Dinge werden produziert, weil sie besser sind als andere und die Menschen sie wollen – und nicht vorrangig für Profit.
Ich höre das immer wieder. Es ist eines der Standardargumente von Leuten, die sich weigern, “Kapitalismus” wirklich zu verstehen. Dabei sind die Gegenargumente so zahlreich wie nicht zu leugnen. Um ganz einfach zu beginnen: Wann ist dir jemals etwas eingefallen, das du haben wolltest und das dann für dich produziert wurde? Wo kann die große Masse äußern, was sie haben will, wer produziert das dann?
Noch genau so einfach: Ist das, was du kaufst, das was du willst? Brauchst du das. wolltest du das, hat es die Qualität, die du erwartest? Und wenn es nicht so ist, ändert sich dann etwas an den Produkten? Werden sie haltbarer? Entsprechen sie eher deinen Vorgaben? Wie oft passiert es, dass du echten Schrott kaufst, dann ein Produkt einer anderen Marke, die auch Schrott ist? Glaubst du, du bist der Einzige, dem das passiert?
Für eine bessere Welt
Etwas schwieriger, aber durchaus noch nachzuvollziehen: Die Seite des Produzenten. Was glaubst du, nach welchen Vorgaben Produkte entworfen, hergestellt und vertrieben werden? Nach Kundenzufriedenheit? Um die Welt besser zu machen? Um dem Fortschritt zu dienen? Wie kommst darauf zu behaupten, dass nicht der größt mögliche Profit entscheidet? Wer trifft die Entscheidungen in einem Unternehmen? Wem sind diese Leute verantwortlich und was wollen die? Richtig:’Gewinn’. Sonst sinken die Aktien, sonst drohen Verluste und die Pleite.
Zum Beispiel Produktqualität: Was hat eine Firma davon, wenn ihr Zeugs ewig hält? Dann können sie es nur einmal verkaufen und Schicht ist. Für den Profit ist es wichtig, dass man bald neues Zeugs braucht. Schon bemerkt? Werden die Produkte haltbarer? Kann man sie leichter reparieren als früher? Schon mal den Begriff “geplante Obsoleszenz” gehört? Was glaubst, warum die meisten der meist verkauften Produkte mit Milliardeneinsatz beworben werden? Weil sie so gut sind und die Menschen sie haben wollen oder weil jemand Profit machen will ja, muss?
Prioritäten
Warum gibt es ein Überangebot an Produkten, während Milliarden Menschen selbst das Nötigste fehlt und die Rohstoffe in vielen Bereichen extrem knapp werden? Warum wird für verzichtbares Zeugs so viel Energie verschwendet und Gift freigesetzt, dass die Atmosphäre vergiftet wird? Weil die Menschen das wollen? Weil es nicht anders geht? Oder weil es dem Profit dient? Warum haben die Fahrzeughersteller zig millionen Kunden durch manipulierte Software betrogen? Weil die das schön finden?
Es ist banal. Man kann hunderte Argumente nennen, Millionen Produkte aufzählen und Beispiele bringen, man kann es mit Händen greifen, dass die Behauptung da oben blanker Unsinn ist. Schluck’s runter, es ist dein Pfeifen im Walde. Du willst, dass es so ist. Sonst hätten am Ende noch die bösen Marxisten recht, und das kann ja nicht sein, weil das eine satanistische Sekte ist. Du hingegen bist aufgeklärt und bestimmst mit deiner souveränen Kaufentscheidung die Mode des nächsten Jahres. Ist klar.
August 19th, 2018 at 16:01
“Werbung will das Du unglücklich bist!”
August 19th, 2018 at 18:38
> Was hat eine Firma davon, wenn ihr Zeugs ewig hält?
Mir fällt tatsächlich eine Ausnahme ein: Nachdem die US-amerikanische Garagenklitsche IBM ihr Tastatur-, Drucker- und Mausgeschäft erst unter dem Namen “Lexmark” outgesourct (das wollte ich schon immer mal schreiben), später – mit Ausnahme der Drucker – völlig aufgegeben hatte, haben ein paar ihrer früheren Mitarbeiter die Patente und die Maschinen für die Model-M-Tastaturen gekauft und leben seit zwei Jahrzehnten davon, weiterhin Tastaturen herzustellen, die länger leben als ihre Benutzer. (Auf eBay werden noch funktionsfähige Tastaturen von IBM verkauft, die älter sind als ich.)
Aber das ist natürlich ein Nischenmarkt.
August 19th, 2018 at 19:31
Da hat IBM offenbar gepennt. Und richtig: Es ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Btw. klickert hier ein Original diesen Kommentar. Man kann damit auch Tennis spielen, schwimmen oder darauf rodeln (ähnlich wie O.B.).
August 19th, 2018 at 19:38
Ich beneide dich. Ich habe dieser Tage erst eine “Kopie” (also eine der 2018er-IBMs) erworben und warte noch darauf, dass sie eintrifft. Ich kann mich einfach nicht dazu durchringen, anderer Leute abgegriffene Hardware auf meinen Schreibtisch zu stellen (mal abgesehen von dem Gefummel mit irgendwelchen aktiven Adaptern für die ollen DIN-Stecker).
August 19th, 2018 at 19:46
Oh, meine ist voll up-to-date und schon ps/2.
August 19th, 2018 at 19:55
Verdammte Hipster immer.
August 19th, 2018 at 20:00
Ich schreibe hier mit einer Keytronic aus dem Jahre 1983, sie wurde mit meinem ersten eigenen PC zusammen ausgeliefert und DINt noch…
August 19th, 2018 at 20:57
Diese Ausnahmen haben aber auch eine eigene Regel: es handelt sich dabei meistens um die Frühzeiten eines neuen Produkts bzw einer Produktgruppe. Dabei fehlen typischerweise Langzeiterfahrungen und die Produkte sind eher über- als unterdimensioniert um die Produkteinführung nicht zu behindern oder zu gefährden. So sind zb auch die ersten CD-Laufwerke insbesondere von Philips immer noch nahezu unverwüstlich. Erst der unvermeidliche ‘Fortschritt’ zeigt dann, wo ‘gespart’ werden kann – und muss.
Ach ja – und ‘MS-Windows’ ist ganz sicher der ultimative Beweis dafür, dass sich in der ‘Marktwirtschaft’ natürlich immer nur das jeweils ‘Beste’ durchsetzt.
August 19th, 2018 at 22:08
Hört man so ein Argument, wird man entweder gerade schwer verscheissert oder die Type, die so etwas raus hat, weiss wirklich nicht wie spät es nach 60 Minuten ist. Beleerend ist es in jedem Fall.
August 19th, 2018 at 23:53
Nun, das sind so viele. Man kann sich dabei z.B. über B. ergern, der nennt das “allozieren”.
August 20th, 2018 at 00:38
Ich ärgere mich lieber über das Familienministerium. Erinnert sich noch jemand an das “DoppelEinhorn”? Die verschicken jetzt Postkarten gegen Hass im Saarland.
Ich hasse dieses Einhorn.
August 20th, 2018 at 05:16
eine der seltensten ausnahmen der regel im bereich drucker (lexmark war der trigger) ist der A3 epson stylus photo 1200/1290 mit piezo-druckkopf von 1999/2000. unverwüstlich, schluckt im zweifel kugelschreibertinte und verreckt einfach nicht. kannste jahrelang(!) rumstehen und eintrocknen lassen; druckopf ausbauen (easy), in fensterputzmittel damit über nacht, mit spritze durchspülen, läuft.
ich hab 3 davon (“defekte” aussa bucht -ahem-, I looking at you tux ;))
August 20th, 2018 at 08:21
eBay ist in vielerlei Hinsicht ärgerlich, unter anderem, was die Differenz zwischen versprochener und gelieferter Qualität angeht. – Wenn man nicht gerade Ziegelsteine (oder Lexmark-/IBM-Hardware) kauft, versteht sich.
August 20th, 2018 at 08:50
Werbung widerlegt dieses “Argument” vortrefflich.
August 20th, 2018 at 11:39
@tux.(11): Wegen dieses Drexviechs hasse ich jetzt das Saarland (und wegen Honecker, Lafontaine und Hubert Ulrich. Und wegen der Saar). Hass, ey!!11!
August 20th, 2018 at 12:48
# 15
Aber lecker kochen können die Saarländer.
Du hast Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer vergessen.
So lecker ist Sauerkraut dann auch wieder nicht, habe ich gerade überlegt.
August 20th, 2018 at 13:20
@flatter: Schnell, eine Notfallpostkarte!
August 20th, 2018 at 13:42
“Demokratie hat ihren Preis.” Sie versuchen es nicht mal mehr.
August 20th, 2018 at 19:00
Verfassugsschutz-Chef entlassen wegen “fragwürdigen Verhaltens“. Jetzt sagt nicht, der ist mit Uniform und Binde zum Dienst gekommen? Das ist doch völlig normal bei denen, dachte ich.
August 20th, 2018 at 19:16
OT – Kleiner Zweiteiler von Frank Jödicke über den Humor der Beherrschten sowie den der Herrschenden. Nebenbei auch eine interessante Plattform.
Edith meint, der am Ende des ersten Teils verlinkte Artikel über den Donald sei ebenfalls lesenswert. Kann ich ihr nur zustimmen.
August 20th, 2018 at 19:40
@flatter #19 – Faschingsmus…?
August 20th, 2018 at 20:24
Ja, irgendwas mit Marschmusik.
August 20th, 2018 at 20:33
Das liegt ja alles auf der Hand, was im Beitrag beschrieben wurde.
Nur – warum merkt es die Mehrheit einfach nicht?
Weil alles jetzt AGILE – sprich ‘Wisch und weg’ – gesprintet?
Vorsicht bei diesem Artikel:
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Missing-Link-Agil-leben-im-digitalen-Kapitalismus-Teil-2-Mit-dem-Bedingungslosen-Grundeinkommen-den-4141234.html
Ach ja, scheint ja gar nicht so selten, die Tastatur M von IBM.
Habe hier auch noch eine, die fröhlich klappert.
Zusammen mit zwei Monitoren und einem HP-PC für 1 DM vor’m Schrott gerettet. Das war 1997.
August 20th, 2018 at 21:31
Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass die gesamte akademische “Bildung”, dass differenzieren, definieren und analysieren am Ende nur den Zweck haben, von der banalen Wahrheit abzulenken: es geht immer nur um den Profit! Wer aber eine jahrelange akademische Laufbahn “genossen” hat, hält das für “Verschwörungstheorie” oder bestensfalls für “Stammtisch-Gerede”.
August 20th, 2018 at 21:43
[...] Argument des Monats Wenn Kapitalisten den Kapitalismus nicht verstehen [...]
August 20th, 2018 at 22:54
@24
Nee. Dass Profit und Aktionäre das Wichtigste sind, ist für die meisten offensichtlich. Es wird nur eben propagiert, dass bei diesem Modell auf magische Weise für alle das Beste rauskommt. “Wonder of the marketplace” unso.
Edit: Deshalb hat mich das Zitat im Artikel oben auch gewundert. Ich kenne niemanden, der sowas behauptet.
August 21st, 2018 at 06:51
Wenn das alles nur nach unseren Wünschen passiert, braucht’s keinen Markt, dann können die Wollenden vorher zu den Produzierenden gehen und ihre Wünsche äußern und das dann produzieren lassen.
Dann kann man sich den Marktmechanismus sparen, bei dem immer erst hinterher bekannt wird was ich wollte, weil mir immer erst ein Angebot gemacht werden muss. Aber über das “nicht kaufen” soll sich doch herausstellen was ich wirklich wollte. Das ist zwar eine ziemlich unsinnige Ressourcenverschwendung, aber darauf wollen wir mal nicht hinweisen. GEnaus unsinnig erscheint es, wenn 100 verschiedene Firmend as gleiche versuchen und hinterher 5 erfolgreich sind.
Hast du schon mal daran gedacht, dass du gar nicht weißt, was du willst, bevor dir ein Angebot gemacht wurde? Komisch ist nur, dass irgendjemand anders weiß was du wollen könntest. In dem Fall könnte man vorher mal fragen, ob irgendwer das Ding für notwendig erachtet.
Beim Gegenstandpunkt stands irgendwo: Das Problem wie Produktion und Bedürfnisse auf einander zu beziehen sind gibt es nicht. Der Kaptialismus kümmert sich nicht darum, gerade weil es um Profit und nicht um Bedürfnisbefriedigung geht und der Komunismus kennt das Problem nicht, weil Bedarf und Produktion keine unabhängigen Größen sind, die man irgendwie miteinander zur Deckung bringen müsste.
Woher weißt denn du wie es um die Ressourcen steht, wenn der Preis dir nichts zur Knappheit sagt? Dass die Ressourcen vor der Einpreisung natürlich erstmal in irgendeiner extensiven physikalischen Größe gemessen oder abgeschätzt werden ist vollkommen absurd, dass Erz-Lagerstätten von Geologen auf ihre Größe und Qualität untersucht werden und das hinterher erst in Geld übersetzt wird ist doch Blasphemie. Das man anhand der extensiven physikalischen Größe erkennen könnte, wie knapp eine Ressource ist, ist doch wohl das dümmste, das ich je gehört habe.
Heil Markt!
August 21st, 2018 at 09:58
Guest: Ich sage nur “Alexa”!
August 21st, 2018 at 12:44
“Es wird nur eben propagiert, dass bei diesem Modell auf magische Weise für alle das Beste rauskommt. “Wonder of the marketplace” unso.”
Und diese Magie ist neben Knappheitsaxion und Nutzenmaximiererin einer der drei Grundpfeiler der ökonomischen Wissenschaft. Bei der Erklärung der Wirklichkeit mit dermaßen vorhandenem spezifischem Wissen wundert’s einen nicht, dass die einen auf Teufel komm raus überwiegend Scheißdreck produzieren, den die andern, ob sie wollen oder nicht, zu fressen haben.
August 21st, 2018 at 15:35
Nicht ganz OT – Grenzen reformistischer Bestrebungen und Bewegungen, die mir hierzulande auch nicht so ganz durchdacht scheinen – ‘pro-europäisch’ soll es ja auch immer sein…
August 22nd, 2018 at 09:53
Ausgangspunkt eines kapitalistischen Arbeitsprozesses ist nicht ein Mangel, ein sich artikulierendes Bedürfnis, das zu einer bewussten, gesellschaftlichen Entscheidung für den Einsatz von Arbeit führt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Ergebnisse warenförmig gemacht und mit Gewinn auf dem Markt verkauft werden können. Während Apologeten des Marktes in dieser spezifischen Zweck-Mittel-Verkehrung einen genialen Mechanismus zur „Allokation“ von Ressourcen zu erkennen glauben, bewirkt diese Verkehrung eine ruinöse Verschwendung derselben und zwar auf mehreren Ebenen. ‘Wonder of the marketplace’ entzaubert…
August 22nd, 2018 at 11:05
@Peinhardt:
Ergänzend ein Zitat aus dem von dir erwähnten lesenswerten Text, das zum Thema passt:
“Diese historisch neue Form der Reichtumsproduktion kennzeichnet Marx als Warenproduktion, die entsprechende Form des Reichtums wird mit dem Begriff des Werts bezeichnet. Zur Ware wird bei Marx ein produziertes Ding dann, wenn es nicht für den direkten, von der ProduzentIn bestimmten Gebrauch durch sie/ihn selbst oder einer bekannten Person für einen vorher bekannten Zweck produziert wird, sondern für den Verkauf auf einem anonymen Markt. Hier entscheidet nicht mehr nur ihr Gebrauchswert, sondern vor allen Dingen ihr Tauschwert über die Bedeutung des Produkts. Die für jede Ware charakteristische Spaltung in Gebrauchs- und Tauschwert erfasst natürlich auch die Arbeit selbst. Sie ist einerseits „konkrete Arbeit“ und erzeugt als solche Gebrauchsgüter. Doch im Kapitalismus interessiert vor allem die andere Seite: die „abstrakte Arbeit“, die auf den Tauschwert ausgerichtet ist. Diese andere Seite ist das historisch bestimmte Charakteristikum der gesellschaftlichen Arbeit im Kapitalismus.”
August 22nd, 2018 at 21:19
Alles nur für die Interessen/Bedürfnisse der Menschen:
https://tinyurl.com/yc3ehysw
August 22nd, 2018 at 22:16
OT: Hatte ich *räusper* bei Gelegenheit erwähnt, dass Nazis sich in den Sicherheits®diensten Doitschlands rrecht wohl fühlen? Dass es mal wieder Sachsen ist, ist wie immer Zufall, eine Panne® halt.
August 23rd, 2018 at 10:42
Sternstunden des Spon – gegen Aufpreis gibt es dort Reisetips: “In welcher Stadt wird am meisten gekokst?”
August 23rd, 2018 at 11:11
@flatter #34 – Das ist doch alte europäische Tradition, Folklore quasi, die zur schützenswerten Identität beiträgt.
August 23rd, 2018 at 11:19
Okay, bei denen darf die NS-PP ja auch noch regieren. Die sind ganz klar vorn.