/innen selbst ihre Schlüsse ziehen können.
Juni 1st, 2014 at 16:42
OT: Demnächst in Ihrem Fernseher: ndr, Das Mädchen – Was geschah mit Elisabeth K.? Presseinfo (pdf)
Kurzinhalt
Argentinien, 1977. Die Militärdiktatur foltert und tötet Tausende. Die in Buenos Aires lebende deutsche Studentin Elisabeth Käsemann wird im März ebenfalls von der Junta verschleppt.
Ein Jahr vor der Fußball-WM in Argentinien sieht die westdeutsche Regierung beim Ausrichter und Wirtschaftspartner von Interventionen ab. Auch der Deutsche Fußballbund bereitet sich auf die WM vor: Im Mai reist die Nationalmannschaft zu einem Freundschaftsspiel nach Argentinien. Da erreicht eine dramatische Nachricht die deutsche Botschaft…
Erstmals äußern sich verantwortliche Politiker wie Ex-Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher, Sportler wie Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner sowie Überlebende der Junta zu den Geschehnissen.
Welche Rolle spielte damals das Auswärtige Amt? Wie unpolitisch darf Sport sein? Der neue Dokumentarfilm des mehrfachen Grimmepreisträgers Eric Friedler stellt Fragen von beklemmender Brisanz.
Die Welt, Als Deutschland den Foltertod einer Studentin hinnahm
Juni 1st, 2014 at 17:15
Was andere so machen: An example of landless labourers in Andalusia who have collectivized the difficulties to overcome them with fight and dignity.
Juni 1st, 2014 at 18:55
“Wir exportieren unsere Arbeitslosigkeit”. Ich würde mal gern eine Antwort von den Bergerflassbecks dazu hören…
Da die ja auch eine ausgeglichene Handels- und Leistungsbilanz anmahnen, sehe ich da eigentlich nicht die großen Differenzen. Ich sehe sie immer noch eher da, wo schon das Streitgespräch hier sie verortete – bei der Auffassung, es könne überhaupt noch eine halbwegs sinnvolle Zukunft mit Markt und Kapital geben.
Ach so, was ich eigentlich sagen wollte: Mir ist der andere Vortrag lieber, weil grundsätzlicher und so angelegt, dass die Zuhörer/innen selbst ihre Schlüsse ziehen können.
That’s right, dear mascara snake. War ja auch nicht als Alternative gedacht, sondern als Ergänzung bzw eben ‘Konklusion’. Und weil er eben was zu dieser Auffassung sagt…
Juni 1st, 2014 at 20:04
Yo, mir war schon aufgefallen, dass ich das da oben saublöd formuliert hatte. Das mit dem Export der Arbeitslosen meinte ich gar nicht unmittelbar, sondern damit verbunden die Tatsache, dass man so noch ‘erfolgreich’ wirtschaften kann, während woanders bereits der Hammer der unrettbaren Profitraten fällt.
p.s.: wtf is mascara snake?
Juni 1st, 2014 at 21:07
Tja….es gibt wohl doch nur ein Zurück auf die Bäume?
Juni 1st, 2014 at 21:45
@Eike(76): Erinnere mich nicht, daß es für Dich hier schon mal etwas anderes gab als die Friedhofsbank oder die Bäume^^
Insofern scheint mir Deine Formulierung “doch nur” unglücklich gewählt…
Danke @Peinhart(74), daß Du das ‘Linkschätzchen’ noch einmal ausgebuddelt hast. Das waren Zeiten *träum*
Juni 1st, 2014 at 21:47
Hallo Eike!
Ich verstehe was Du damit ausdrücken willst, mit dem zurück auf die Bäume.
Bäume sind ja inzwischen auch zu dem geworden, was man CO-neutrale, unabhängige Energiegewinnung nennt. Aber noch eher der Boden darunter, der nach Abholzung für die Biogasgewinnung verwertet werden kann.
Zurück auf die Bäume, dazu sind wir wohl vom Affen zu weit entfernt und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob die Anzahl der menschlichen Affen noch genug Bäume zum Klettern verbleiben werden.
Vielleicht läuft es auch nur darauf hinaus, dass der Mensch ein verunglückte Laune der Natur ist und die Erde ihn irgendwann einfach wegspuckt.
Wenn der “vernunftbegabte” Mensch es nicht schafft,sich die Welt, die er täglich in seinem Sinne verändert so zu gestalten, dass daraus ein grösstmögliches Mass an Glück für alle Menschen ensteht, sondern dass Gegenteil, dann wünsche ich ihm noch nicht einmal ein zurück auf die Bäume.
Juni 1st, 2014 at 21:56
Treffen sich 2 Welten
Sagt die eine: “Mir geht es gar nicht gut ich habe Homosapiens”
Sagt die Andere: “Keine Angst, das geht vorbei” ;-)
Juni 1st, 2014 at 22:09
77, Wat
Eine unglückliche Formulierung?!
Es gibt schon gute Gründe, über die Verhältnisse depressiv zu werden.
Und eine Depression, wenn man diese nicht als Krankheit betrachtet, sondern als Ausdruck eines starken Realitätsbezuges, dann ist diese den Lebensbedingungen allemal näher, als das, was uns von den gesellschaftlichen Verhältnissen täglich vorgespiegelt wird, und in welchen es die sog. gesunden Menschen es immer wieder schaffen, sich einzurichten.
Juni 1st, 2014 at 22:23
#80: “Doch nur” erweckte bei mir den Schein, es hätte da schon mal etwas anderes gegeben, als das, was nun “doch nur” möglich sein soll… hätte ich dann aber immer versehentlich überlesen.
Mit den guten Gründen bin ich bei Dir, gibt aber mE auch andere gute Gründe, die dem widersprechen (könn(t)en).
Juni 1st, 2014 at 22:50
Hallo Wat,81
Habe die Gründe ja noch nicht einmal benennen können! Nur so eine vage Ahnung.
Aber eigentlich verbietet sich das ohne Rückfrage.
Juni 2nd, 2014 at 06:46
@flatter #75 – Ich hatte gerade mal wieder des Captains ‘Trout Mask Replica’ gehört, eine der quersten Bluesplatten, da kömmt das vor. Fast ‘n’ bulbous. ;)
Juni 4th, 2014 at 07:37
[...] nicht auf ihren Lohn obendrauf, sondern der Konzernbesitzer sackt dieses Geld für sich ein. Sozial ist, was Arbeit schafft: Die Fleißigen "Es gibt so viele Jobs, die die Welt nicht braucht, die sie schlechter machen, viel schlechter, die [...]