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Wie verflochten die Probleme sind in einer Welt, in der aus Geld ständig mehr Geld gemacht werden muss, zeigt sich sehr deutlich an der Entwicklung im journalistischen bzw. publizistischen Bereich. Besonders der Umgang mit dem Publikum, Diskussion und Debatte, offenbaren die Entwicklung einer Spirale, auf der sich die Qualität des Journalismus Richtung Nirwana bewegt.

Wir haben durch das Internet einen immensen wirtschaftlichen Druck auf die Verlage, schon allein weil es nicht mehr nötig ist, Zeitungen aus Papier zu lesen. Der Einbruch bei den Einnahmen von Abonnenten und Anzeigenkunden kann nicht aufgefangen werden. In der Folge werden Journalisten entlassen oder – schlimmer noch für die Qualität – so schlecht bezahlt, dass sie sich den Luxus von Recherche und Gründlichkeit nicht mehr leisten können. Zudem sitzt allen die Angst im Nacken, den Job zu verlieren. Das fördert nicht gerade den Mut zur Kritik.

Nachtbereitschaft?

Eine der Errungenschaften des Internets ist die Möglichkeit für Publizisten, mit ihren Lesern in Kontakt zu treten. Das ist die Domäne der Blogger, die aus Leidenschaft schreiben und ihrer Leserschaft für die Diskussion als Autoren zur Verfügung stehen. Eine solche Möglichkeit haben die Verlage nicht. Alles, was sie bislang in dieser Richtung getan haben, ist nicht zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen, so dass sie zunehmend lieber auf die Diskussion verzichten.

Wie auch immer dies ein Armutszeugnis für die betreffenden Redaktionen ist, so steht dahinter aber auch ein Problem, das unter den gegebenen Umständen nicht lösbar ist: Man kann nämlich niemanden bezahlen für die Arbeit, die Blogger ganz selbstverständlich leisten. Die Zeitspanne, in der Blogger ihre Blogs betreuen, wäre schon als Bereitschaftsdienst unfinanzierbar. Der Aufwand, den die Diskussion bedeutet, kann nicht zur Arbeitszeit werden.

Andererseits kann es auch nicht hingenommen werden, dass Journalisten sich bereit erklären, 24/7 für ihre Verlage im Einsatz zu sein. Schon die Betreuung von Diskussionen als Job im Job würde entweder die Kassen sprengen oder bedeuten, dass solche Autoren für einen sittenwidrigen Stundenlohn arbeiten. Dieser würde wiederum Druck auf die Gehälter des ganzen Standes bewirken. Im Kapitalismus vulgo Marktwirtschaft® ist ein wirklich interaktiver Journalismus nicht organisierbar.

Kapitalismus ohne Markt®

Blogger können also von ihrer Arbeit niemals leben, wenn sie denn ernsthaft welche sind und sich der Diskussion stellen. Das geht nämlich nicht ein bis zwei Stunden täglich, sondern es erfordert eine Dauerpräsenz, auch wenn man nur sporadisch die Diskussion aufruft. Gerade wenn eine solche aber lebhaft läuft, kann man nicht Feierabend machen, schon gar nicht regelmäßig. Modelle, die das Beste beider Welten versucht haben – in der Regel durch roboterhafte Moderation, freie Fahrt für freie Trolle oder Praktikanten im Tageseinsatz, sind kläglich gescheitert.

Hier ist eine weitere Tätigkeit, für die Bedarf besteht, die aber eben nicht verwertbar ist und ihren Akteuren daher nicht das Brot zum Essen einbringt. Wir haben hier eigentlich alles, was Markt® angeblich ausmacht: Angebot, Nachfrage und Produktion. Aber alles, was die Produzierenden in diesem System einfahren, sind Almosen oder Einnahmen aus Werbung, die wiederum alles konterkariert, wofür diese Form des Publizierens steht – und obendrein auch kaum etwas einbringt.

p.s.: Für die Unterstützung meiner Arbeit möchte ich mich bei dieser Gelegenheit wieder einmal herzlich bei allen großzügigen Spender/innen bedanken.