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Juli 2018


 
ad

Denn so sprach Gott:
Ich bin der Herr, dein Markt. Du sollst keine anderen Produktionsverhältnisse neben mir haben.
Wir müssen ihn besänftigen, denn seine Weisen sind unergründlich. Wendet sein Zorn sich gegen uns, nimmt er die Gestalt des Bären an und zerstört, was wir mühsam aufgebaut haben. Aber auch seine uns gewogene Gestalt ist voller Gefahren: ein Stier, der uns jederzeit auf die Hörner nehmen oder über die Jungfrau Europa herfallen kann.

Wir müssen achtsam auf ihn horchen, seine Stimmungen verstehen, uns auf seinen Ratschluss vorbereiten. Wie wird er reagieren? Was sagt er zu unseren Plänen? Was dürfen wir tun, was müssen wir tun? Er allein weiß es. Er gibt uns Sinn, er gibt uns Arbeitsplätze. Ihm wollen wir dienen. Sein Wille geschehe.

Der Messias

Seine Kirche ist die Heilige Ökonomie von Angebot und Nachfrage, seine Hohepriester sind die ehrwürdigen Professoren, Experten und Fachjournalisten. Die Heilige Messe feiern wir täglich „vor Acht“, den Katechismus geben uns Institute und Think Tanks, Absolution erteilen BIP und DAX. Lasset uns Beten: Führe uns nicht in Versuchung und schütze unser Portfolio!

Doch aus den Tiefen des Unbekannten erhebt sich ein neuer Messias. Er nimmt uns Arbeitsplätze, doch ist er auch die Hoffnung auf neue. Er allein ist die Zukunft. Seine Stimme ist die Zahl, die verborgene. Sein Wesen ist der Algorithmus, unergründlich wie schon immer das Göttliche und Heilige in seiner jenseitigen Weisheit. Er wird geschaffen nach unserem Vorbild, als überlegenes Wesen voller Reinheit, Kraft und Weisheit. Wir brauchen die Besten der Besten, um ihm zu gefallen.

Er ist überall und doch nirgends, unser Diener und doch unser Herr. Dem Markte eingeboren, weist er uns den Weg zu Treue, Glauben und Glückseligkeit. Er wird uns vervollkommnen, Geist von unserem Geist, und wenn wir nur fromm unseren Dienst am Herrn tun, wird er uns dulden als Jünger des einen Gottes. Alle sind eins und eins ist alles. Ein Markt, ein Reich, eine Intelligenz.

 
bz

Die Simulation der Simulation von Politik, ein Theater, dass schon zur Farce nicht mehr taugt, ist die Begleitmusik zum Kapitalismus im Endstadium. Man könnte dabei zuschauen, sich die Nägel lackieren und gelangweilt über das Niveau der Darbietung zetern, produzierte sie nicht ganz reale Leichenberge. Das Symptom des Symptoms, ein freidrehender deutscher ‘Heimatminister’, ist die bislang lauteste Pointe der politischen Zombie-Apokalypse.

Eine Partei, gegründet von rechtskonservativen Erzkapitalisten, mutierte wie bereits woanders in Europa zur rechtsextremen, was in Deutschland freilich besonders hässlich ist. Nun ist diese Fratze bislang Markenkern der bayrischen Variante gewesen, wo sie zwar ohne Stechschritt und Armbinde auskamen, immerhin aber völkisch noch kleingeistiger sind als Deutschnationale. Die Nazis von der AfD haben das ganze Parteiengesocks von München bis Berlin so vor sich her getrollt, dass sich die Neoliberalen von Schwarz über Rötlich bis Grün in konkurrierendem Rassismus überboten haben, was aber nie genug sein kann.

Lauter, schneller. härter

Die Rolle der Schreihälse wenigstens war bis kürzlich den Neunazis aus der Ostkurve vorbehalten, ausgerechnet der Bundesinnenminister (weiß er, was das ist?) aber hat den Stab übernommen und nicht bemerkt, als er schon übers Ziel war. Seine persönlichen Ambitionen gehen mir dabei am Arsch vorbei, dass aber ein Minister Deutschlands die Karriere riskiert, weil es ihm noch nicht reicht, dass Menschen massenhaft kriminalisiert, eingesperrt und zu Untermenschen gemacht werden, davon hätte selbst der Thüringer Heimatschutz nicht zu träumen gewagt.

Vergessen wir darüber nicht wie Söder, Lengsfeld und Konsorten – darunter der eifrige Rassist Sarrazin – das Niveau der Hetze prägen. Der Ausländer, Flüchtling, Nafri ist ein Mörder und Vergewaltiger im Wartestand. “Jeden Tag geschehen schreckliche Dinge“, darum müssen wir sie alle zurück ins Meer treiben oder in Lagern konzentrieren. Wie gesagt: Das reicht ihnen aber noch nicht. Ideologisch sind wir wieder so weit, technisch sowieso, und der Massenmord steht diesmal sogar am Anfang der Entwicklung. Bodycount gibt es nur bei angeblich russischen Angriffen, die Millionen Tote der NATO-Kriege im Nahen Osten sind Akte der Gerechtigkeit.

Inzwischen ist das alles völlig absurd geworden: Die schon immer dumme Strategie, Probleme zu ignorieren und statt eine Lösung zu finden lieber Schuldige zu suchen mochte eine Zeitlang ablenken vom totalen Zerfall des Schauspiels ‘Demokratie’. Sie haben nur noch ein Thema und selbst davon keine Ahnung. Das Management versagt, nachdem Ideen ohnehin längst ausgestorben sind. Sie wissen nichts, sie können nichts, selbst ihre Kernkompetenz – so tun als ob – fiel der Dekadenz zum Opfer. Nachgerade komisch, wäre die beste Allegorie der Auftritt des DFB als ‘Weltmeister’. Doch, es kann noch schlimmer kommen.

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