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Update ist Fortschritt, Update macht alles neu, Update ist Sicherheit. Unwissenheit ist Stärke, Krieg ist Frieden und Freiheit ist Sklaverei (wobei letzteres in Bezug auf den neoliberalen Begriff absolut zutrifft). Es entgleitet einem. Es hat mich schon oft genervt, wenn eigentlich intelligente Menschen mir suggerieren wollten, sogenannte “Updates” einer Software sorgten für “mehr Sicherheit”. Ja nee ist klar.

Allein auf einer Ebene stimmt das: Die jeweils bekannten und aktuellen Sicherheitslücken werden durch Updates meist gestopft. Nur ist das schon nicht “mehr Sicherheit” wie in “jetzt noch schwangerer“, sondern immer noch unsicher. Das größte Problem aber liegt ja ganz woanders.

Mit dem Update kommt ziemlich sicher das Upgrade. Manchmal gibt es das Eine nicht ohne das Andere, und selbst wenn, kennt der Normalverbraucher den Unterschied nicht. Der ist ohnehin von der Industrie auf dumm und gierig getrimmt, kann also gar nicht genug ‘Features’ bekommen, die die anderen ja auch alle haben. Klicki bunti Emoji wish swish blinki swoosh. Wer weniger hat, ist zweitausendachtzehn.

Von vorgestern

Treten wir einen Schritt zurück und fragen einen aus guten Gründen Konservativen, also mich. Ich weiß seit dreißig Jahren, wie Computer funktionieren und nach wie vor mehr über die Geräte, die ich selbst kaum benutze, als das Volk, das sich regelmäßig vor die Laterne streichelt, weil es Momo nicht gelesen hat. Die Grauen Herren schwärmen nicht mehr selbst aus; sie haben Glasbretter verteilt, in die Massen von Kommunikationszombies ihre Zeit freiwillig einfüllen.

Ja doch, ich schweife ab. Es ist derweil falsch, ich könne meinen Hass auf diese Technik und die soziale Entwicklung, die sie repräsentiert, nicht verbergen. Ich will es bloß gar nicht. Aber zurück zum Thema, das ja auch den guten ollen PC betrifft bzw. seine Datenorganisation. Was soll das?

Was ist die Kernaufgabe des Geräts? Texte schreiben, kommunizieren und lesen. Ggf. Medien verbreiten, womöglich einbinden. Noch gegebenerenfalls (hier sind wir allerdings bei den Profis) solche erstellen. Letztere lasse ich aus Gründen einer gewissen Übersichtlichkeit aus. Schließlich – ebenfalls durchaus auch professionell – die Organisation von Daten im Rahmen des Betriebes.

Leck’ mich

Das alles ging schon vor zwanzig Jahren auf einem Niveau, das sich seitdem kaum verbessert hat. Die Geräte bzw. der Datendurchsatz ist deutlich schneller geworden, wir geben uns allerdings die größte Mühe, das durch unsinnige Datenmassen wieder zu kompensieren. Alles wird derweil schwachsinnig komplex, befeuert durch Dilettanten, die nicht mehr wissen, was sie tun und Produkte, bei denen das auch gar nicht mehr möglich ist.

Skripte werden im Dutzend verschachtelt, Code automatisch erzeugt und durch weiteren automatisch erzeugten aufgebläht. Ab und an legt wer Hand an und repariert etwas an einer Stelle, das einem anderen an einer anderen auf die Füße fällt, der dann seinerseits dasselbe in rückwärts bastelt. Projekte werden mit Projekten verzahnt, ohne dass irgendwer einen Überblick hat, und wenn das nach dem tausendsten Update endgültig nicht mehr zu regeln ist, kommt spätestens die nächste Programmversion, mit der das Spiel von vorn losgeht (abgesehen von uralten Bugs, die wie magisch Jahrzehnte überleben).

Dafür kippen links und rechts immer mehr Programme und Geräte über den Rand, die unbrauchbar werden. Noch halbwegs verständlich, wenn sie wirklich veraltet sind und z.B. neuere Technik oder höheres Tempo nicht mitgehen können, offenbar aber auch oft, weil sie nicht sollen. Kauf neu, du User, nutzloses Viech! Nirgends zeigt sich krasser, wie den Leuten Nachhaltigkeit® am Arsch vorbeigeht. Und ehe ich mich jetzt eingehender mit Firefox befasse, belasse ich es an dieser Stelle bei einem Daten sparenden “Fuck You!”.

 
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Sie jammern und jammern, lassen ihre Anwälte von Gericht zu Gericht ziehen, um sie am eigenen Ast sägen zu lassen mit Ideen wie ‘Leistungsschutzrecht’ und ‘Urheberrecht’, während sie noch so blöd sind, selbst ständig dagegen zu verstoßen: Journalistische Verlage. Nun wundern sie sich, dass nicht nur ihre Papierabonnenten aussterben, sondern auch für ihre Online-Auftritte niemand zahlen will. Ach was!

Ich will bei der Gelegenheit einmal mit dem Qualitätssterben anfangen, das ich in den vergangenen Jahren erlebt habe. Nicht dass man vorher von der Wucht ihrer Größe erschlagen worden wäre, aber es geht immer noch drunter und sie haben jede Türkante gemeistert, egal, wie tief sie lag. Als das anfing mit dem Online-Journalismus haben sie noch viel ausprobiert, das hat sich inzwischen erledigt und zu einer Ödnis entwickelt, die man kaum öder erfinden kann.

Damals …

Von den Zeiten, als Experimente wie TAZ oder Pardon erschienen, will ich nur kurz sprechen. Erstere hatte linken bis linksradikalen Charme, war extrem debattenfreudig und auf nichts festgelegt. Krude Pornographie-Zitate trafen auf radikalen Feminismus, diverse linke Strömungen beharkten sich und irgendwo muss ja auch der bürgerliche Ton hergekommen sein, der die TAZ heute zu einer von vielen macht. Es gab echte! Meinungsvielfalt.

Im Netz hatte ich über die Zeit einige Favoriten, lange gehörte die Frankfurter Rundschau dazu. Die war häufig gegen den Strich gebürstet, zwar sozialdemokratisch, aber wach, nicht nur über Hessen fand ich hier Infos, die es woanders nicht gab, und sie hatten dort sogar den Mut, mein Blog zu verlinken (wenngleich das recht fix wieder korrigiert wurde). Auch dieses Angebot wurde ‘erfolgreich’ umstrukturiert.

Ausgerechnet die FAZ hat es dann gewagt, sich Debatte ins Haus zu holen, weil ihr der Unfall Frank Schirrmacher passiert ist. Debatte kriegst du, wenn du andere Meinungen gelten lässt und die eigene nicht für das Maß aller Dinge hältst. Zweifel ist das wichtigste Mittel guten Journalismus’. Zweifel an allem, auch an dem, was man gerade für wahr und richtig hält.

Deckel drauf

Was haben wir inzwischen? Zentralredaktionen. Einer der Todesstöße. Sie haben es ja sogar geschafft, Zentralredaktionen für ihre Lokalteile einzurichten. Überall dasselbe, wortgleich, bildgleich und obendrein meist von der Agenturmeldung abgeschrieben. Wer braucht das? Wer soll dann auch noch “mehrere Abos” abschließen? Kidding me? Oder für ein ‘Nachrichtenmagazin’, das neben fünf Meldungen über Frauenfußball Kindergeschichten (“bento”) serviert, die sich dem Niveau der “Bravo” von unten nähern?

Im Hintergrund ist das Bild kein besseres; die ‘politischen’ Kräfte von Grün bis AfD sind allesamt neoliberal und außenpolitisch macht es sich sogar ‘die Linke’ inzwischen bei den Atlantikern gemütlich. Diese Klientel wird nur mehr mit Propaganda eingedeckt, allem voran die unsägliche Verdachtsberichterstattung.

Es soll ein Krieg geführt werden? Der Böse soll ja Böses getan haben, das muss reichen. Was Saddam seine WMD ist Assads Giftgas oder Irans Tankerangriffe. Hinter all dem steckt ohnehin Putin® und wenn nicht, dann “freut” es ihn eben, was auch böse ist. Für diese Hetze soll man also auch noch zahlen? Ja nee ist klar. Dann kaufe ich auch lieber ein Fußball-Abo fürs Fernsehen.

Regierungen werden (vom heimischen Journalismus) nicht mehr herausgefordert.

John Pilger

Ich erwähnte neulich am Rande die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit politischer Entscheidungen. Dass Politik – genauer: bürgerliche Politik, denn denn diese Einschränkung ist damit gemeint – so wenig Einfluss hat, liegt vor allen an den Rahmenbedingungen. Die Spielräume, die der Kapitalismus ihr lässt, sind nicht groß.

Umso heftiger ist ihr Versagen zu kritisieren, wo sie noch das bisschen leisten könnte, das man von ihr erwarten darf. Was sie sich an ‘liberalen’ Werten auf die Fahnen geschrieben hat – Meinungsvielfalt, Pluralismus, Freiheit und vor allem das sie definierende Element der Debatte – wird nur noch behauptet und findet nicht mehr statt. Weder im Parlament noch in den Medien.

Kein Gegner

Es ist dies das Ergebnis der Dekadenz, die sich gleichzeitig im politischen Betrieb und im begleitenden journalistischen Orchester ausgebreitet hat. Sie lässt sich auf die Formel bringen: “Wer aus dem Konsens ausschert, beleidigt die Majestät”.

Folgerichtig reagiert die Funktionselite, die das Geschäft besorgt, so unsouverän wie ihre Haltung erwarten lässt, nämlich beleidigt und daher im gefühlten Recht, den Gegner seinerseits nach Herzenslust abzuwerten und vor allem auszugrenzen. Die neuen Medien begleiten diesen Prozess ihrerseits via Twitter und Co., indem eifrig Kinderkacke in den Ventilator geschaufelt wird.

Nach meiner Erfahrung vollzieht sich dieser Prozess mit wachsender Geschwindigkeit seit dem Ende des Kalten Krieges, seitdem also keine Gegenmacht mehr dazu nötigt, sich zu stellen, zu argumentieren und wenigstens besser zu sein als das, was man ablehnt. Mit dem Ruf “Geh’ doch nach drüben!” war ja immerhin eine Handlungsoption verbunden.

So nicht!

Die bürgerlich-neoliberal-kapitalistischen Filterblasen haben eine undurchdringliche Haut aus aktiver und passiver Beleidigung. Die ehemals kritische Linke, die sich einmal durch Bildung und Sachargumente auszeichnete, hat es sogar geschafft, mithilfe sprachlicher Minenfelder dafür zu sorgen, dass weder Freund noch Feind lebendig den Zugang zum Diskurs erreicht. Es herrscht die hohe Kunst, die Waffen des Gegners gegen sich selbst zu richten.

Dabei wäre es die vornehme Aufgabe bürgerlicher Politik und Publizistik, den jeweils stärksten Gegner zu finden und zu attackieren, um sich mit ihm zu messen – nicht um als schon vorab feststehender Sieger vom Feld zu gehen, sondern im Bemühen um das beste Argument über sich und die Welt etwas zu lernen. Davon hielte sie ausnahmsweise kein Finanzierungsvorbehalt ab. Nein, das ist schiere Ignoranz.

 
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Die neoliberale Gehirnwäsche ist auf dem letzten Meter: Sie langweilen uns zu Tode. Lassen wir es, um es mit den Worten des großen Philosophen Horst Hrubesch zu sagen, einmal Paroli laufen: 1982 und 1998 wurden in Deutschland jeweils die Programme lautstark angepriesen. Ich werde das alles nicht zum drölften Mal wiederholen, nur so viel als Zusammenfassung: Alle werden reicher, wenn die Reichen reicher werden und ihr Geld reichlich ausgeben.

Schon der zeitliche Abstand zwischen dem Original (Lambsdorff-Papier) und der Wiederholung (Schröder-Blair-Papier) gibt zu denken. Wir belassen es auch hier bei der vereinfachten Darstellung: Kohl konnte das Konzept nicht durchsetzen. Es mussten wieder einmal die Sozen ran, um die Lohnabhängigen in den Staub zu treten. Nur sie konnten für die nötige Hoffnungslosigkeit sorgen.

Ich glaube an die Deutsche Bank

Tatsächlich wurde auch erst Anfang der 2000er die ganz große Propagandatrommel des Neoliberalismus ausgepackt. Insbesondere die Paukisten rund um die INSM haben Tag und Nacht das Tam-tam besorgt. Keine Talkshow ohne deren Botschafter, Alumni und Experten, Woche für Woche, Jahr für Jahr.

In dieser Phase ging Feynsinn an den Start, und es war insofern eine dankbare Zeit für die Bloggerei. Die Qualität, vor allem aber die Massierung der Propaganda war auf dem Höhepunkt und man konnte das täglich, je nach Geschmack, mit Empörung oder Sarkasmus kommentieren. Was von Seiten der Neolibs behauptet wurde, konnte man analysieren, widerlegen und genüsslich in der Pfeife rauchen. Ihre Semantik, ein einziger Orwellscher Zwiesprech, war stetiger Anlass, dem ein wenig Aufklärung entgegen zu halten.

Reicht.

Inzwischen sind weitere 15 Jahre vergangen. Einige Jahre lang konnte man das noch ernst nehmen, dann kam die Zeit, in dem das alles nur mehr für zynische Fingerübungen taugte. Inzwischen ist alles x-mal gesagt, kommentiert, widerlegt, pulverisiert – nicht nur durch die besseren Argumente, sondern vor allem durch die nackte Erfahrung, zu der u.a. eine Krise gehört, die das System an den Rand des Abgrunds geführt hat.

Dort war es das schlimmste Teufelszeug, das einzig diesen Irrsinn noch retten konnte: Staatliches Eingreifen, ‘Rettungsschirme’ und Konjunkturprogramme. Das wäre wohl spätestens der Punkt gewesen, an dem endgültiges Schweigen hätte herrschen müssen. Aber nicht mit den Rittern des Neoliberalismus, die ihre rostige Rüstung mächtig klappern lassen auf dem halb verwesten Gaul! Ihre treuesten Knappen, die Sozen, sind immerhin daran untergegangen. Vielleicht ist das ja ein Hoffnungsschimmer.

 
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Lange nicht mehr vor dem “Kreidestrich” gestanden. In den hiesigen Kommentaren ist das der Begriff für die Grenze des Denkens, die viele Diskutanten nicht überschreiten wollen. Ob sie es können, weiß ich nicht, aber ich nehme an, sie wollen nicht. Es ist vor allem der Schritt hin zu der Annahme, dass Märkte nicht bloß weniger perfekt sind als die Neoliberalen Missionare behaupten – sondern dass ‘Marktwirtschaft’ als solche eine Illusion sein könnte, zumal als ‘soziale’.

Ein Problem bei diesem Bemühen liegt darin, dass jene, die sich für Politik und Wirtschaft interessieren, viele Jahre brauchen, um an diese Grenze zu stoßen. Dort angekommen, müssten sie dann akzeptieren, dass alle diese Jahre Jahre eines Irrtums waren. Lieber basteln sie eine Hilfskonstruktion nach der anderen, um ein Denken zu retten, das nicht zu retten ist.

No Return

Diese narzisstische Kränkung wird dabei noch begleitet von der Angst, dann zu ‘denen’ zu gehören und bei ‘ihm’ zu landen: Dem Meister des Bösen und seinen Jüngern, Marx und den -isten. Das kann nicht, das darf nicht und man weiß ja auch, dass die alle irre sind. Zudem wäre man aus allen Diskursen abgemeldet. Damit kommst du in keine Talkshow mehr.

Das ist aber nur eine Stelle am Strich, es gibt derer viele. Was mich derzeit umtreibt, ist die Frage, wie man es so leicht schafft sich zu prostituieren, ja, das für selbstverständlich zu halten. Ausgerechnet der Teil der Bevölkerung, der sich noch für Politik interessiert und sich ernsthaft vertreten fühlt von seinen Berufspolitikern, besteht aus Lohnhuren, die nicht nur freiwillig auf den Strich gehen, sondern ihre Zuhälter auch noch nach Kräften unterstützen.

Man hat gefälligst den ganzen Tag und sein Leben lang zu arbeiten, und wer das nicht tut, ist nach der Sklavenmoral faul und unwert. Unfassbar! Von dieser Seite des Kreidestrichs sieht das einfach nur furchtbar aus, traurig und Abscheu erregend. Dabei gibt es Zeiten, in denen ich die anderen verstehe. Die Angst, nicht mehr zu können, die Angst, dass die Selbstüberwindung zu einer brutalen Hürde wird, ist berechtigt. Auf dieser Seite bist du nicht freier als auf der anderen.

 
dnEs ist getan. Geschrieben, so oft gelesen, dass die Buchstaben aussahen wie Vogelfußspuren (womit wir quasi bei einer wichtigen Basis des Lesens sind – Lesen ist nämlich hirntechnisch der Spurensuche recht ähnlich), lektoriert, noch mal korrigiert, gestaltet, koordiniert und gedruckt. Jetzt fehlen nur noch die Bestellungen. Damit ich reich und berühmt werde, müsst ihr es kaufen und auch alle, die ihr kennt und die die kennen, die ihr kennt. Es ist ab sofort bestellbar, ggf. noch nicht in allen Online-Shops; das sollte übers Wochenende aber auch so weit sein.

Begonnen hat das alles wie ihr wisst vor vier Jahren mit dem ersten Artikel zu einer Serie, die irgendwann so lang wurde, dass wer meinte, ich solle es doch verbuchen. Ich frug dann nach wem, der es auch verlegt, und jetzt haben wir den Salat. Ich werde in den kommenden Tagen etwas einrichten, wo der Inhalt ggf. längerfristig diskutiert werden kann, eine Linkliste bzw. Hinweise auf genutzte Quellen zu finden sein werden und weitere Quellen empfohlen werden können. Auch dort wird der Säzzer sein übliches grausames Regiment führen: Zensur, Unterdrückung und Unrecht aka “Moderation”.

Ich, es, wir haben sogar eine ISBN: 978-3-940684-31-8. Ich sag mal so: Wenn du eine ISBN hast, bist du was Eigenes (Erzherzog Johann). Ein kleiner Schritt für einen Publizisten, aber ein mikroskopisch winziger Schritt für die Menschheit. Ich pappe hier einmal das Inhaltsverzeichnis an, damit ihr eine etwas genauere Vorstellung vom Inhalt habt. Jetzt müsste ich nur noch wissen, was ich als nächstes tun soll.

Inhalt
Einführung
Was ist ein Narrativ
Wer sind die Guten?
Stimmt ja gar nicht
Kapitel I
Auferstanden aus Ruinen
Die Agenda
Nützliche Nazis, gefährliche Linke
Adenauers Rede in der Kölner Universität
vom 23. März 1946
Das antikommunistische Bollwerk
Autoritäre Demokratie
Den Spießer umgedreht
Ein bisschen Terror gegen die Amnesie
Ruhe nach dem Sturm
Auf der Rasierklinge
Neue Fronten
Im Antikommunismus vereint
Kapitel II
Die neue Doktrin: Neoliberalismus
Die politischen Grundlagen des deutschen
Neoliberalismus
Das Lambsdorff-Papier
Das Schröder-Blair-Papier
Die INSM – Zentrale für neoliberale Propaganda
Eine Ideologie
Neoliberale Dogmatik
Neusprech – ein letztes Mittel
Wachstum
Eigenverantwortung
Anreiz
Arbeitsmarkt
Lohnabstandsgebot
Wettbewerbsfähigkeit
Ergebnisgerechtigkeit
Slogans der Propaganda
»Eine Lohnerhöhung ist eine Gewinnsenkung«
(Hans-Werner Sinn)
»Sozial ist, was Arbeit schafft«
»Der Staat kann nicht wirtschaften«
Kapitel III
Nach dem Anschluss
Weltpolizei NATO
Politik als Ware
Terror – die abstrakte Bedrohungslage
Feindrecht, Feindbild, Feindwelt
Kapitel IV
Redner des Narrativs
Martin Luther
Richard von Weizsäcker
Philipp Jenninger
Roman Herzog
Horst Köhler
Epilog
Am Ende des Narrativs: Populismus und
Fake News
Aufstand der ›Fleißigen‹: Die AfD
Was noch fehlt

Abbildung oben: Das Deutsche Narrativ, Renneritz Verlag, 188 Seiten, Broschur, 12 x 19 cm, 11,00 €.
Liegt gut in der Hand und liest sich komfortabel.

 
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Quelle: Pixabay

Es wird geraunt und getuschelt, eine “nächste Bankenkrise” könne sich bald ereignen. Nun ist das ja wie so oft gesagt eine Teilkrise des Kapitalismus im Endstadium, weil im Zuge der Konkursverschleppung eben Profite vorgetäuscht werden müssen, die nicht existieren. Rund um das Bankgeschäft bedeutet dies, dass Profite der Zukunft (Schulden, Zinsen) versprochen werden, die sich niemals ereignen können. Es ist ähnlich wie beim Doping im Sport: Jeder weiß es, alle halten still, und Putin ist schuld.

Der Vergleich endet da, wo der Kollaps nicht nur ein paar Aktive und Vereine trifft, sondern das gesamte System. Wir hatten das ja alles schon; damals wurde der Steuerzahler in Geiselhaft genommen, um mit extremem Aufwand gerade das Schlimmste zu verhindern. Verhindern? Nein, wieder nur verzögern, denn das war nur die Spitze des Eisbergs. Beim nächsten Mal wird alles Geld der Welt nicht mehr reichen, schon gar nicht das der Staaten.

Unaufhaltsam?

Ich erwähne dies, weil ich mich spätestens seit 2007 (man konnte es kommen sehen) frage, wo eigentlich der Plan B bleibt. Anfangs ging es mir dabei noch um die Linke, die ja immerhin wissen darf, dass Kapitalismus nicht funktioniert. Ich vermisste jegliche Konzepte für den Fall des Domino Day. Es gibt sie bis heute nicht. Vom Staat selber, in dem neoliberale Berufsoptimisten das ständige Wirtschaftswunder begrinsen müssen, ist da eh nichts zu erwarten. Es ist, als ob jegliche Vorbereitung die Katastrophe nur auslösen würde.

So, und jetzt haben wir eine neue Volkspartei. Eine, die regional bereits die stärkste ist und sich bundesweit bereits auf den zweiten Platz vorschiebt. Was mag jetzt wohl passieren, wenn die Wirtschaft vor die Wand fährt, die Preise unerträglich steigen, die Arbeitslosigkeit uferlos wird und der Staat pleite ist? Wer wird dann wohl mit dem größten Erfolg Sofortmaßnahmen versprechen? Wem ist das Bett bestens gemacht mit Polizeigesetzen, Totalüberwachung, Sündenbock-Prinzip und Nazis in den Sicherheitsdiensten?

Hätte mir vor zwanzig Jahren wer gesagt, dass wir so schnell so nah an den nächsten deutschen Faschismus heranrücken, ich hätte ihn ausgelacht.

 
nd

Was Medien als “Populismus” bezeichnen, ist gemeinhin unreflektiert und dient lediglich dazu, Personen und Parteien zu diffamieren, die unerwünschte Positionen vertreten. In Deutschland sind das hauptsächlich Abweichler zur Linken, hier vor allem Oskar Lafontaine, der über Jahre hinweg dieses Etikett quasi als Marke tragen durfte. Aktuell sind es eher Rechte, weil die für die neoliberale ‘Mitte’ und außenpolitisch den transatlantischen Komplex zur Gefahr werden. So etwa Trump und die AfD.

Das heißt keineswegs, dass es Populismus nicht gibt oder dass er mit den Genannten nichts zu tun hätte. Es gibt vielmehr einen für den Parlamentarismus typischen Effekt, der vor allem in Krisen zutage tritt, den man als Populismus bezeichnen darf. Es handelt sich um eine Art Feedbackschleife zwischen politischer Alltagstheorie aka “Stammtischreden” und der Handlungsmoral der Stellvertreter.

Der Deal platzt

Die Stellvertretung im Parlamentarismus anstelle echter Demokratie sorgt in ruhigen Zeiten für eine gewisse Ordnung. Stellvertreter unterwerfen sich gewissen Regularien, um die Interessen derer, die Zugang zur politischen Macht haben, möglichst reibungsarm zu regeln. Solange die Wähler sich halbwegs angemessen vertreten fühlen, dürfen die Funktionäre walten, weitere Emotionen werden in Form privater ‘Meinungen’ abgefackelt, ohne dass wer nachdrücklich den Inhalt solcher Ansichten umgesetzt sehen will.

In Krisen zerfällt die zivile Decke dieses Arrangements und zunächst Einzelne, später ganze Teile des Funktionärsapparates suchen ihren Vorteil in Angeboten, die normalerweise als anrüchig gelten. Dies aus gutem Grund, denn die damit einhergehenden Emotionen sind kaum zu beherrschen und gefährden umso mehr die Macht der Stellvertreter. Dazu ein Paradebeispiel:

Herrenmenschen

Der ‘Sozialdemokrat’ Sarrazin, emporgekommen in der Zeit, da die SPD in Sozialschmarotzern ihre Feinde entdeckt hat, fühlte sich berufen, rassistische Hetzschriften zu verbreiten und ganze Volksgruppen für erblich minderwertig zu erklären – in einer Weise, die sich von der der Nationalsozialisten nicht mehr unterscheiden lässt. Politiker wie Wolfgang Clement (s.o.) oder Publizisten wie Jan Fleischhauer haben diese Entwicklung ebenfalls geprägt.

Es hat selbstverständlich auch vor Sarrazin Rassismus in der Bevölkerung gegeben, es bedarf aber in der Stellvertretergesellschaft der Autorität, um solche Einstellungen ohne Scham öffentlich äußern zu können. Die Phrase “endlich sagt’s mal einer” ist ja keineswegs die Feststellung, dass zuvor niemand Ausländer diskriminiert oder Rassenlehren verbreitet hätte. Es bedeutet nur, dass wer von Rang durch seine Stellung den Weg in die öffentliche Kommunikation ebnet.

Neuer Markt

Deren Management, auch “Massenmedien” genannt, muss dabei freilich mitspielen. Auch hier sind alle Dämme gebrochen, zumal sich mit Emotionen, Empörung und Streit inzwischen mehr Umsatz machen lässt als mit den Ritualen der Seriosität, die ‘Presse’ und ‘Rundfunk’ in den Jahrzehnten zuvor geprägt hatten. Rassismus und Hass sind ein sehr einträgliches Geschäft. Sie treffen auf eine politische Kultur, die sich nie wirklich mit den Ursachen gerade der deutschen Variante der Abwertung von Menschen auseinandergesetzt hat.

So springen die hässlichsten Gestalten aus dem Dickicht hervor und grölen ihre bislang mühsam unterdrückten Projektionen heraus, kaum dass ihnen ein Teil des politischen Establishments den Freischein dafür ausgestellt hat. Dabei empfinden diese autoritätshörigen Krawallhanseln sich noch als rebellisch, weil sie sich ihren Verzicht auf jeglichen zivilisierten Benimm als Freiheitskampf verbrämen. Selbstverständlich rennen sie als Erste zu Mama, wenn andere sich genauso verhalten. Dann muss die nächste Autorität kommen, um daran anknüpfend den Feind endgültig zu vernichten – beziehungsweise den Befehl dazu geben.

 
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Ein höchst interessantes Interview in Sachen “Polizeistaat” findet sich im “Freitag”. Es gibt in mehrerlei Hinsicht Einsicht in das problematische Verhältnis von Staat und Macht, Staat und Kapital, Staat und ‘Gerechtigkeit’, vor allem wenn man es durch den Gedanken anreichert, dass Sozialdemokraten schon immer den Staat nutzen wollten, um Arbeit und Kapital zu versöhnen. Dies definiert geradezu das sozialdemokratische Projekt.

Es ist vollkommen gescheitert. Blüten wie Hartz IV, Sarrazin und die ganze neoliberale Brutalität verdanken sich der Wende, die folgte, wo das Versagen nicht eingestanden und stattdessen zur Maxime gemacht wurde: Wenn man Arbeit nicht dauerhaft gegen das Kapital unterstützen kann, dann halt andersrum.

In wessen Interesse?

Wo immer das Kapital zuletzt Bedarf an neuen Gesetzen angemeldet hat, wurde geliefert – auch und gerade von Sozialdemokraten. Wie kommt dann noch wer auf die Idee, Sozialstaat könne die Lösung sein? Wie soll die aussehen? Wer soll sie durchsetzen? Und warum zur Hölle tun die, von denen dieses Wunder erwartet wird, seit Jahrzehnten(!) das Gegenteil?
Aus der Frage nach Überwachung und Strafrecht erwächst eine sehr konkrete:

Befördert der Kapitalismus denn Straftaten?

Ja, klar. Die meisten Straftatbestände im Strafgesetzbuch dienen dazu, das bestehende System zu erhalten. Und wenn das Geld nur in eine Richtung wandert, es aber von allen gebraucht wird, dann können Sie sich ja fragen, was jene Menschen machen, denen es regelmäßig ausgeht.

Logik vs. Moral

Der bürgerliche Rechtsstaat unterstützt aus seiner eigenen Logik heraus das Kapital in einer Zangenbewegung: Es schützt auf der einen Seite die Interessen des (nationalen) Kapitals auf Kosten der Arbeiter. Von der anderen Seite bestraft sie (illegale) Tätigkeiten, die der Verarmung entgegenstehen. Der Unterschied zwischen ‘einheimischem’ und ‘ausländischem’ Proletariat besteht hier darin, dass die Deutschen auf ihre Rechtstreue getrimmt wurden, während Ausländer tendenziell weniger Hemmungen haben, ihrer Not illegal abzuhelfen.

Das Gekreische über die angeblich so kriminellen Ausländer und ihre mangelnde Rechtskultur wird endgültig zum zynischen Witz, wenn man sieht, wie das glorreiche Vaterland mit dem juristischen Panzer durch die Rechtslandschaft von Partnerstaaten wie Griechenland fährt, um dort die Interessen der Banken durchzusetzen. Die Gewinner und Verlierer sind immer dieselben, bloß dass Nationalisten zu dämlich sind, ihresgleichen zu erkennen, wenn sie ihm in die Augen schauen. Das eint sie mit den Verängstigten der Mittelschicht, die wissen, was ihnen blüht, wenn der Boden unter ihnen zu rutschen beginnt.

 
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In einem sehr lesenswerten Interview mit Walter Ötsch wird u.a. ein Gedanke angerissen, den ich hier ein wenig weiter verfolgen will: Es ist die Nähe des Neoliberalismus zu faschistischem Gedankengut. Nicht nur das Experiment unter Pinochet oder die Junta in Argentinien belegen das; gerade aktuell zeigen sich deutliche Parallelen.

Zurecht wird im genannten Interview darauf hingewiesen, dass es Neoliberale wie Lucke (sowie Henkel und andere) waren, die eine von Anfang nationalistische Partei gegründet und den Rechtsradikalen wie Höcke und seinen Anhängern Tür und Tor geöffnet haben. Die Faschisten haben sich in dieser elitären Partei sofort wohlgefühlt, sind doch autoritäres Denken, Abwertung bestimmter Menschengruppen und entsprechende Strategien der Markenkern. Das Vorbild FPÖ funktioniert ähnlich.

Beugt euch der Übervernunft!

Zunächst eine Charakterisierung des Neoliberalismus‘ Hayekscher Prägung, angelehnt an den o.g. Artikel: Hayek hat ein Gesellschaftsmodell entworfen, in dem eine kleine Elite die Geschäfte führt. Darin unterscheidet er sich nicht von den Faschisten. Wo die freilich Nation, Blut und Boden anbeten, ist bei Hayeks der Markt nicht weniger als ein Gott. Dessen “Übervernunft” hat sich alles zu beugen, sprichwörtlich:

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass wenn erst einmal der aktive Teil der Intellektuellen zu einem bestimmten Set an Glaubenssätzen bekehrt ist, der Prozess der allgemeinen Akzeptanz dieser Sätze nahezu automatisch und unwiderstehlich verläuft. Die Intellektuellen sind das Organ, das moderne Gesellschaften entwickelt haben, um Wissen und Ideen zu verbreiten und ihre Überzeugungen und Meinungen wirken wie ein Sieb, durch das alle neuen Vorstellungen hindurchmüssen.

Tiefer!

Dies beschreibt exakt eine religiöse Mission, in der die Kardinäle, Priester, Prediger und Laien ihre feste Aufgabe haben. “Intellektuelle” sind hier das Gegenteil geistig beweglicher Zweifler, sondern eben Verkünder und Missionare. Dementsprechend wird jede Form von “Demokratie”, die sich erdreistet, in Märkte einzugreifen, ernsthaft als “totalitär” bezeichnet. Diese Strategie der Projektion eint Nazis, Trolle und eben Neoliberale.

Während dem “Markt” totale Herrschaft gesichert wird, werden schon Zweifel daran als “totalitäres” Gedankengut diffamiert; die Verhältnisse in der Propaganda auf den Kopf gestellt. Exakt so sehen Rechtsradikale, vor allem AfD-nahe, überall Faschisten, nur nicht in den eigenen Reihen. Sie selbst betrachten sich gern obszön als “Juden”, als gnadenlos verfolgte, ein Motiv, dass wir u.a. von Boris Johnson auch in Bezug auf die Superreichen oder von Hans-Werner Sinn über Manager kennen.

Demokratie ist totalitär

Es ist nun typisch für die BRD, ihre Geschichte und ihre politische Kaste, dass sie die radikalsten antidemokratischen Kräfte, sofern sie die Eliten stellen, als ‘demokratisch’ verkaufen müssen. Das gilt für die brutalsten Wirkungen des Kapitalismus, seine neoliberale Variante ebenso wie für den Nationalsozialismus. Der Kernwiderspruch des deutschen Narrativs besteht darin, ein autoritäres Regime und dessen Funktionsträger eben als Demokratie zu etikettieren.

So ist es erstens nicht verwunderlich, dass eine Kanzlerin, zu der es strategisch seit 2005 keine Alternative gibt, kein Problem damit hat, eine Chimäre wie “marktkonforme Demokratie” zu ihrer Aufgabe zu erklären. Ebenso wenig überrascht es, dass als vermeintliche ‘Alternative’ ein Konstrukt auftrumpft, das beide autoritär-religiösen Politikströmungen vereint; nämlich die Anbeter des Marktes und die von Volk und Nation. Der mythische Kampf der Mächte bietet obendrein schaurige Untergangsvisionen. Auch im globalen Wettberwerb® gibt es nur Endsieg oder totale Niederlage.