Wo wir herkommen, gab es Prügel, reichlich. Hat unseren Eltern auch nicht geschadet®. Die 60er und 70er waren – im Gegensatz zur Geschichtsschreibung und ihrer einschlägigen Wahrnehmung – mehrheitlich knallautoritär. Unsere Eltern sind die Generation, die von den Nazis erzogen worden ist. Wir waren ihre Kinder. Einige von uns wissen daher sehr genau, was Antifaschismus bedeutet.
Für die Macht und ihre soziale Wirtschaft® war die Generation unserer Großeltern schon optimal vorbereitet gewesen. Die Arbeiterschaft hatte nach zwölf Jahren ‚Tausendjährigem‘ ungeheure Macht. Der aufholende Kapitalismus brauchte sie. Sie waren organisiert. Man konnte es ihnen nicht schon wieder verbieten. Sie hätten den Laden übernehmen können.
Wo es lang geht
Nur gut, dass sie ihre Ketten gleich selbst mitgebracht hatten: ihre Identität als ‚Arbeiter‘, die sich nichts Anderes vorstellen konnten als abhängig zu sein und Bossen zu dienen und ihre Gewohnheit, widerspruchslos Befehle zu befolgen. Dass ihnen die Gnade zuteil wurde, Menschenrechte zu haben, bemerkten sie vielleicht gar nicht. So etwas Unverschämtes hätten sie gar nicht gefordert.
Zu den unangezweifelten Autoritäten gehörte auch 20 Jahre danach noch alles, was studiert hatte und einen Kittel trug. Allen voran die Ärzte. Patienten waren für sie gewohnheitsgemäß Stückgut, zumal wenn sie proletarischer Herkunft waren. Kinder machten da keine Ausnahme. Was sie mir als Kind alles amputiert haben, kennen manche gar nicht mehr. Ätherbetäubungen, Metzeleien, Deprivation und Ohrfeigen von Krankenschwestern waren Kollateralerscheinungen des Marschbefehls in den OP.
Verinnerlicht
Während sich dieses Segment in den 80ern allmählich zurück entwickelte, wurde die Kieferorthopädie als Marktchance entdeckt und erobert. Die Folterinstrumente wanderten ins eher unauffällige Mundesinnere, um dort die zeitgemäßen Untaten zu verrichten. Dass die Folgen neben bestenfalls kosmetischen Verbesserungen Zahnschäden und Migräne waren, tut nichts zur Sache. Der Deutsche mag es gerade.
Inzwischen ist vieles besser geworden. Man tut alles für seine Kinder. Sie sollen es einmal besser haben und ihre Chancen nutzen können. Das geht freilich nicht mit schiefen Zähnen und Sitzunruhe. Da tut man halt, was nötig ist. Wenn die Kinder etwas größer sind, machen sie ohnehin freiwillig mit. Hohe Absätze, Schönheitsoperationen, Zahnkorrekturen und Diäten gehören ebenso selbstverständlich zum Werkzeugkoffer der jungen Karriere wie der wohldosierte Einsatz typgerechter Psychopharmaka. Gelebte pluralistische Demokratie eben.
Juli 16th, 2018 at 12:07
“Das Schmerzempfinden kleiner Kinder ist doch noch gar nicht voll entwickelt.”
An schlechten Tagen stehen da heute noch in meinen Albträumen die drei katholen Schwestern mit der Flügelhaube. Zwei halten fest, davon presst eine immer wieder das Kissen ins Gesicht, die dritte setzt den Katheder.
Sowas gibt es heute nicht mal in Splatterfilmen ab 18, 1964 war das ortsübliche Praxis.
Dafür gab es bei Süßigkeiten einen “sozialistischen” Ausgleich. Am Ende der raren Besuchszeit wurde alles eingesammelt, bunt gemischt und in homöopathischen Dosen wieder verteilt. Ob man das Eine oder Andere gar nicht mochte spielte keine Rolle, ein Kinderkiefer leistet keinen großen Widerstand. P
Juli 17th, 2018 at 09:37
Im Stellungskrieg gegen die Überflüssigen dieser Erde hat man eine neue, vielversprechende Anhöhe bezogen: offene Grenzen oder Sozialstaat – es kann nur eines geben. Und eine Linke, die nichts mehr wirklich verändern will, muss selbstverständlich darauf hereinfallen, wie auch die Bemerkung unter diesem Hinweis zeigt: Wer jetzt immer noch glaubt die Forderung nach offenen Grenzen sei “human” und nicht neoliberal, dem kann man nicht mehr helfen. (aaO)
Natürlich ist die Forderung nach offenen Grenzen ‘human’ – sie ist aber nicht voraussetzungslos. Wenn man sich über diese Voraussetzungen allerdings keine Gedanken mehr machen will, dann darf man sich wohl schon mal in dieser Zwickmühle einrichten. Die Chancen stehen nicht schlecht, darin endgültig zerrieben zu werden.
Juli 17th, 2018 at 11:30
OT – Wie zu erwarten mächtig Gegenwind. Trump bezieht nicht nur daheim Prügel, und ein Spionageskandal bei der OSZE kömmt auch zur rechten Zeit. Hier aber meine Lieblingsmeldung: eine 29jährige Russin habe versucht, in den “nationalen Entscheidungsapparat der Vereinigten Staaten einzudringen” und so die Interessen der russischen Regierung zu “befördern”. Die tagesmärchen können sich zur eigentlich angesagten beißenden Ironie jedoch mal wieder nicht durchringen, sondern monieren stattdessen, Trump wolle sich nicht die Erkenntnisse seiner eigenen Behörden zu eigen machen, dass sich Russland massiv in den US-Wahlkampf vor zwei Jahren eingemischt habe.
Putin rules the world. OCT®
Juli 17th, 2018 at 11:36
Diese Russen – da unterwandert® eine einzige Frau mehrere Organisationen! Trage ich schon wieder diesen Zettel auf der Stirn, auf dem “Vollidiot” steht?
Juli 17th, 2018 at 20:10
# 3 + 4
Ich will jetzt auch ne Russin zur Frau.
Was für Teufelsweiber!
Da geben die Koch- Brüder richtig, richtiges Geld aus, und eine 29 Jährige übertrumpt die so einfach.
Quelle: NachDenkSeiten, Pkt4. “Milliarden fürs Mitreden”.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=44990#h04
# 2
Mir wurde hier versichert das der Sozialstaat ausgebaut werden wird.
Ich glaube ich pflege lieber weiter meine Paranoia.
Grüße
Juli 18th, 2018 at 20:39
Re #2 – Susan Bonath hat das Dilemma bzw die Zwickmühle nochmal etwas ausführlicher herausgearbeitet.
Juli 19th, 2018 at 10:18
Und hier mal ein wirklich brauchbarer Beitrag zur ‘Arbeit 4.0′, weder abwiegelnd noch alarmistisch, sondern ‘nur’ die weitere Intensivierung der Ausbeutung konstatierend. Aber auch die wird die ‘kapitalistische Gesamtrechnung’ nicht mehr in’s Lot bringen, sondern auch nur noch verschärfen können. Sag ich jetzt mal.